Nizza. Der ehemalige Bundesliga-Profi spricht vor dem Duell OGC Nizza gegen Schalke 04 über den Kader der Königsblauen, Mario Balotelli und Kumpel Naldo.
- Dante spricht vor dem Duell seines neuen Klubs OGC Nizza gegen Schalke 04
- Der Ex-Bayern-Profi hat sich in Frankreich schon mit Mario Balotelli angefreundet
- Der Brasilianer freut sich auf das Wiedersehen mit Naldo im Europa-League-Spiel
Dante ist nach wie vor eine Frohnatur. Beim Interview-Termin in Nizza strahlt der Brasilianer, der vor vier Wochen den VfL Wolfsburg Richtung Côte d´Azur verlassen hat. Gut gelaunt und humorvoll erzählt er von seinem neuen Leben in Frankreich, warum er Deutschland und insbesondere den FC Bayern vermisst und wieso er großen Respekt vor Schalke 04 vor dem Duell in der Gruppenphase der Europa League (ab 21.05 Uhr/live in unserem Ticker) zeigt.
Ein Monat nach Ihrem Abgang vom VfL Wolfsburg, vermissen Sie Deutschland?
Dante: In Deutschland hatte ich eine fantastische Zeit, die mich sehr geprägt hat. Ich habe jeden Tag genossen, egal ob in Mönchengladbach, München oder Wolfsburg. Bei der Borussia ging es erst einmal um die nackte Existenz im Oberhaus und dann haben wir sensationell den vierten Platz erreicht. Das hat mich sehr stolz gemacht. Auch beim FC Bayern kann ich mit Stolz auf drei unglaubliche Jahre zurückblicken. Es war noch nicht der FC Bayern von heute, der wahnsinnig konstant ist, sondern wir haben zwei Jahre lang keinen Titel geholt. Ich habe mitgeholfen, dass der Verein die Kurve nach oben bekommt. Und beim VfL haben wir mit dem Einzug ins Viertelfinale der Champions League Geschichte geschrieben.
Warum haben Sie den VfL Wolfsburg nach nur einem Jahr wieder verlassen?
Dante: Wenn dich ein Trainer wie Lucien Favre unbedingt haben will, ist es schwer, nein zu sagen. Mit ihm hatte ich bei Borussia Mönchengladbach eine wunderbare Zeit. In Nizza hat mir das Projekt gefallen: Ich soll viel Verantwortung übernehmen in einer noch jungen Mannschaft, die sich im ersten Drittel der Tabelle etablieren möchte. Und wir spielen im Gegensatz zu Wolfsburg in der Europa League. Vor knapp acht Jahren habe ich bereits in Frankreich beim OSC Lille gespielt. Und das Wetter spricht eindeutig für Nizza (lacht).
Was war bisher der Höhepunkt in Ihrer Karriere?
Dante: Auf jeden Fall der Triumph in der Champions League mit den Bayern in Wembley gegen Borussia Dortmund. Dazu haben wir sowohl die Meisterschaft als auch den DFB-Pokal gewonnen, so dass wir mit diesem Triple unsere Fans so glücklich wie noch nie machen konnten und dementsprechend alles richtig gemacht hatten. Dazu gab es auch mein spontanes Lied für meine Mitspieler.
Wenn Sie über Ihre Zeit beim FC Bayern sprechen, scheinen Sie immer noch Emotionen zu empfinden.
Dante: Wenn ich an den FC Bayern denke, bekomme ich bis heute Gänsehaut. Meine drei Jahre in München werde ich nie vergessen.
Was vermissen Sie am meisten ?
Dante: Einiges (lacht). Vor allem die bayrische Gemütlichkeit, die Stadt, die Menschen und diese hohe Lebensqualität. Vielleicht werde ich nach meiner Karriere nach München zurückkehren. Aber dafür muss ich eine Arbeit finden. Erst einmal würde ich gern den Trainerschein machen und dann eventuell etwas in München finden. Dort kenne ich ja viele Leute. Schau'n mer mal. Aber erst einmal plane ich einen kurzen Besuch auf dem Oktoberfest.
Wie Dante über das 1:7 gegen Deutschland heute denkt
Haben Sie den das 1:7 mit Brasilien gegen Deutschland im Halbfinale der WM 2014 mittlerweile verdaut?
Dante: Wie könnte ich nur? Das war sicherlich der schlimmste Moment in meiner Karriere. Vor dem Anpfiff hatten wir allerdings ein gutes Gefühl. Und dann passiert so was… Für mich war dieser Abend furchtbar. Ein Albtraum. Nichtsdestotrotz war diese heftige Niederlage auch irgendwie lehrreich. Da habe ich gesehen, auf wen ich zählen kann und wer meine wahren Freunde sind. Ich habe daraus gelernt und trotzdem konnte ich danach weiter Fußball auf dem höchsten Niveau spielen.
Es war auch Ihr letztes Länderspiel für Brasilien. Hätten Sie sich noch ein Spiel gewünscht, um sich von der Nationalmannschaft mit einem positiveren Erlebnis zu verabschieden?
