Essen. Trotz der Niederlage scheint ein Anfang gemacht. Für Bundestrainer Joachim Löw beginnt die Arbeit jetzt erst richtig. Ein Kommentar.
Man darf jetzt aus dem unglücklichen 1:2 gegen Weltmeister Frankreich keine übereilten Schlüsse für den deutschen Fußball ziehen. So schön die offensive Spielweise in Paris über weite Strecken anmutete: Die WM-Blamage von Russland und die Holland-Pleite von Samstag sind noch längst nicht überwunden. Aber, immerhin: Ein Anfang ist gemacht.
Der Jugendstil mit der Dreierbande Sané-Werner-Gnabry bringt endlich jenes Tempo zurück in den Angriff, das irgendwann zwischen WM-Titel 2014 und Vorrunden-Aus 2018 verloren ging. Nur noch drei Stammspieler aus dem Weltmeister-Kader standen in der Start-Elf. „Endlich!“, möchte man rufen. Kehrer, Süle, Schulz: Der Umbruch bekommt Gesichter.
Um es klar zu sagen: Für Bundestrainer Joachim Löw beginnt die Arbeit jetzt erst richtig. Es haben alle recht behalten, die von ihm eine Abkehr vom Erfolgsrezept der Vergangenheit gefordert und eine Verjüngung der deutschen Nationalmannschaft verlangt haben. Zeitweise spielte die Mannschaft in Frankreich wie vor Jahren die Lahm-Generation, die später Weltmeister wurde.
Noch konkreter: Leroy Sané gehört die Zukunft und nicht Thomas Müller. Er mag Launen haben, Schwankungen, vielleicht sogar Allüren. Aber er bringt Frische und Überraschung in den Spielaufbau. Eine Kreativität, die Deutschland beim WM-Turnier gefehlt hat. Der Bundestrainer sollte sich doppelt ärgern, dass er Sané vor WM-Start aussortiert hatte.
Vielleicht war die jüngste Pleite von Amsterdam hilfreich, damit Löw zu dieser Umstellung gezwungen wurde. Was hätte sich wohl grundlegend geändert, wenn das Ergebnis andersherum gelautet hätte? Von der neuen Generation kann ein Ruck ausgehen. Denn diesem erfrischenden Team, so die Prognose, verzeiht man während der Lernkurve Fehler und Rückschläge.
Was jetzt nicht passieren darf: Dass Löw den Mut verliert und Ende November, wenn es im Holland-Rückspiel um die Platzierung in der Nations League geht, mit den Altgedienten auf Sicherheit agiert. Nein, es darf kein Zurück geben: In den nächsten zwei Jahren muss Löw die Zukunft gestalten und nicht die Vergangenheit verwalten. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.