Essen. Momentan können englische Klubs unbegrenzt viele Spieler aus EU-Staaten verpflichten. Für alle andere Länder gelten strenge Beschränkungen.

Durch den Brexit drohen auch dem britschen Sport und besonders dem Profifußball enorme Auswirkungen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen, die sich nach dem bevorstehenden Ausstieg Großbritanniens aus der EU stellen.

Gibt es Folgen für die britischen Fußball-Nationalmannschaften bei der EM und für die Klubs der Premier League in der Champions League?

Nein. Nicht die EU, sondern die Uefa, also der Europäische Fußball-Verband, ist dafür zuständig. An der Uefa-Mitgliedschaft Englands, Nordirlands, Wales’ und Schottlands ändert der Brexit nichts.

Welche Auswirkungen hat das Votum für den Profifußball?

Drastische Folgen sind möglich. Die Gesetze werden aber nicht von heute auf morgen gekippt, und bestehende Verträge sollen auch ihre Gültigkeit behalten. „Ich bin schockiert“, sagt Ralf Bockstedte, Essener Rechtsanwalt, Dozent für Sportrecht und Spielerberater. „Das Verbandsrecht hat eine gewisse Autonomie. Ich glaube und hoffe nicht, dass der englische Verband FA die Sonderregelungen für Spieler aus der EU aufheben wird. Er würde sich selbst schaden, weil es um sehr viel Geld geht.“

Wie sehen die derzeitigen Regelungen in der FA aus?

Englische Klubs können eine unbegrenzte Zahl von Spielern aus der EU verpflichten. Für Fußballer aus anderen Nationen gelten dagegen strikte Beschränkungen. Die Erteilung einer Arbeitserlaubnis hängt vom Weltranglistenplatz des Herkunftslandes ab. Ein Profi aus einem Top-10-Land muss in den vergangenen zwei Jahren 30 Prozent der Länderspiele mitgemacht haben. Weder Robert Huth (Leicester City) noch EM-Teilnehmer Emre Can (FC Liverpool) hätten unter diesen Auflagen nach England wechseln können. Leicester hätte nicht Torhüter Ron-Robert Zieler holen können – und die Wechsel-Spekulationen um Schalkes Leroy Sané hätten sich zumindest nicht um englische Klubs drehen können.

Sind auch englische Fußballer betroffen, die nach Deutschland wechseln wollen?

Nein. „In Deutschland sind die Regelungen liberal“, sagt Ulf Baranowsky, der Geschäftsführer der deutschen Spielergewerkschaft VdV. „Bei uns dürften in der 1. und 2. Bundesliga auch elf Engländer spielen. Die Bundesliga profitiert von ihrer Weltoffenheit.“

Wie würden sich die Ablösesummen entwickeln?

Da die Zahl der zugelassenen EU-Profis wesentlich geringer wäre, würde der Preis für sie wohl noch weiter in die Höhe schießen. Und die englischen Klubs müssten zusätzlich noch mehr Geld ausgeben, da das britische Pfund im Vergleich zum Euro erheblich an Wert verliert.

Wie wirkt sich der Brexit auf die Nachwuchsarbeit aus?

Bisher dürfen Talente aus der EU schon mit 16 Jahren von englischen Klubs verpflichtet werden. Möglicherweise demnächst erst mit 18.

Wie reagieren Englands Fußballer?

Einhellig enttäuscht. Ex-Fußballstar Gary Lineker formulierte es drastisch: „Verdammte Scheiße! Ich schäme mich für meine Generation.“