Dante: Natürlich, am liebsten gegen Deutschland, eine Art Revanche. Ich hätte gerne wieder gegen die DFB-Elf gespielt, um diese Schmach von 2014 besser zu verdauen. Aber die WM 2018 kommt für mich leider wohl zu spät. Diese Zeit war definitiv schlimm für mich.
Sie kennen Frankreich und Deutschland besonders gut. Welche Unterschiede sehen Sie bei beiden Ländern?
Dante: Was die Organisation betrifft, gibt es nichts besseres als Deutschland. In Frankreich sind die Leute ein Stück lockerer, sie genießen die Sonne und das Leben. Was den reinen Fußball betrifft, geht es in Deutschland mehr in den Zweikämpfen zur Sache. Auch die Aggressivität, um Druck zu machen, ist höher. In Frankreich wird mehr Wert auf Taktik gelegt. Man versucht eher das Tor sauber zu halten als ein Tor zu erzielen.
Wie stark schätzen Sie heute die Bundesliga ein?
Dante: Mit England ist sie die stärkste der Welt. Was die Stimmung betrifft, gibt es nichts besseres, da ist sie noch ein Tick lauter. In diesem Sommer sind viele Top-Spieler in die Bundesliga gewechselt. Das ist kein Zufall. Vor den Verantwortlichen ziehe ich meinen Hut, dass sich diese Liga so schnell so positiv entwickelt hat. In maximal zwei Jahren wird die Bundesliga international genauso viel Aufmerksamkeit haben wie die Premier League.
Was für ein Verein ist der OGC Nizza?
Dante: Ein Klub, der sich stetig entwickelt. Seit drei Jahren gibt es ein tolles modernes Stadion und in der kommenden Saison wird das neue Trainingszentrum eingeweiht. Unsere Mannschaft ist im Schnitt die jüngste in Europa. Sie hat viel Talent. Meine Aufgabe ist es, diese jungen Spieler heranzuführen und sie von meiner Erfahrung profitieren zu lassen. Ich bin da, um ihnen zu helfen.
Was Dante mit seinem Teamkollegen Mario Balotelli verbindet
Ist Mario Balotelli nach wie vor ein hervorragender Stürmer?
Dante: Absolut. Er ist ein Weltklassestürmer. Als ich davon erfahren habe, dass er nach Nizza kommt, habe ich mich riesig gefreut. Mit seiner Erfahrung und seinem Potenzial wird er unserem Team gut tun.
Er gilt auch als ziemlich verrückt. Welche Eindrücke haben Sie bisher von ihm?
Dante: Wir verbringen viel Zeit zusammen. Er ist sehr locker und humorvoll. Er hat seine Art zu spielen und seine Art zu leben. Er ist nach wie vor hungrig und will allen beweisen, dass er noch lange nicht fertig ist.
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Sie hatten bereits unter Lucien Favre bei Borussia Mönchengladbach gearbeitet. Was für ein Trainer und Mensch ist er überhaupt?
Dante: Er überlässt nichts dem Zufall. Er ist sehr akribisch und von Details besessen. Ohne ihn hätte ich es nie soweit geschafft. In Gladbach bin ich dank seiner Arbeit und seiner Ratschläge besser und reifen geworden. Ich bin ihm sehr dankbar.
Vor ein paar Tagen haben Sie in einem Sport-Bild-Interview Pep Guardiola hart kritisiert, bevor Sie dann zurückgerudert haben. Was bleibt in Erinnerung von der gemeinsamen Zeit in München?
Dante: Vielleicht kommuniziert er weniger mit seinen Spielern als andere Trainer, aber im taktischen Bereich ist er ein Meister. Unter ihm habe ich wahnsinnig viel gelernt und bin dadurch ein besserer Spieler geworden. Dank seiner Akribie ist der FC Bayern spielerisch unberechenbarer denn je geworden.
Nun geht es zum Auftakt in der Europa League gegen Schalke 04. Freuen Sie sich eigentlich mehr auf das Wiedersehen mit Schalke oder auf das Wiedersehen mit Naldo?
Dante: Auf beides. Ich freue mich, so schnell wieder gegen eine Bundesliga-Mannschaft zu treffen, aber auch auf meinen Ex-Mitspieler vom VfL Wolfsburg. Ich hoffe sehr, dass er nach der Partie mit mir sein Trikot tauscht (lacht). Er gehört auf jeden Fall zu meinen besten Freunden.
Wie sehen Sie diese Gruppe, dazu mit Salzburg und Krasnodar?
Dante: Es ist eine ausgeglichene Gruppe. Wir werden alles versuchen, um in diesem Wettbewerb zu überwintern. Schalke 04 ist der Favorit und wir peilen den zweiten Platz an.
Wie stark schätzen Sie dieses neue Schalke 04 ein?
Dante: Ich finde die Mischung aus Stars wie Klaas-Jan Huntelaar, Naldo, Benedikt Höwedes und Neuzugang Benjamin Stambouli und Talenten wie Max Meyer, Abdul Rahman Baba oder Breel Embolo richtig gut. Die Schalker haben sich hervorragend verstärkt.