Essen. Es ist Zeit für die erste Bilanz! Wir haben uns alle Revierklubs von der Bundes- bis zur Regionalliga angeschaut. Wer hat die Erwartungen erfüllt?

  • In der Länderspielpause ist es Zeit für eine erste Bilanz
  • Es gibt einen Formcheck der Revierklubs von der Bundes- bis zur Regionalliga
  • Das müssen Schalke, Dortmund, Bochum und Co. noch verbessern

Wenige Wochen nach dem Saisonstart beantworten wir die Frage: Wer hat die Erwartungen erfüllt, wer nicht? Wir haben uns die Revierklubs von der Bundes- bis zur Regionalliga angeschaut.

Borussia Dortmund - Bundesliga, 3. Platz 

Zwölf Punkte und Tabellenplatz drei nach sechs Spieltagen – damit liegt Borussia Dortmund grundsätzlich im Soll. Für die direkte Champions-League-Qualifikation, vor der Saison als Ziel ausgerufen, würde diese Platzierung reichen. Der Umbruch im Sommer, als drei Leistungsträger gingen und acht neue Spieler kamen, wurde erstaunlich schnell bewältigt: Raphael Guerreiro, Ousmane Dembélé, aber auch André Schürrle und Mario Götze entpuppen sich als verheißungsvolle Verstärkungen. Der runderneuerte BVB glänzt vor allem mit seiner Offensivstärke, die auch beim 2:2 gegen Real Madrid zum Tragen kam – in einem Spiel, das den Beweis erbrachte, dass Dortmund schon wieder mit den großen Mannschaften Europas mithalten kann.

Doch die Niederlagen in Leipzig und zuletzt in Leverkusen drücken auf die Stimmung – weil sie zeigten, dass man gegen aggressive, pressingstarke Gegner Probleme hat und die Abwehr noch wackelt. Und obwohl der Meistertitel offiziell nicht interessiert: Vier Punkte Rückstand auf den FC Bayern wurmen gehörig.

Borussia Mönchengladbach - Bundesliga, 9. Platz 

Die Borussia sucht in dieser Saison noch nach dem roten Faden. Dem Königsklassen-Fest gegen Barcelona, als man den spanischen Top-Klub beim 1:2 fast auf der Matte hatte, folgte eine eiskalte Bundesliga-Dusche auf Schalke (0:4).

Die aktuelle Lage der Zweitvertretungen

In der Regionalliga West sind neben den Traditionsklubs wie Wattenscheid 09, Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen auch die Reserven der Bundesligisten Borussia Dortmund und FC Schalke 04 vertreten.

Die aktuelle Lage der BVB- und S04-Zweitvertretungen gleicht der Situation in der Bundesliga: Dortmund II, aktuell Zweiter, kämpft um die Meisterschaft, während Schalke II als Tabellen-13. im Abstiegskampf steckt.

Am 17. Dezember (14.30 Uhr, Stadion Rote Erde) kommt es zum direkten Vergleich.

Mönchengladbach offenbart gerade auswärts noch erhebliche Schwächen. So kamen die Borussen bei Neuling Freiburg überraschend mit 1:3 unter die Räder. In der Champions League steht zudem ein 0:4 bei der Weltauswahl von Manchester City zu Buche.

Auffällig: Wenn der offensive Kreativkopf Raffael, der aktuell an einem Muskelfaserriss laboriert, ausfällt, hängen die Borussen trotz qualitativ hochwertiger Spieler wie Lars Stindl, Fabian Johnson, Mo Dahoud oder Thorgan Hazard in der Luft. Die Tatsache, dass Trainer André Schubert auf Schalke drei 20-Jährige ins Rennen schickte, zeigt, dass die Borussen durchaus einen Plan haben. Ein Plan, der allerdings eine gewisse Geduld erfordert. So sind die bisherigen Rückschläge durchaus erklärbar.

FC Schalke 04 - Bundesliga, 16. Platz 

Neuer Trainer, neuer Sportvorstand, neue Spieler – ungeahnte Sorgen. Schalke 04 ist komplett in den Startblöcken hängengeblieben. Fünf Niederlagen in Serie zogen die Mannschaft von Markus Weinzierl auch mental nach unten und ließen im Umfeld Zweifel aufkommen.

