Kaiserslautern/Essen. Der viermalige Meister FC Kaiserslautern will sich mit einer Planinsolvenz retten. “Betze-Gesicht“ Matthias Gehring im Interview über die Lage.
Viermal Deutscher Meister, zweimal DFB-Pokalsieger -- der 1. FC Kaiserslautern hat deutsche Fußball-Geschichte geschrieben. Seit einigen Jahren allerdings ist der Verein in Schieflage, stürzte sportlich in die Dritte Liga ab. Finanziell türmten sich die Schulden auf. Das hat jetzt Konsequenzen: Der traditionsreiche Verein hat einen Insolvenzantrag gestellt, wie er am Montag mitteilte. Nach Informationen des SWR beträgt der Schuldenstand mittlerweile 24 Millionen Euro. Mit einer sogenannten "Planinsolvenz" will er sich retten: In Eigenverwaltung soll der Verein saniert werden. Wir sprachen mit "Betze-Gesicht" Matthias Gehring (57), seit 1974 Anhänger des FCK. Der 57-jährige Vorsitzende des schwul-lesbischen Fanclubs Queer Devils trägt bei jedem Spiel das Logo des 1. FC Kaiserslautern im Gesicht.
Herr Gehring, der 1. FC Kaiserslautern meldet Insolvenz an. Hat Sie dieser Schritt überrascht?
Matthias Gehring: Das hat mich nur wenig überrascht. Wer die finanziellen Entwicklungen rund um den Verein und die Bemühungen der handelnden Personen in den letzten Monaten verfolgt hat, wusste, dass die Insolvenz in Eigenverwaltung nach dem wirtschaftlichen Niedergang der vergangenen Jahre eine Option sein kann. Um die zu umgehen, hätten sich die großen Gläubiger in Bewegung setzen müssen. Nun ist es eben so weit, dass die ultima ratio zum Tragen kommt.
Der FCK steckt seit Jahren in der Krise. Wie sehr bewegt Sie die Insolvenz?
Gehring: Sehr! Auch wenn sich die angestrebte Planinsolvenz erfolgreich gestalten sollte, bleibt das grundsätzliche Problem doch auf dem Tisch: Es fehlt an Geld. Der FCK braucht Geldgeber, um zu überleben. Außerdem wird dieser Schnitt als Makel bleiben. Der Abstieg im Jahre 1996 aus der Bundesliga war sehr schmerzhaft und ist heute noch unvergessen. Allerdings: Danach ist der FCK wieder aufgestiegen und ein Jahr später Deutscher Meister geworden, was vorher und bis heute noch kein anderer Verein geschafft hat. So gesehen fasse ich trotz allem Mut: Eine Planinsolvenz ist ein Absturz, ein Makel, ein radikaler und schmerzhafter Schnitt, aber auch eine Chance, erneut wie ein Phönix aus der Asche zu steigen.
Die Insolvenz könnte auch die Fans finanziell treffen. Sie haben durch Crowdfindung drei Millionen Euro bereitgestellt. Wie ist die Stimmung im Fanlager?
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Gehring: Da es dabei um vermutlich tausende und mehr Köpfe und Herzen geht, kann ich nicht für alle sprechen. Es ist sicherlich ein Mix aus Wut und Trauer. Aber Sie spüren auch, dass der Verein versucht, die Möglichkeiten auszuschöpfen und nicht blind in die Insolvenz rennt. Es wurde in den vergangenen Tagen und Wochen Vorarbeit geleistet, es wurden neue Geldgeber gesucht und es stehen wohl auch einige bereit, um nach einem Schuldenschnitt investieren zu wollen. Der Großteil der Fans würde den Verein ganz sicher weiter unterstützen und notfalls das letzte Hemd geben, um ihm aus der Krise zu helfen.
Sportlich lief es am Wochenende besser. Gegen Chemnitz feierte der FCK einen 2:0 Sieg. Der Abstand zu den Abstiegsrängen beträgt sieben Punkte. Machen Sie sich noch Sorgen um den Klassenerhalt?
Gehring: Aktuell gibt es in der Dritten Liga keine dominante Gruppe. Gefühlt kann jeder jeden in der Corona-Krise schlagen und alles scheint möglich – nach unten wie nach oben. Ich wäre deshalb schon zufrieden, wenn wir einen soliden Endspurt hinlegen und am Ende im Mittelfeld stehen. Das würde mir in dieser verrückten Saison völlig reichen.“