Liverpool. Der FC Liverpool hat nach dem 5:2 gegen AS Rom beste Chancen aufs Finale. Der euphorische Heavy-Metal-Fußball des Ex-Dortmunders begeistert.
Lange, viel zu lange stand Liverpools Trainer Jürgen Klopp mit offenem Mund an der Seitenline der Anfield Road. Machte er sich Sorgen um Alex Oxlade-Chamberlain? Konnte er nicht glauben, dass ein so wichtiger Spieler nach nur 15 Minuten verletzt am Boden liegen kann?
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Die Kameras fingen diese Karikatur eines Gesichts erbarmungslos ein. Es war eines von dutzend Gesichtern des Jürgen Klopp: Er lacht, er wütet, er keift, er schreit, er jubelt, als ob er den Millionen-Jackpot mit einem popeligen Los geknackt hätte. Immer mit Bart, immer mit Brille, immer er selbst. Der Meister des Enthusiasmus.
Die nächsten 60 Minuten sahen die Fans des Premier-League-Klubs vor allem Klopps unbändige Freude: Das Offensivtrio Mohamed Salah (36./45.+1), Sadio Mané (56.) und Roberto Firmino (61./68.) trafen zum zwischenzeitlichen 5:0 gegen die AS Rom. Wäre es dabei geblieben, hätten die Italiener schon ein Wunder im Rückspiel des Champions-League-Halbfinals gebraucht, um das Finale am 26. Mai in Kiew zu erreichen.
„Wir sind nicht Barcelona“
Allerdings nutzten Edin Dzeko (81.) und Diego Perotti (85.) eine Schwächephase und verkürzten auf 2:5. Eine fast schon angenehme Ausgangslage für die Römer, die bereits im Viertelfinale gegen den FC Barcelona ein 1:4 aus dem Hinspiel mit einem 3:0 getilgt hatten.
„Zwei Tore wollten wir nicht kassieren. Aber damit können wir umgehen“, sagte Klopp hinterher und verwies darauf, dass der FC Liverpool „nicht Barcelona“ sei. Der 50-Jährige war gedämpfter Stimmung, aber nicht wegen des Ergebnisses, wie er betonte. „Wir haben heute einen fantastischen Spieler verloren“, beklagte er. Noch ist unklar, wie schwer die Knieverletzung des englischen Mittelfeldspielers Oxlade-Chamberlain ist. Eine genaue Diagnose steht aus. „Darum“, sagte Klopp, „bin ich nicht in der Stimmung, über spezielle fantastische Dinge zu sprechen.“
Aber die englische Presse war es. Sie feierte „König Salah“ für seine „Meisterleistung“ (BBC Sport), aber auch den markanten Mr. Klopp. Der Daily Mirror erinnerte an die Momente, als Skeptiker zweifelten, dass der frühere Dortmunder Meistertrainer „viel mehr ist als ein überbezahlter Cheerleader mit einem ansteckenden Lachen, ein wirbelnder Derwisch mit einem Überfluss an Enthusiasmus“. Doch diese „Momente sind lange vorbei“.
Der 50-Jährige ist mittlerweile der Dirigent dieser energiegeladenen Mannschaft. Seine eigentümliche Euphorie, seine unbändige Begeisterung wird auf dem Platz gelebt: In den besten Phasen glühen Klopps Spieler wie ein Feuerball, rennen in wahnsinnigem Tempo auf und ab, erobern den Ball, stürmen frech nach vorne. Im Zentrum des Zyklons ein Lockenkopf aus dem Nil-Delta: Mo Salah. Der bescheidene Stürmer, der nach seinen Toren gegen seinen Ex-Verein entschuldigend die Arme hob, wird schon mit den besten Fußballern der Welt verglichen (hier tritt Klopp ausnahmsweise auf die Euphorie-Bremse). Salahs Quote: 43 Treffer in 47 Pflichtspielen. Mit seinen ungleichen Offensivpartnern Mané und Firmino, dem hitzigen Ex-Hoffenheimer, kommt er in der Champions League auf 28 Tore, in der Premier League auf 66.
Klopps euphorischer Heavy- Metal-Fußball ist praktisch der Gegenentwurf zum Taktik-Tanz des Fußball-Professors Pep Guardiola. Dessen Klub, Manchester City, hat Liverpool bereits ausgeschaltet. Am Mittwoch kann Klopp ins Finale der Königsklasse einziehen. Natürlich mit unbändiger Freude.