Dortmund. Ronald Feisel berät Sportler als Kommunikationstrainer und coachte auch Mario Götze. Fußballprofis empfiehlt er, offen und authentisch zu sein.

Jeder Sportler fragt sich: Wie verhalte ich mich gegenüber den Medien richtig? Ronald Feisel kennt beide Seiten. Der WDR-Redakteur arbeitete als Kommunikationstrainer bereits mit Fußballstar Mario Götze und Ex-Biathletin Kati Wilhelm zusammen. Im Leistungssport war er als Trainer und Funktionär aktiv. Ein Interview mit dem 60-Jährigen.

Was würden Sie Sportlern generell raten, um besser im TV rüberzukommen?

Ronald Feisel: Bei einigen Profis würde ich mir mehr Humor, Lockerheit und eine gesunde Distanz wünschen. Da hilft der Blick zu anderen Sportarten. Der Biathlet Erik Lesser oder der Handballer Uwe Gensheimer bringen oft einen lockeren Spruch und die Leistung ist trotzdem top.

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Vielen Fußballern fällt in Interviews nur der Satz „Wir schauen von Spiel zu Spiel“ ein.

Feisel: Zunächst mal muss man den Sportler respektieren, der das sagt. Einige denken wirklich so. Aber es ist nicht immer glaubwürdig, zum Beispiel wenn der BVB mit neun Punkten Vorsprung die Tabelle anführt und die Devise ausgibt: „Wir sprechen nicht von der Meisterschaft!“

Dortmunds Trainer Lucien Favre stapelt gerne tief und gibt wenig preis. Sollten aber Trainer nicht auch ein Stück weit Entertainer sein?

Feisel: Das hängt immer von der einzelnen Person und Persönlichkeit ab. Es gibt Trainer, die gerne tiefstapeln. Andere wollen ihre Spieler eher kitzeln. Lucien Favre wirkt sehr sympathisch, gibt aber wenig konkreten Informationen. Der ein oder andere Journalist kocht dann schnell harmlose Dinge hoch.

Sie denken an den Friseurbesuch in London vor der 0:3-Niederlage im Champions League-Spiel bei den Tottenham Hotspurs?

Feisel: Ja, zum Beispiel. Der Besuch des Friseurs war ja vom Verein nach meinen Informationen genehmigt. Hätte der BVB gewonnen, wäre es kein Thema gewesen.

Favres Trainerkollege Joachim Löw wurde vor allem für die Art und Weise kritisiert, mit der er das Nationalelf-Aus von Mats Hummels, Thomas Müller und Jerome Boateng kommunizierte. Was hätte der Bundestrainer anders machen können?

Feisel: Die Art und Weise war nicht gut, denn zwischen der Information der Spieler und der öffentlichen Bekanntgabe lag kaum Zeit. Alternativ hätte man zum Beispiel eine gemeinsame Pressekonferenz im Vorfeld eines Länderspiels zusammen mit den Spielern abhalten können – wenn sie zugestimmt hätten.

Alle drei Profis äußerten über die sozialen Netzwerke ihre Enttäuschung. Hätten Sie als Berater diesen Weg empfohlen?

Feisel: In allen Fällen empfand ich es als positiv, dass es keine Kurzschlussreaktionen gab. Auch den Weg über die sozialen Medien fand ich völlig in Ordnung. Generell könnten Fußballklubs von anderen Sportarten lernen, dass es auch mündige Athleten gibt, die sich offen und ehrlich äußern. Leider sehen das die Vereine nicht immer so gerne.

Zur Person

Ronald Feisel lebt in Dortmund und Berlin. Er ist Leiter der WDR-Redaktion „Stichtag/ ZeitZeichen“. Als Kommunikationscoach berät er nebenberuflich Sportler und Journalisten. So ist er Referent in der A-Trainerausbildung des Deutschen Handballbundes und des Deutschen Basketballbundes.

Vor seiner WDR-Festanstellung war Feisel Pressesprecher in der Wasserball- und Eishockeybundesliga. Von 1987 bis 1990 absolvierte Feisel seine Trainerausbildung beim Deutschen Basketballbund und war bis 1992 in der Regionalliga und in der 2. Bundesliga als Trainer tätig.

Bayern-Trainer Niko Kovac reagierte zuletzt sehr verärgert auf die öffentliche Kritik seines Spielers Rafinha. Was würden Sie generell Trainern in so einer Situation raten?

Feisel: Als erstes sollte das Gespräch mit dem Spieler stehen. So oft wie möglich. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Aktiven im Profifussball sich im Vergleich zu anderen Sportarten viel zu wenig austauschen. Da gibt es oft lange Sendepausen. Dann entsteht schnell Frust.

Sie haben in der Vergangenheit neben Trainern unter anderem Mario Götze gecoacht. Woran haben Sie mit ihm gearbeitet?

Feisel: In vielen Fällen ist der Unterschied zwischen der eigenen und der fremden Wahrnehmung eine Motivation, zu mir zu kommen. So war das auch damals bei Mario Götze. Ohne ins Detail zu gehen: Je früher jemand anfängt, desto besser sind die Erfolgschancen. Hinzu kommt, dass Mario sehr intelligent, sehr selbstkritisch und sehr reflektiert ist.

Ganz allgemein: Stellen Sie mit den Athleten konkrete Situationen nach, zum Beispiel Fernsehinterviews?

Feisel: Ich halte nichts davon, Situationen nachzustellen. Vielmehr bestärke ich die Sportler darin, offen und authentisch zu sein. Viele sind sich oft gar nicht darüber bewusst, was in ihnen steckt. Bei Andrea Henkel war das so. Da arbeitete ich mit spielerischen Elementen und Videoaufnahmen. Und wie schon gesagt etwas Gelassenheit tut gut. Ein verlorenes Fußballspiel ist keine Katastrophe. Der Supergau in Fukushima war eine.