Frankfurt.. Über vier Monate hat eine Kanzlei die Vorgänge rund um die Fußball-WM-Vergabe 2006 an Deutschland geprüft. Freitag werden die Ergebnisse präsentiert.

Zeit, dass sich was dreht. So hieß das offizielle Lied von Herbert Grönemeyer zur Weltmeisterschaft 2006. Und es könnte auch das Motto der Ermittlungen sein, die die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer in den letzten viereinhalb Monaten angestellt hat, um die dubiosen Vorgänge rund um die Vergabe des Turniers nach Deutschland aufzuklären. Am Freitag werden die Ergebnisse zunächst dem Vorstand des Deutschen Fußball-Bundes und dann der Öffentlichkeit vorgestellt.

Es geht um den Glauben an den Fußball. Ist das Sommermärchen, das ganz Deutschland begeistert hat, in Wahrheit mit unlauteren Mitteln zustande gekommen?

Im Kern der Ermittlungen geht es um eine Summe in Höhe von 6,7 Millionen Euro, die der inzwischen verstorbene Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus dem WM-Organisationskomitee als Darlehen zur Verfügung stellte. Das Geld ging an den Weltfußball-Verband Fifa. Angeblich, um einen Zuschuss für die WM zu sichern. Später erhielt Louis-Dreyfus das Geld über den Umweg eines Fifa-Kontos zurück – vom WM-OK wurde die Rückzahlung falsch deklariert.

Wurde das Darlehen für andere, anrüchige Zwecke eingesetzt? Sylvia Schenk von Transparency International glaubt das nicht: „Ich gehe nicht davon aus, dass damit Stimmen für die WM-Vergabe gekauft wurden“, sagt die Anti-Korruptions-Expertin. Sie sieht aber andere mögliche Hinweise auf Bestechung. Da wäre zum einen die Vereinbarung von OK-Präsident Franz Beckenbauer mit dem früheren Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner. Vier Tage vor der WM-Vergabe waren Warner in einem Vertragsentwurf „diverse Leistungen“ zugesagt worden. Dabei ging es um Dinge wie die Unterstützung von Trainern beim Kontinentalverband Concacaf oder Tickets für WM-Spiele. Ob das Abkommen je zustande kam, ist offen. „Dabei handelt es sich möglicherweise um einen Bestechungsversuch“, sagt Schenk, gibt aber zu bedenken: „Dazu haben wir keine Fakten auf dem Tisch liegen.“

Neue DFB-Spitze will Änderungen vornehmen

„In einer Grauzone“ haben sich für Schenk weitere Dinge abgespielt, die einer Bestechung zumindest nahe kommen. „Etwa die Tatsache, dass Bayern München vor der Vergabe der WM Freundschaftsspiele in Ländern zugesagt hat, aus denen sich Deutschland Stimmen für die Bewerbung erhofft hat.“ Viele Fragen sind im Laufe der Ermittlungen aufgeworfen worden. Freshfields soll nun Antworten liefern.

Seit Beginn der Ermittlungen hat sich bereits einiges gedreht. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach ist im November 2015 zurückgetreten. Vize-Generalsekretär Stefan Hans wurde entlassen. Zuletzt gab auch Generalsekretär Helmut Sandrock sein Amt auf. Weitere Veränderungen sind zu erwarten. Auf einer Pressekonferenz äußert sich heute der aktuelle Vorstand des DFB, der sich aus den beiden kommissarischen Präsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch sowie dem Schatzmeister und designierten neuen Präsidenten Reinhard Grindel zusammensetzt, zu den Ermittlungsergebnissen. Das Trio hat schon im Vorfeld angekündigt, die Ergebnisse des Freshfields-Reports aufzuarbeiten und strukturelle Änderungen vornehmen zu wollen.

Konsequenzen müssen folgen

Schenk begrüßt das. Sie hält es für wichtig, dass der gesamte Freshfields-Report öffentlich gemacht wird und Konsequenzen gezogen werden. „Der Sport wird dadurch sauberer, dass Dinge ans Licht kommen und in der Folge Verantwortliche, die noch ein Amt bekleiden, rausgekickt werden. Ihre Nachfolger wissen von Anfang an, dass sie unter Beobachtung stehen. Es ist wichtig, dass es Bewegung gibt.“ Wie 2006 ist also auch heute wieder Zeit, dass sich was dreht.