Frankfurt. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist (wieder einmal) schwer angezählt. Es scheint fraglich, ob er sich diesmal im Amt halten kann.

Hochoffiziell will sich die Chefetage des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nicht mit dem "Fall Reinhard Grindel" befassen. Doch obwohl der DFB-Boss laut seines ersten Stellvertreters Rainer Koch keine außerordentliche Präsidiumssitzung fürchten muss, ist Grindel längst nicht aus dem Schneider. Schließlich gibt es Telefon, Skype und WhatsApp. Nach wie vor halten sich die Gerüchte, wonach der 57-Jährige zum Verzicht auf eine erneute Kandidatur beim DFB-Bundestag im September bewegt werden soll.

Offenbar ist einigen Verbands-Funktionären die Liste der Verfehlungen ihres Präsidenten mittlerweile einfach zu lang. Die Zahlungen an Grindel, über die das Nachrichtenmagazin Der Spiegel am Freitag berichtet hatte, könnten das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht haben. Es geht um insgesamt 78.000 Euro, die der gebürtige Hamburger als Aufsichtsratsvorsitzender der DFB-Medien GmbH zwischen Juli 2016 und Juli 2017 erhalten hat.

Offizielle Kommentare zu dem Thema gibt es nicht. Weder Koch noch Grindel selbst wollen sich äußern. Insofern bleibt offen, in welcher Form sich der DFB mit den Vorwürfen beschäftigen wird. Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) könnte es eine "informelle Zusammenkunft" wichtiger Präsidiums-Mitglieder geben.

Lahm als Nachfolger im Gespräch

Sogar über mögliche Nachfolger Grindels, der den DFB seit drei Jahren anführt, wird bereits spekuliert. Die Namen Philipp Lahm und Oliver Bierhoff werden genannt, auch Generalsekretär Friedrich Curtius wird gehandelt. Selbst über eine Rückkehr von Grindels Vorgänger Wolfgang Niersbach gibt es Gerüchte - die dieser allerdings nicht kommentieren möchte.

Im aktuellen Fall kann von verschleierten Überweisungen zwar kaum die Rede sein, weil Grindel den Vorsitz wie Niersbach legal und auch erst Wochen nach seiner Wahl zum DFB-Chef übernahm. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) zitiert dazu dennoch einen nicht namentlich genannten "Spitzenfunktionär": "Wir wussten nicht, dass er die Zahlungen einfach übernimmt."

Ohnehin geht es vielmehr um die moralische Dimension des hohen Zusatzverdienstes. Schließlich hatte sich Grindel stets Transparenz und Offenheit auf die Fahne geschrieben. Bei der Europäischen Fußball-Union (UEFA) steht der DFB-Boss sogar an der Spitze der Compliance-Kommission.

Grindels Image zu beschädigt

Dass es innerhalb des DFB eine Opposition gibt, steht außer Frage. Zu beschädigt ist das Image Grindels, der für seine internationalen Ämter bei UEFA und dem Weltverband FIFA knapp eine halbe Million Euro erhält. Spätestens seit seinem Schlinger-Kurs rund um den Rücktritt von Nationalspieler Mesut Özil ist der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete, der von vielen Experten nach dem raschen Abgang Niersbachs in der Folge des Sommermärchen-Skandals ohnehin nur als Notlösung gesehen wurde, fraglos angeschlagen.

Ein mögliches Szenario für eine Neuausrichtung an der DFB-Spitze könnte eine Ämtertrennung sein, mit der beide Seiten halbwegs das Gesicht wahren würden: Grindel gibt den DFB-Chefposten ab, vertritt den deutschen Fußball aber mit dem Wohlwollen des Verbandes weiter bei der FIFA und der UEFA. (sid)