Kopenhagen. Die dänische Fußball-Nationalmannschaft benötigte viel Glück, um Portugal ein 1:1 abzuringen. Nun haben die Dänen aber vier Punkte Vorsprung auf Ungarn - und sogar sieben auf die Portugiesen mit Weltfußballer Cristiano Ronaldo. Die WM ist greifbar nah.
Es war alles bereit zur großen Feier. Die Trikots der dänischen Nationalmannschaft gab es am Samstag auf der Shoppingmeile in Kopenhagen zum halben Preis. Das teure Bier schmeckte den Fans schon morgens. Die Stadt hing voller Nationalflaggen, auf jedem Bus wehten zwei kleine. Das hatte aber nichts mit dem WM-Qualifikationsspiel gegen Portugal zu tun, sondern mit dem Gedenktag für gefallene dänische Soldaten, besonders die im Irak und in Afghanistan. Politisch ganz Korrekten wird es daher vielleicht nicht gefallen haben, als Morten Olsen am Ende des Tages von einem „heroischen Einsatz“ seiner Spieler sprach. Rein sportlich betrachtet, durfte der dänische Nationaltrainer dies ruhigen Gewissens behaupten. Seine Mannschaft, dem Kontrahenten deutlich unterlegen, rang den Portugiesen ein 1:1 ab. Nicklas Bendtner brachte die Dänen in Führung (42. Minute), der erst vor wenigen Tagen eingebürgerte Liedson, gebürtiger Brasilianer, glich aus (86.).
So wurde es keine große, aber immer noch eine stattliche Feier der Dänen, die bei drei ausstehenden Spielen vier Punkte Vorsprung auf Ungarn, fünf auf Schweden und gar sieben auf Portugal haben. „Wir können glücklich sein über das Ergebnis“, sagte Christian Poulsen.
Sand: "Christian ist das Herz der Mannschaft"
Laufbereitschaft ist eines der Worte, die der Fußball noch nicht kannte, als es den Wadenbeißer schon gab. Heute dürfte Poulsen der Wadenbeißer mit der höchsten Laufbereitschaft sein. Am Samstag dürfte seine Kilometerleistung bei der halben Distanz zwischen Kopenhagen und Kapstadt gelegen haben – zumindest sah es so aus. „Unglaublich“, sagte Ebbe Sand, der seit gut einem Jahr die Stürmer der dänischen Auswahl trainiert. „Christian ist das Herz der Mannschaft“, stellte er fest. Das war keine aufgesetzte Schmeichelei für den ehemaligen Mitspieler beim FC Schalke 04, sondern die Wahrheit. Was wäre nur gewesen, wenn der zentrale defensive Mittelfeldspieler von Juventus Turin nicht die Verteidigung sortiert und Deco aus dem Spiel genommen hätte? Wenn er nicht Cristiano Ronaldo und den anderen Portugiesen hinterher gehechelt wäre und ihnen auch mal zünftig in die Waden getreten hätte, um dann sofort anzudeuten, dass es keine Absicht war?
Das Ergebnis des Spiels täuscht. Dänemark war die schwächere Mannschaft. Ihre Mittel reichen bei weitem nicht an die der portugiesischen heran. Wie schon beim 3:2-Hinspielsieg, den Sand als Grund für die prächtige Punktausbeute sieht („Da haben wir gemerkt, dass wir es schaffen können.“), benötigten die Dänen viel Glück. „Wir hatten so viele Chancen. Schwierig, jetzt wird es schwierig“, klagte Deco, den der gegen Ende von Krämpfen geplagte Poulsen zermürbt hatte. Jeden Passweg, den seine soliden, aber limitierten Mitstreiter in der Defensive offen ließen, konnte aber auch er nicht verstellen. So musste in letzter Instanz oft der starke Torhüter Stephan Andersen klären.
Der Weltmesse des Fußballs in Südafrika 2010 droht die Abstinenz ihres teuersten Exponats, Cristiano Ronaldo. „Heute nicht, sorry“, sagte der Weltstar auf die Frage, ob auch er ein paar Worte für die dänischen Reporter übrig habe. Stöhnend und genervt schlich Ronaldo zum Bus. Die Vorstellung, dass die vom Wadenbeißer Poulsen angeführten Dänen ihnen eine Weltmeisterschaft versauen, muss schrecklich für die feinen Fußballer aus Portugal sein. Am Mittwoch werden sie in Ungarn um ihre wohl wirklich letzte Chance spielen, zumindest noch die Relegation der Gruppenzweiten zu erreichen. Fast zeitgleich könnte Dänemark mit einem Sieg in Albanien den nächsten, vermutlich entscheidenden Schritt gehen. Poulsen vermutete: „Das wird schwierig. Wir müssen schnell ins Hotel. Ich bin müde.“