Kaderplaner Christian Heidel zeigte sich davon unbeeindruckt. Gemeinsam mit Weinzierl drehte er an vielen Stellschrauben. Das überzeugende 4:0 über Borussia Mönchengladbach war Balsam für die königsblaue Seele, kann aber nur der erste Schritt aus dem Tief gewesen sein. Die Integration der zahlreichen Neuzugänge wie Yevhen Konoplyanka, Nabil Bentaleb, Benjamin Stambouli oder Abdul Rahman Baba wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Noch befindet sich Markus Weinzierl in der Experimentierphase. Auf 20 Profis hat der 41-Jährige bislang zurückgegriffen. Einer der wichtigsten, Rechtsverteidiger Coke, soll nach Kreuzbandverletzung im Winter fit werden. Dann könnte sich auch eine Stammformation herauskristallisieren.

VfL Bochum - 2. Bundesliga, 7. Platz 

Mit dieser Zahl kann der VfL Bochum gut leben. Rang sieben nach acht Spieltagen lädt zwar nicht zum Träumen ein, ist aber wesentlich mehr als mancher „Realist“ im Vorfeld der Saison erwartet hatte. Schließlich mussten die Bochumer nicht nur ihren Torjäger Simon Terodde ziehen lassen, sondern mit Ausnahme von Peniel Mlapa die komplette Offensive. Und was eine eingespielte Mannschaft zu leisten imstande ist, haben die Bochumer Fans im Vorjahr erlebt, als der VfL fünf Siege in Folge hinlegte.

Dass die Elf von Trainer Gertjan Verbeek im Kampf um den Aufstieg bereits jetzt eine Rolle wird spielen können, ist auch angesichts des derzeit ausgeprägten Verletzungspechs zwar nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich. Verbeek ist in Bochum so etwas wie ein Projektentwickler, der die in der Regel jungen Spieler und damit das komplette Team, dem momentan noch Stabilität und Konstanz fehlen, auf ein Niveau heben soll, das in der folgenden Spielzeit den Generalangriff auf die Spitzenplätze möglich macht. Sollte diese Entwicklung doch schneller vonstatten gehen, wird sich in Bochum niemand dagegen sträuben.

Fortuna Düsseldorf - 2. Bundesliga, 9. Platz 

Der neue Hoffnungsträger von Fortuna Düsseldorf ist gerade mal 21 Jahre alt. Kaan Ayhan, im Sommer vom FC Schalke 04 an den Rhein gewechselt, soll der Fortuna Kreativität und Spielwitz verleihen. Das klappt bisher ordentlich, aber die volle Power wird der türkische A-Nationalspieler, der im Vorjahr wenig Spielpraxis bekam, erst in einigen Monaten entwickeln können.

Mit den deutschen Talenten Kevin Akpoguma (U 21) und Emmanuel Iyoha (U 20) hat Düsseldorf noch weitere heiße Nachwuchs-Eisen im Feuer. Dazu soll sich auch Hamburg-Leihgabe Arianit Ferati weiterentwickeln.

Bisher verdienten sich die Düsseldorfer die Schulnote 3 minus. Zehn Punkte aus acht Spielen sind ordentlich. Mehr aber auch nicht. Gegen Bochum gab es ein 3:0, in Braunschweig ein 1:2, zuletzt gegen Karlsruhe ein 1:1. Wenn es am 21. Oktober zuhause gegen Bielefeld weitergeht, ist zumindest das Acker-Problem behoben. Fortuna spielt dann auf frischem Grün.

MSV Duisburg - 3. Liga, 1. Platz 

Zehn Spiele, 21 Punkte, nur sechs Gegentore: Die Zebras galoppieren zwar nicht durch die Dritte Liga, aber sie haben den starken Trab eingelegt. Das große Plus: Zwei Drittel des Kaders sind nach dem Absturz aus der Zweiten Liga geblieben. Die Neuzugänge wurden schnell integriert, so dass die Mischung stimmt.

Die Innenverteidigung mit dem ältesten Drittliga-Spieler Branimir Bajic, der in Kürze 37 Jahre alt wird, und dem wiedererstarkten Dustin Bomheuer ist das Prunkstück. Bis auf den langzeitverletzten Linksverteidiger Dan-Patrick Poggenberg blieb der MSV von großen personellen Problemen verschont. „Meine Mannschaft hat Charakter. Die Jungs fühlen sich wohl. Deswegen bin ich nicht überrascht, dass wir so gut dastehen“, sagt Trainer Ilia Gruev. Mit viel Akribie will der Ex-Profi, der schon als Spieler für den MSV auflief und eine ganz enge Bindung zum Klub hat, das Team zum Aufstieg führen. Selbst Testspiel-Gegner werden intensiv beobachtet, dazu führt Gruev eine Liste über die Einsatzminuten seiner Profis. So kann er aufkommendem Frust schnell entgegenwirken.

