Mönchengladbach. Deutsche Mannschaft qualifiziert sich mit Sieg über Weißrussland für die EM und geht als Gruppenerster ins Spiel gegen Nordirland.
Vielleicht war es Matthias Ginter ja nur ein wenig langweilig geworden auf seiner angestammten Position in der Innenverteidigung. Vielleicht hatte er auch nur genug davon, dass die Offensivleute vorne Chance um Chance vergaben. Jedenfalls wagte sich der 25-Jährige nach 42 Spielminuten sehr weit nach vorne, in den gegnerischen Strafraum, in den gegnerischen Fünfmeterraum sogar – wo er eine Hereingabe von Serge Gnabry technisch durchaus anspruchsvoll mit der Hacke ins Tor streichelte.
Und weil Ginter auch bei den nächsten beiden Treffern die Füße entscheidend im Spiel hatte, war er einer der Garanten für den ungefährdeten 4:0 (1:0)-Sieg vor 33.164 Zuschauern im Gladbacher Borussia-Park. Und weil gleichzeitig Nordirland nur 0:0 gegen die Niederlande spielte, bedeutete der Sieg auch die Qualifikation für die EM 2020.
Zufriedener Bundestrainer
„Es war unser großes Ziel, heute schon die Qualifikation klar zu machen“, sagte Ginter nach dem Spiel bei RTL. „Super, dass es hier in Mönchengladbach mit meinem ersten Länderspieltor geklappt hat.“
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Bundestrainer Joachim Löw hatte konsequentes Spiel nach vorne und aggressives Gegenpressing gefordert – und seine Mannschaft setzte dies von Beginn an um, schnürte die Gäste an deren Strafraum ein und reihte Torschuss an Torschuss. Entsprechend zufrieden war der Bundestrainer später. Löw: „Umbruch, junge Mannschaft, viele junge Spieler auf dem Platz, das haben sie gut gelöst.“
Leon Goretzka hätte schon früh die Führung besorgen können, nach Ginters Flanke aber köpfte er über das Tor (4.). Wenig später brach Lukas Klostermann rechts durch und legte quer, Ilkay Gündogans Schuss wurde jedoch geblockt (7.). Die Weißrussen kamen kaum einmal aus der eigenen Hälfte heraus – und doch mussten die deutschen Abwehrspieler hellwach sein. Nach einem Fehler von Robin Koch lief Yuri Kovalev allein aufs deutsche Tor zu, wurde aber wegen einer Abseitsposition zurückgepfiffen (9.).
Weißrussland verrammelt seinen Strafraum
Ansonsten zog sich der Außenseiter weit zurück, verrammelte den Strafraum mit allen zehn Feldspielern – was es den Deutschen nicht leicht machte, eine Lücke zu finden. Meist probierten sie es deswegen mit Fernschüssen: Ginters Versuch lenkte Torhüter Aleksandr Gutor zur Ecke, im Anschluss schoss Klostermann aus 20 Metern drüber (15.). Auch Toni Kroos scheiterte erst von der Strafraumgrenze an Gutor (18.) und verpasste das Tor danach nur knapp (20.). Timo Werners Versuch wurde zur Ecke geblockt (23.), Gnabry traf nur das Außennetz (24.). Das hohe Tempo der Anfangsphase und die dichte Taktung an Torschüssen aber konnten die Hausherren nicht durchhalten. Es dauerte bis zur 38. Minute, ehe es wieder gefährlich wurde: Kroos‘ Freistoß aus 25 Metern war jedoch zu schwach getreten, um Gutor in Gefahr zu bringen.
Neuer pariert exzellent
Dann hieß es Durchatmen auf deutscher Seite: Nach einem Fehlpass von Kroos setzte Igor Stasewitsch aus 20 Metern zum Schlenzer an – doch Manuel Neuer flog und hielt sehenswert (40.). Fast im Gegenzug fiel die erlösende Führung: Gnabry setzte sich rechts durch und gab scharf nach innen, wo der aufgerückte Innenverteidiger Ginter den Ball mit der Hacke ins Tor lenkte (42.) – allerdings hatte der Gladbacher knapp im Abseits gestanden. „Gegen so einen Gegner ist es bis zum ersten Treffer immer ein bisschen schwierig“, gestand Kroos später. „Danach lief es dann flüssiger.“
Auch die zweite Halbzeit begann die deutsche Mannschaft druckvoll – war aber gleich deutlich erfolgreicher: Kroos spielte einen Eckball flach in den Strafraum, Ginter ließ passieren und Goretzka schoss flach zum 2:0 ein (49). Und auch bis zum nächsten Treffer sollte es nicht lange dauern: Ginter eroberte den Ball tief in der generischen Hälfte und bediente Kroos, der von der Strafraumgrenze präzise einschoss (55.). Allerdings hätte wohl auch dieser Treffer mit Videoschiedsrichter keinen Bestand gehabt – denn Werner stand im Sichtfeld des Torhüters im Abseits.
Mit der sicheren Führung im Rücken ließ es die deutsche Elf ruhiger angehen, überließ dem Gegner mehr Raum und mehr vom Ball. So kam Stasewitsch in guter Position zum Schuss, setzte diesen aber knapp am Tor vorbei (59.). Stanislav Dragun köpfte erstaunlich frei, aber daneben (69.). Es war arg luftig, wie die deutsche Mannschaft nun verteidigte – und dafür hätte sie fast die Quittung kassiert. Koch verlor den Ball und brachte Nechaytschik im Strafraum zu Fall. Elfmeter! Doch Neuer parierte Stasewitschs Schuss (75.).
Am Dienstag gegen Nordirland
Stattdessen fiel auch das letzte Tor des Abends auf der Gegenseite: Kroos ließ mit feiner Ballannahme und Finte zwei weißrussische Gegenspieler ins Leere laufen und schob den Ball aus kurzer Distanz sicher ein (83.). Die deutsche Nationalmannschaft steht damit wieder auf Platz eins der Gruppe C – und diesen gilt es am Dienstagabend gegen Nordirland (20.45 Uhr/RTL) zu verteidigen. Kroos richtete den Blick schon weiter nach vorne: „Aktuell zähle ich uns nicht zu den Favoriten für die EM. Wichtig ist, dass wir uns in den beiden Länderspielen im März als Mannschaft einspielen.“