Essen. Ex-FL-Geschäftsführer Andreas Rettig fordert, dass der Liga-Betrieb Priorität gegenüber der EM haben müsse - es gehe um die Existenz der Klubs.

Der ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig hält eine Verlegung der Fußball-Europameisterschaft (12. Juni bis 12. Juli) aufgrund der Coronakrise für „zwingend“. Dies erklärte der 56-Jährige am Samstagabend im Aktuellen Sportstudio des ZDF und erläuterte: „Es kann keine EM gespielt werden. Das wäre für mich unverständlich. Die EM muss gekippt werden, verschoben werden, was auch immer“.

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Der langjährige Bundesliga-Manager (u.a. 1. FC Köln, FC Augsburg) begründete dies damit, dass für ihn ein planmäßiger Abschluss der 1. und 2. Bundesliga bis zum 16./17. Mai „illusorisch“ sei. Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Virus Sars-Cov-2 steige weiter, eine Ligaunterbrechung bis zum 2. April werde kaum ausreichen.

Rettig: Ligabetrieb müsse Priorität gegenüber EM haben

Rettig, der bei der Deutschen Fußball-Liga von 2013 bis 2015 tätig war, zeigte allerdings Verständnis für das Bestreben von Ligaverband und Vereinen, die Saison regulär zu Ende zu spielen: „Die TV-Gelder werden in vier Tranchen gezahlt, die letzte davon im Mai. Die Vereine haben da einen Liquiditätsengpass im April. Das wird eine Nagelprobe.“

Der Ligabetrieb sei das „Brot- und Buttergeschäft“ und müsse Priorität gegenüber der Europameisterschaft genießen, erklärte Rettig weiter: „Wir können nicht die Existenzgrundlage oder das Schwungrad des Fußballs riskieren, nur weil wir einen nachgelagerten Wettbewerb spielen wollen.“

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Generell müsse sich der Fußball „mit seinem Wachstumspotenzial und seinen Möglichkeiten“ selbst aus dieser Krise befreien, sagte Rettig. Staatliche Hilfen solle man „denen überlassen, die es notwendiger haben.“

Ex-DFL-Präsident Holzhäuser sieht keine existenzbedrohende Krise

Der langjährige Geschäftsführer von Bayer Leverkusen und frühere DFL-Präsident Wolfgang Holzhäuser sieht im Aussetzen des Spielbetriebs keine existenzbedrohende Krise für den deutschen Fußball. „Die Liga hat ein Problem, das beherrschbar erscheint. Die Kirch-Krise war dagegen existenzbedrohender. Rechteinhaber wie Sky oder auch Sponsoren sollten darauf vertrauen, dass die ausgefallenen Spiele noch nachgeholt werden“, sagte der 70-Jährige der Düsseldorfer Rheinischen Post.

In der sogenannten Kirch-Krise von 2002 erlebten die deutschen Profiklubs Einnahmeausfälle in dreistelliger Millionenhöhe aus der damaligen TV-Vermarktung. Den aktuellen wirtschaftlichen Verlust für die Profivereine durch fehlende Zuschauereinnahmen schätzt Holzhäuser als überschaubar ein. „Der monetäre Schaden dürfte sich in der Bundesliga in Grenzen halten, zumal die Erträge aus den Eintrittskarten in der Bundesliga nur 13 Prozent des Gesamtertrages ausmachen. In der 2. Bundesliga ist es ähnlich. Dort beträgt der Anteil ca. 16 Prozent“, sagte er.

Montag tagt die DFL, Dienstag die Uefa

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Am Montag beraten Vertreter der 36 Profiklubs bei einer außerordentlichen DFL-Mitgliederversammlung in Frankfurt/Main darüber, den Spielbetrieb bis einschließlich 2. April auszusetzen. Diese Empfehlung hatte die DFL am Freitag ausgesprochen. Auch die mittelfristige Perspektive soll thematisiert werden.

Am Dienstag bittet die Europäische Fußball-Union (Uefa) zu einer Krisensitzung mit allen 55 Mitgliedsverbänden, den Vorständen der Europäischen Klubvereinigung ECA und der Vereinigung der europäischen Ligen sowie der Spielergewerkschaft FIFPro. Dabei soll unter anderem über die Europameisterschaft und den Fortgang der Champions League und Europa League gesprochen werden. (fs/sid)