Huddersfield. Huddersfield Town hat eine Art modernes Fußball-Märchen mit dem Aufstieg in die Premier League geschrieben. Jetzt steckt der Klub aber tief im Abstiegskampf.

Das Spiel war längst verloren. 0:3 lag Huddersfield Town kurz vor Schluss gegen den FC Liverpool zurück, das sollte auch der Endstand sein im Duell der Trainer-Freunde David Wagner und Jürgen Klopp unter der Woche. Viele Zuschauer hatten das Stadion schon verlassen, doch der harte Kern der Anhängerschaft widersetzte sich der Resignation. Die Fans auf der Tribüne hinter dem Tor sangen ein Lied, das von Hoffnung und Zuversicht handelte, sie sangen den Refrain von „Three little birds“ von Bob Marley, in dem es heißt „Don’t worry . . . Every little thing is gonna be alright“. Dazu klatschten sie im Takt. Eine berührende Szene.

Alles wird gut?

Nun ja. Huddersfield Town hat eine Art modernes Fußball-Märchen geschrieben mit dem Aufstieg in die Premier League im Frühjahr 2017. Und zu Beginn der Saison sah es so aus, als würde dieses Märchen einfach weitergehen. Wagners Team startete mit zwei Siegen und schaffte Ende Oktober die wohl größte Sensation in der jüngeren Geschichte des englischen Fußballs, als es vor eigenem Publikum mit 2:1 gegen Rekordmeister Manchester United gewann.

Hudderfield ist im rauen Alltag angekommen

Vor dem Wiedersehen der beiden ungleichen Gegner an diesem Samstag im Old Trafford hat sich die Lage bei Huddersfield geändert. Das Team ist längst angekommen im rauen Alltag, steckt tief im Abstiegskampf. Es hat zuletzt sieben Spiele in Folge nicht gewonnen. Das 0:3 gegen Liverpool war die vierte Niederlage in Serie. Nur ein Punkt trennt Huddersfield noch von einem Abstiegsplatz. Bis zum Tabellenende sind es nur vier Zähler. Es geht eng zu im unteren Teil der Tabelle. Mit Pech könnte der Klub an diesem Spieltag auf den vorletzten Platz rutschen.

Was an anderen Standorten Panik und Verzweiflung auslösen würde, wird in Huddersfield eher als Routine betrachtet. Der Verein hat mit Abstand den günstigsten Kader der Liga – nach Marktwerten ist er nur ein Zehntel des Aufgebots von Tabellenführer Manchester City wert – und war ab der ersten Sekunde der Saison darauf eingestellt, bis zum Schluss um den Klassenverbleib kämpfen zu müssen. Trainer Wagner versucht, diese Haltung in einen Vorteil umzudeuten. „Wir mögen es nicht, wo wir stehen, aber wir sind nicht überrascht. Das macht es leichter für uns“, sagt der 46-Jährige, der früher für Schalke 04 gespielt hat und später die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund trainierte.

Im Grunde läuft die Spielzeit bislang besser als erwartet für den Klub aus der 133 000-Einwohner-Stadt auf halber Strecke zwischen Manchester und Leeds. Die Mannschaft stand noch nicht einmal auf einem Abstiegsplatz und befindet sich immer noch oberhalb der verbotenen Zone. Darauf verwies auch Wagners Freund Klopp nach dem Duell. „Das hätten nicht viele gesagt, wenn man vor der Saison gefragt hätte, wo Huddersfield Ende Januar steht“, sagte er. Doch der Trend deutet darauf hin, dass es zum Ende doch ziemlich eng werden könnte für Huddersfield.

Individuelle Fehler gegen Liverpool

Neben der aktuellen Negativserie sind die spielerischen Schwächen des Teams ein Anlass zur Sorge. Beim 0:3 gegen Liverpool resultierten alle Gegentore mehr oder weniger aus individuellen Fehlern. Für das gegnerische Tor ging nur in der Anfangsphase Gefahr aus. Huddersfield verharrte größtenteils in einem System mit fünf Verteidigern, sehr diszipliniert, aber auch nicht besonders mutig.

Trainer Wagner will seiner Mannschaft keine Vorwürfe machen. Er ist zufrieden, weil sie das in ihrer Macht Stehende versucht. „Ich sehe Bemühungen, ich sehe Hingabe, Einstellung und Zusammenhalt – alles, was ich sehen will“, sagt er. Genau diese Tugenden sind aus seiner Sicht entscheidend im Rennen um den Verbleib in der Liga. Deshalb sieht er auch keinen Grund für schlechte Stimmung. „Warum sollten wir nicht positiv sein? Am Anfang der Saison hätte uns jeder am Tabellenende erwartet. Jetzt sind wir eine der Mannschaften, die ums Überleben kämpfen“, sagt der Trainer.

Die Fans sind weiterhin stolz

Bei diesem Unterfangen könnte es hilfreich sein, dass die Euphorie um den etwas anderen Verein immer noch riesig ist und fast so frisch wie am Tag nach dem Aufstieg. Wer am Bahnhof Huddersfield ankommt, wird vom Blau-Weiß des Vereins empfangen. „Willkommen bei Huddersfield Town – Heimat der Terrier“, ist auf Bannern zu lesen, die an den Treppengeländern gespannt sind. An den Laternenmasten auf dem Weg zum Stadion hängen Vereinswimpel. Die Stadt ist stolz auf den Klub, unabhängig vom Tabellenstand.

Die Stimmung bei den Heimspielen ist prächtig. Der Lärm von zehntausenden Klatschpappen macht einen Besuch in Huddersfield für jeden Gegner zu einer Prüfung. Bei jedem Ballgewinn springen die Zuschauer auf und brüllen.

Und selbst wenn das Spiel längst verloren ist, bewahrt das Publikum Hoffnung und Zuversicht. Keine Sorge. Alles wird gut.