Madrid. Laut Staatsanwaltschaft soll Cristiano Ronaldo 14,7 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. Real Madrid ist von Ronaldos Unschuld überzeugt.

Einen Termin vor dem Gericht in Pozuelo de Alarcón hat Jorge Mendes seit Mittwoch bereits schriftlich. Der Berater von Weltfußballer Cristiano Ronaldo muss am 27. Juni im Rahmen eines Verfahrens um seinen Klienten Radamel Falcao aussagen, in dem auch gegen ihn ermittelt wird. Es geht, natürlich, um Steuern.

Zum selben Thema war an selber Stelle im selbem Madrider Vorort am Dienstag auch die Anzeige eingegangen, die Spanien weiterhin in Atem hält. Gut 14,7 Millionen Euro soll Ronaldo laut Staatsanwaltschaft Madrid hinterzogen haben, und wie die Steuerfahndergewerkschaft Gestha präzisierte, drohen ihm dafür nicht nur eine Mindestgeldstrafe von 28 Millionen Euro (verkraftbar bei einem geschätzten Jahreseinkommen von 83 Mio.), sondern auch bis zu sieben Jahre Haft. Auf den Titelseiten der Presse wurde der Fall gestern nur von der Parlamentsdebatte über das Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Rajoy wegen den Korruptionsfällen seiner Partei übertroffen. In den Sportzeitungen dominierte er unangefochten – mit den üblichen Nuancen entlang des Grabens zwischen Madrid und Barcelona.

Schadenfrohes Wortspiel in Spanien: "CR 14,7"

Dort schlagzeilten „Sport“ und „Mundo Deportivo“ schadenfroh mit dem identischen Wortspiel: „CR 14,7“ – in Anlehnung an CR7, die Eigenmarke des Stars von Real Madrid. Derweil wurde in der Hauptstadt die Gunst der Stunde genutzt, um wenigstens nicht das blütenweiße Trikot zu beflecken. Da sich Ronaldo jetzt mit Portugal auf den Confed-Cup vorbereitet, zeigte man ihn lieber im Nationaldress.

Auch interessant

Ganz artig also, denn wie das Portal „El Confidencial“ berichtet, hätten „befreundete Medien“ nach Bekanntwerden der Anzeige konzertierte Anrufe aus der Real-Geschäftsstelle erhalten: Ob man Ronaldo bitte anders als im Madrider Trikot abbilden könne. Auffällig erschien manchen Beobachtern zudem, dass Ronaldo in der soeben lancierten Kampagne für das neue Real-Trikot auf der Vereins-Homepage nur so klein vorkommt wie ein belangloser Ergänzungsspieler. Dem Eindruck, sich von seiner Ikone zu distanzieren, trat der Verein gestern allerdings mit einem Kommuniqué entgegen: „Real Madrid ist absolut davon überzeugt, dass unser Spieler Cristiano Ronaldo in diesem Prozess seine vollkommene Unschuld beweisen wird.“

Ronaldo selbst äußerte sich am Mittwoch am Rande des Trainings der „Seleção“ – wenn auch knapp. „Ruhiges Gewissen, Bruder“, sagte er lachend einem Reporter des spanischen TV-Senders „Cuatro“, und auf die Nachfrage, ob er unschuldig sei: „Immer, hombre.“

Bereits am Vorabend hatten sich einer seiner Anwälte („Die Anzeige ist eine komplette Überraschung für den Spieler, er empfindet sie als Ungerechtigkeit“) sowie die Mendes-Firma Gestifute mitgeteilt. Diese betonte, die von der Staatsanwaltschaft bemängelte Konstruktion sei mit Billigung der britischen Steuerbehörden bereits während seiner Zeit bei Manchester United genutzt worden. Laut Madrider Anzeige hingegen wurde sie acht Tage nach der Vereinbarung des Wechsels nach Spanien geschaffen; der Spieler habe „willentlich“ und „wissentlich“ hinterzogen.

Sechs Monate hat das Gericht in Pozuelo jetzt, um über eine Annahme der Anzeige zu entscheiden und das Ermittlungsverfahren einzuleiten. Wie der Präzedenzfall des wegen ähnlicher Vergehen zu 21 Monaten (Bewährungs-)Haftstrafe verurteilten Lionel Messi gezeigt hat, sind etliche Volten zwischen den verschiedenen Behörden im komplizierten spanischen Prozesssystem zu erwarten. Barcelona-Profi Messi schien zu einem Zeitpunkt bereits aus dem Schneider, wurde dann aber doch wieder vor den Kadi gezerrt – auf Betreiben der damaligen Generalstaatsanwältin Marta Silva, so die Vermutung in Katalonien. Die diente bei Real Madrid einst als Vorstandsmitglied.

Auch Falcao, Di Maria, Coentrao und Carvalho sind betroffen

Sollte es diese Einflussnahme wirklich gegeben haben, wäre das schon ironisch: Erst das harte Vorgehen gegen Messi hat ja die Dynamik geschaffen, die nun Ronaldo auf die Füße fallen könnte. Um den Verdacht einer Ungleichbehandlung zu vermeiden, wurden die Madrider Steuerprüfer im Fall Ronaldo von ihren Vorgesetzten in enge Deckung genommen. Die Staatsanwaltschaft wiederum begründet ihre Anzeige explizit mit der Rechtssprechung im Fall Messi. Sollte das Gericht dieser Parallele folgen und keine strafmildernden Umstände anerkennen, sähe es düster aus für Ronaldo, der über mehr Jahre (vier statt drei) mehr Geld (14,7 statt 4,1 Millionen) hinterzogen haben soll. Schon bei Messi ging das Urteil nah an den Rand der Bewährungsgrenze von 24 Monaten.

Berater Mendes dürfte sich jedenfalls bald fühlen wie im Gerichtsfernsehen. Neben Ronaldo und Falcao sind auch seine Kunden Ángel Di María, Fábio Coentrão und Ricardo Carvalho von laufenden Verfahren betroffen. Allesamt in Steuersachen.