Essen. Lennart Czyborra nutzte die Eredivisie als Sprungbrett. Trainer Peter Hyballa erklärt, warum der Umweg über die Niederlande beliebt ist.
Lennart Czyborra verabschiedete sich auf einer kleinen Bühne aus Deutschland. Am 5. Mai 2018 absolvierte der Fußballer sein letztes Pflichtspiel für Schalke 04. A-Jugend-Bundesliga. Auswärtsspiel bei Arminia Bielefeld. Vor 220 Zuschauern im Büllhoff-Stadion.
Danach wechselte Czyborra in den Seniorenbereich. Im Schalker Profikader war allerdings kein Platz für den Linksverteidiger. Czyborra wechselte deshalb in die Niederlande – zu Heracles Almelo. Künftig kann sich der 20-Jährige auf einer großen Bühne präsentieren. In der Vorwoche unterschrieb Czyborra beim italienischen Klub Atalanta Bergamo einen Viereinhalbjahresvertrag. Er kann sich jetzt bei einem Team beweisen, das im Achtelfinale der Champions League steht.
„Für junge Profis ist die Eredivisie enorm sexy"
„So ein Karriereweg ist nicht ungewöhnlich“, sagt Peter Hyballa dieser Redaktion. „Wenn du in den Niederlanden gut spielst, hat Europa dich sofort im Blick.“ Der 44-Jährige weiß, wovon er spricht. Er war Jugendtrainer in Deutschland, förderte Ausnahmespieler wie Mario Götze bei Borussia Dortmund und Kai Havertz bei Bayer Leverkusen. Hyballa arbeitete aber auch mit Talenten zusammen, die es nicht auf Anhieb in die Bundesliga schafften und sich fortan in den Niederlanden weiterbildeten. Und er stammt aus Bocholt, das an der niederländischen Grenze liegt. „Für junge Profis ist die Eredivisie enorm sexy. Sie spielen in einer ersten Liga, die eine große Anziehungskraft besitzt“, betont Hyballa, der in der Saison 2016/2017 den niederländischen Erstligisten NEC Nimwegen trainierte.
Er hat es erlebt, dass bei Ligaspielen mehr als 30 Scouts auf der Tribüne saßen. „Die Leute wissen auch, dass sie in den Niederlanden gut ausgebildete Profis zu einem guten Preis bekommen können“, sagt Hyballa.
Gosens bewirbt sich für Schalke
Er muss in diesem Zusammenhang an Robin Gosens denken. Der heute 25-Jährige fiel als Jugendspieler im Probetraining bei Borussia Dortmund durch. Dann kam ein Angebot von Vitesse Arnheim. Wie nun Czyborra landete Gosens über die Zwischenstation Almelo in Bergamo. Der gebürtige Emmericher ist dort Stammspieler im linken Mittelfeld, hat bereits sieben Saisontore erzielt. Seine Leistungen in der Serie A und Champions League könnten ein Bewerbungsschreiben für seinen Lieblingsklub sein – Schalke 04.
„Für ihn war es ein Glücksfall, sich in den Niederlanden zu entwickeln“, sagt Hyballa. Gosens sammelte Spielpraxis und lernte, mit Drucksituation umzugehen. Er durfte auswärts bei Ajax Amsterdam oder Feyenoord Rotterdam ran. „Da kommen auch fünfzigtausend Zuschauer zu den Heimspielen. Und aus solchen Partien nimmst du unheimlich viel mit“, erklärt Hyballa.
Pavlidis gehört zu den Aufsteigern der Saison
Der Trainer, der vor drei Wochen beim slowakischen Klub Dunajska Streda gehen musste, verfolgt die Eredivisie intensiv. Er sah auch, wie Vangelis Pavlidis den Durchbruch schaffte. Beim VfL Bochum war der Angreifer Ergänzungsspieler, bei Borussia Dortmund nur im Regionalliga-Kader. Nun spielt Pavlidis für Willem II Tilburg und gehört zu den Aufsteigern der Saison. Zehn Saisontore hat der 21-Jährige bereits erzielt. Der Grieche empfiehlt sich für die europäischen Topligen.
In den Aufstellungen der Eredivisie tauchen weitere Namen auf, die in Deutschland nur die Insider kannten. Orestis Kiomourtzoglou stand in der Vorsaison noch bei der Spielvereinigung Unterhaching unter Vertrag. Oft kam er in der Dritten Liga von der Bank. Nun ist er Stammspieler in Almelo. Kiomourtzoglou hat es in den Kader der deutschen U21-Nationalmannschaft geschafft.
Die Scouts des Deutschen Fußball-Bundes fahren vermehrt über die Grenze. „Wir haben viele Jungs in den Niederlanden, die dort Spielpraxis sammeln“, erklärte Meikel Schönweitz, Cheftrainer der U-Nationalmannschaften, dieser Redaktion. Dass die Eredivisie eine Zwischenstation auf dem Weg nach oben sein kann, beweist nun Lennart Czyborra.