Madrid. Erneut scheitert der FC Bayern an einer spanischen Mannschaft. Im Spiel bei Real Madrid kommt auch das Unvermögen zum Vorschein.
Als der Puls langsam runterging und die meisten Zuschauer das Estadio Santiago Bernabéu schon verlassen hatten, mussten sich die Bayern-Fans noch die Siegesfeier von Real Madrid anschauen. Aus Sicherheitsgründen wurden sie nicht aus ihrem Block gelassen. Woran dachten sie wohl in diesen Minuten? An die Chancen von Lewandowski, Müller, Tolisso? An die Paraden von Madrids Torwart Keylor Navas, den Patzer von Sven Ulreich? An das nicht geahndete Handspiel von Marcelo? An die dämliche 1:2-Niederlage vom Hinspiel? Oder dachten sie einfach nur: Schon wieder Spanien?
Zum fünften Mal hintereinander war ihr Team an einer Mannschaft aus der Primera División gescheitert – so eine Serie gab es in der ganzen Europacupgeschichte noch nie. Und dass diesmal das Gefühl zurückblieb, das Weiterkommen „verdient gehabt zu haben“ (Mats Hummels), machte es ja nicht unbedingt besser. 20:9 Torschüsse wiesen die Statistiken für die Bayern aus, 57:43 Prozent Ballbesitz – und doch nur ein 2:2.
Rummenigge geizt nicht mit Komplimenten
Man konnte das alles unter dem „Heldentod“ verbuchen, den Karl-Heinz Rummenigge schon vorher prophezeit hatte. Seiner martialischen Metaphorik blieb er auch bei der nächtlichen Rede während des Sponsorenbanketts insofern treu, als er vermisste, „Real in den Abgrund gestoßen“ zu haben. Ansonsten geizte er nicht mit Komplimenten: Der FC Bayern habe „das beste Spiel seit fünf Jahren gemacht“, „die ganze Welt“ zolle Respekt, und insgesamt suche Bayerns Saison „ihresgleichen“, als Comeback nach schwachem Saisonstart.
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Rummenigge übernahm damit geradewegs die euphorische und angesichts des bevorstehenden Abschieds auch emotionale Lesart von Trainer Jupp Heynckes. Dieser hatte den Spielern in der Kabine gedankt und erklärt, „den FC Bayern schon viele Jahre nicht mehr in dieser Verfassung, in dieser Form gesehen zu haben.“ Darin manifestierte sich ein verklausuliertes Selbstlob, denn natürlich ist unschwer zu erraten, wann die Münchener nach Heynckes’ Auffassung zuletzt so stark waren – 2013, als sie unter ihm die Champions League gewannen. Wie es wohl weitergegangen wäre, hätte der Klub ihn damals behalten? Auch das ist eine der Fragen, die für immer bleiben werden.
Doch es gab an diesem Abend auch noch ein anderes Interpretationsmuster als das der unglücklichen Helden. Es wurde von den Spielern selbst vertreten, und es handelte von „Unvermögen“. So formulierte es Mats Hummels, er spielte damit auch auf die Patzer von Rafinha vor dem 1:2 in München an und nun auf den von Ulreich zum 2:1 von Benzema zu Beginn der zweiten Halbzeit. Episoden, die für das große Ganze standen. „Man kann von mir aus sagen, dass Bayern die bessere Mannschaft war“, erklärte Reals Toni Kroos. „Aber trotzdem hatte ich nie Zweifel daran, dass wir ins Finale kommen.“
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Mitleid und Schulterklopfen
„Sieger-Gen“, nennt man so eine Überzeugung in München gern. Das der Bayern setzt sich zuletzt partout nur zwischen Flensburg und Memmingen durch. In Europa werden sie hingegen zunehmend zu einer Art Leverkusen – es geht raus nach starkem Fußball, unter Mitleid und Schulterklopfen. Diesmal besonders bitter. Dieser Abend, sagte Hummels, „wird noch in zehn Jahren wehtun“.