Wattenscheid 09 - Regionalliga, 4. Platz 

Die SG Wattenscheid 09 ist wie schon in der vergangenen Saison die Überraschung der Regionalliga West. Einmal mehr schaffte es Trainer Farat Toku, einen nahezu kompletten Umbruch erfolgreich zu gestalten. Vor dieser Saison hatten 17 (!) Spieler den ehemaligen Bundesligisten verlassen.

Schon einige Wochen vor Saisonbeginn hatten nicht wenige vermeintliche Experten die Wattenscheider zu den sicheren Abstiegskandidaten gezählt. Oberhausen und Essen galten als Topfavoriten auf den Aufstieg. Nach einem Drittel der Saison haben die 09er Tuchfühlung zur Tabellenspitze und liegen fünf Punkte vor RWE und RWO. Wenn man die finanziellen Möglichkeiten der Wattenscheider mit denen in Essen und Oberhausen vergleicht, ist die Leistung der SG gar nicht hoch genug zu bewerten. Trotzdem bleiben die Wattenscheider auf dem Teppich. Toku: „Die Experten haben uns zu den Abstiegskandidaten gezählt. Deshalb ist der Klassenerhalt auch das Ziel.“

Rot-Weiss Essen - Regionalliga, 10. Platz 

Rot-Weiss Essen lehnte sich vor der Saison weit aus dem Fenster. Innerhalb der nächsten drei Jahre soll der Aufstieg in die Dritte Liga her. Vielleicht schon in diesem Jahr. Nach zehn Regionalliga-Spielen lässt sich allerdings feststellen, dass diese forsche Ansage der Verantwortlichen nicht mehr als ein Versuch war, Euphorie im enttäuschten Umfeld zu entfachen.

Der Deutsche Meister von 1955 versauert einmal mehr im Niemandsland der Regionalliga. Magere vier Siege und Platz zehn entsprechen nicht den hohen Ansprüchen.

Die Mannschaft von Ex-Profi Sven Demandt tritt engagierter auf als in der vergangenen Saison, als RWE nur haarscharf dem Abstieg entging. Die Kritik der Fans hält sich deshalb noch in Grenzen. In der Spitzengruppe werden die Essener mit diesem Team aber nicht mitmischen können. Das hat vor allem die deutliche 0:4-Niederlage gegen Viktoria Köln bewiesen. RWE ist nicht mehr als Mittelmaß. Das ist die für die Fans bittere Realität.

Rot-Weiß Oberhausen - Regionalliga, 11. Platz 

Zwei turbulente Monate liegen hinter dem ehemaligen Bundesligisten. Vier überraschende Niederlagen zum Regionalliga-Auftakt haben Trainer Andreas Zimmermann früh den Job gekostet. Eine harte, aber nachvollziehbare Entscheidung. Genau wie in den Jahren zuvor hatte sich RWO vorgenommen, um den Aufstieg mitzuspielen. Obwohl das Grundgerüst um die Leistungsträger Benjamin Weigelt, Felix Haas, Robert Fleßers und Raphael Steinmetz gehalten wurde, enttäuschte die Mannschaft auf ganzer Linie.

Der Trainerwechsel brachte die erhoffte Wende. Mike Terranova hat das Ruder in Oberhausen übernommen, eine rot-weiße Kultfigur. Sogar ein Lied wurde für den Ex-Profi, der den Klub einst als Spieler in die Zweite Liga geführt hatte, produziert. Erfolg hat Terranova nun auch als Trainer. In den sieben Spielen unter seiner Regie holte RWO beachtliche 14 Punkte. Oberhausen ist raus aus dem Keller und hat das obere Drittel wieder fest im Visier.

TSG Sprockhövel - Regionalliga, 18. Platz 

TSG Sprockhövel und Regionalliga: Für den Aufsteiger scheint diese Kombination immer noch etwas unwirklich zu klingen. Ein Blick auf die Tabelle genügt, um zu erkennen, dass die vierthöchste Spielklasse eine Nummer zu groß für den Verein aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis ist. Die Mannschaft wartet auch nach zehn Spielen immer noch auf den ersten Sieg. „Alles andere als der Klassenerhalt wäre ein sportliches Wunder“, hatte Trainer Andrius Balaika schon vor der Saison gesagt.

Während die Konkurrenz aus Aachen, Essen, Köln oder gar Rödinghausen auf Voll-Profitum setzt, ist bei der TSG Sprockhövel der Feierabend-Fußball angesagt. Es wird fünfmal in der Woche um 19 Uhr im Baumhof-Stadion, das seit dem 1. Oktober GermanFlavours Travel Arena heißt, trainiert. Balaika: „Mehr ist nicht drin. Wir haben Jungs, die einem normalen Beruf nachgehen, studieren oder in der Ausbildung sind. Mit diesen Voraussetzungen haben wir eigentlich keine Chance.“