Paderborn. Schon als Junge hat Michael Ratajczak davon geträumt, in der Fußball-Bundesliga aufzulaufen. Jetzt ist er in Paderborn so nah dran wie noch nie.
Erst Wandern in der idyllischen Bergwelt Österreichs, jetzt eine Reise quer durch die malerische Toskana Richtung Florenz und später ans Mittelmeer: Michael Ratajczak lernt gerade auf seiner Tour mit dem Wohnmobil viele neue Orte kennen. Der Torwart-Routinier des Neu-Bundesligisten SC Paderborn genießt die Erholung nach dem Überraschungs-Aufstieg mit den Ostwestfalen. Przondziono wird Nachfolger von Manager Krösche in PaderbornÜberraschungs-Aufstieg mit den Ostwestfalen. Przondziono wird Nachfolger von Manager Krösche in Paderborn
Bald kommt für Ratajczak wieder etwas Neues: Auch die Bundesliga kennt er noch nicht. „Mir fehlt in meiner Karriere dieses eine Spiel. Das war mir bisher noch nicht vergönnt. Von mir aus dürfen es auch gerne ein paar Begegnungen mehr sein“, sagt der 37-Jährige. Und erinnert sich an das, was ihm seit fast drei Jahrzehnten im Kopf herumspukt.
Ratajczak hat in Herten-Langenbochum mit dem Fußballspielen angefangen. „Wir haben uns samstags mit ein paar Jungs auf dem Bolzplatz getroffen und dabei die Fußball-Reportagen auf WDR 2 gehört“, erzählt er. „Da habe ich mir gesagt: In die Bundesliga möchtest du auch mal.“ Mit Fortuna Düsseldorf stieg Ratajczak zwar 2012 nach einem dramatischen Relegationsspiel gegen Hertha BSC in die Bel Etage auf, doch anschließend war Schluss für ihn: Düsseldorf holte Fabian Giefer als Torwart. Ratajczaks Vertrag wurde nicht verlängert.
Beim BVB war er Lehmann-Vertreter
Als junger Schlussmann hatte er schon in den Spielzeiten 2002 und 2003 bei Borussia Dortmund bei Bundesliga- und Pokalspielen als Ersatzmann für Jens Lehmann sowie Roman Weidenfeller auf der Bank gesessen. „Da war ich zumindest schon mal nah dran und habe in den rund 30 Spielen, in denen ich als Ersatzkeeper dabei war, die ganze Atmosphäre mitbekommen“, sagt Ratajczak. Aber seine Gier, endlich selbst in einem Bundesligaspiel in der Verantwortung zu stehen, ist noch immer nicht gestillt: „Mein Weg ist noch nicht zu Ende. Paderborn hat mit mir jetzt für ein weiteres Jahr verlängert. Es muss aber immer noch nicht meine letzte Saison im Profibereich sein.“
Der ehemalige Duisburger hat sich fest vorgenommen, „bis zu meinem 40. Lebensjahr zu spielen“. Ratajczak fühlt sich topfit, die Knochen halten. „Eine Rekordmarke als ältester Bundesliga-Profi werde ich in der neuen Saison nicht aufstellen. Werders Claudio Pizarro ist drei Jahre älter als ich und spielt noch weiter“, sagt Ratajczak schmunzelnd.
Der SC Paderborn hat dem Schlussmann angeboten, in der kommenden Saison schon einmal in den Bereich des Torwart-Trainers hinein zu schnuppern. „Für mich ist es eine gute Situation. Ich schaue mir das an, kann etwas Erfahrung sammeln, aber ich bin frei in meiner Entscheidung. Nach einem Jahr bewerten wir die Sache neu“, so Michael Ratajczak. Weil noch nicht feststeht, ob Paderbons Stammtorwart Leopold Zingerle nach seiner Schultereckgelenks-Sprengung rechtzeitig fit wird, darf sich Ratajczak durchaus Hoffnungen auf das eine oder andere Bundesligaspiel machen.
„Eine ganze Stadt ist in Euphorie“
Dass es für die Ostwestfalen keinen monatelangen Husarenritt wie zuletzt in der Zweiten Liga mehr geben wird, ist Ratajczak bewusst. „Wir sind der ganz, ganz große Außenseiter. Jeder rechnet doch damit, dass wir als erster Absteiger schon feststehen. Wir haben den kleinsten Etat aller 18 Bundesligisten. Aber im letzten Jahr hat uns auch niemand zugetraut, dass wir in der Zweiten Liga vorne mitmischen würden. Bei uns funktioniert vieles über den Zusammenhalt und die große Unbekümmertheit. Das sind große Plusfaktoren“, bilanziert Ratajczak.
Ratajczak feierte schon sieben Aufstiege
Michael Ratajczak hat sich in seiner Torwart-Karriere den Titel Aufstiegs-Experte erarbeitet. Mit der Zweitvertretung von Borussia Dortmund (Regionalliga) und mit der Reserve von Fortuna Düsseldorf (NRW-Liga) gelangen ihm erste Erfolge.
In Düsseldorf erlebte er der Doppel-Aufstieg (2. Liga, Bundesliga) mit den Profis. Auch beim MSV Duisburg glückte ihm der Sprung in Liga zwei. Bei seinem aktuellen Verein Paderborn feierte Ratajczak den Durchmarsch von der 3. Liga bis in die Bundesliga.
Ab und zu kneift er sich sogar mal. „Es ist gar nicht lange her, da bin ich mit Paderborn sportlich aus der Dritten Liga abgestiegen. Wir sind nur drin geblieben, weil 1860 München keine Lizenz bekommen hat. Paderborn war damals tot, es kamen nur 3000 Zuschauer zu den Heimspielen. Und jetzt haben wir eine ganze Stadt in Euphorie versetzt und sind in der Bundesliga.“
Ratajczak will seinen Teil dazu beitragen, damit das Abenteuer Bundesliga so lange wie möglich andauert. Denn nur das eine große Spiel, das ihm in seiner Vita fehlt, wird dem ehrgeizigen Torwart nicht reichen...