Barcelona. Sorgte der Franzose, der sich beim BVB wegstreikte, vergangenes Jahr nur Negativschlagzeilen, so ist Dembélé inzwischen Lichtblick der Katalanen.
Natürlich, Lionel Messi bleibt der König in Barcelona. Nach drei wundervollen Treffern beim 4:0 (1:0) zum Champions-League-Auftakt gegen den PSV Eindhoven wurde er sowohl von den gut 70 000 Getreuen im Camp Nou akklamiert als auch anderntags von der lokalen Sportpresse. Dafür reichte diesmal sein bloßer Name in riesigen Lettern. Wobei die Titelseite von „Mundo Deportivo“ vollständig lautete: „Messi, Messi, Messi (und Dembélé).“
Wenn es einer n dieselbe Schlagzeile bringt, dann gibt es beim spanischen Meister also auch wieder einen Prinzen. Ousmane Dembélé, der voriges Jahr für 105 Millionen Euro plus 40 Millionen an möglichen Prämien aus Dortmund gekommene Flügelstürmer. Wie einst der im selben Sommer abgewanderte Neymar nimmt sich der Franzose die Freiheiten, auch mal aus den Messi-Prozessionen auszubrechen und selbst für die besonderen Momente zu sorgen. Er ist dabei zuletzt unerhört erfolgreich.
Gegen den couragierten, unter Wert geschlagenen PSV des Jungtrainers Mark van Bommel sorgte Dembélé lange für die wenigen Tempoverschärfungen. Mit einem Solo holte er den Freistoß heraus, den Messi brillant zur Führung in den Winkel zirkelte. Barça quälte sich weiter – bis es erneut Dembélé eine Viertelstunde vor Schluss mit einem Treffer für Auserwählte erlöste. Angespielt im Mittelfeld und mit dem Rücken zum Tor streichelte er den Ball nach hinten unter der Sohle durch, drehte sich um die eigene Achse und entschlüpfte so zwei PSV-Stoppern gleichzeitig. Der 21-Jährige krönte die Aktion mit einem perfekten Schlenzer aus 20 Metern ins lange Eck.
Sogar ein Verkauf stand im Raum
Die Partie war entschieden: fast schon Routine für Dembélé. Im spanischen Supercupfinale gegen Sevilla (2:1) wie bei den bisherigen Liga-Auswärtsspielen in Valladolid (1:0) und San Sebastián (2:1) erzielte er jeweils das Siegtor. Mit insgesamt fünf Toren hat er schon jetzt die Ausbeute der vergangenen Saison übertroffen. Jener Saison, die mit seinem Streik in Dortmund schon so polemisch begann. Im zweiten Spiel für Barça verletzte er sich dann bei einem versuchten Hackentrick, fiel monatelang aus, fand nie in die Teamdynamik und lieferte Gesprächsstoff vor allem durch seine chaotische Ernährung. Eine Ausleihe, gar ein Verkauf standen zur Debatte. Doch weil Antoine Griezmann dann lieber bei Atlético Madrid blieb, widmete sich Barças neuer Teamdirektor Eric Abidal dem Spezialauftrag, den französischen Landsmann aufzupäppeln und einzunorden. Auch Dembélé selbst erkannte, was die Stunde geschlagen hatte und kehrte früher als einbestellt aus dem Sommerurlaub zurück. Damit empfahl er sich für die Startelf im Supercup, und seither fließt alles wie von selbst.
„Er macht den Unterschied und hat seinen Platz gefunden“, lobte Trainer Ernesto Valverde nach dem PSV-Match. In dem zeigte Dembélé allerdings auch die nach wie vor existenten Schattenseiten seines Fußballs. Oft wählte er die falsche Passoption, 19 Mal verlor er den Ball und insgesamt war seine Darbietung so widersprüchlich, dass sie die katalanische Presse zu komplett gegensätzlichen Bewertungen verleitete. „Orientierungslos und ungeschickt“ fand ihn „La Vanguardia“ mit Ausnahme des Tores, als „explosiv, frisch und mutig“ begutachtete ihn hingegen „Sport“. Letztlich ist er wahrscheinlich alles zur gleichen Zeit, so wie bei seinen Dribblings, bei denen er häufig sich selbst austrickst. Aber vor allem wieder die Gegner.