Frankfurt/Main. Wolfgang Niersbach soll schon vor seinem Rücktritt als DFB-Chef von dem ominösen Vertrag zwischen Franz Beckenbauer und Jack Warner gewusst haben.

Der zurückgetretene DFB-Präsident Wolfgang Niersbach soll schon länger von dem ominösen Vertragsentwurf zwischen Franz Beckenbauer und Jack Warner gewusst haben. Dies berichten übereinstimmend das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und die "Süddeutsche Zeitung" am Donnerstag. Laut Spiegel-Recherchen soll dieses Wissen sogar die Ursache für den Rücktritt von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach am vergangenen Montag gewesen sein. Dem Nachrichtenmagazin zu Folge soll es demnach doch eine persönliche Verfehlung gewesen sein, die ihm zum Vorwurf gemacht wurde. Neben Niersbach soll auch der amtierende Generalsekretär Helmut Sandrock von dessen Stellvertreter Stefan Hans über das Schreiben informiert worden sein, schrieb die "SZ". Damit gerät Sandrock erstmals in der WM-Affäre ebenfalls ins Zwielicht.

Niersbach hatte jegliches Wissen um einen Bestechungsversuch bei der Vergabe zur WM 2006 abgestritten. Der Deutsche Fußball-Bund wollte sich wegen laufenden Ermittlungen in beiden Medien nicht zu den neuen Details äußern und war auf Anfrage nicht zu erreichen.

Niersbach bereits früh in Kenntnis gesetzt

Das Papier hatte dem damaligen Fifa-Wahlmann Warner aus Trinidad und Tobago Vorteile garantiert, es ist aber unklar, ob dies je umgesetzt wurde. Das Schreiben soll von Hans im Archiv des Verbandes entdeckt worden sein, nachdem die Recherchen nach der dubiosen 6,7-Millionen-Euro-Zahlung des DFB an die Fifa begonnen hatten.

Hans hat nach Angaben der "SZ" in einem Brief den Mitgliedern des DFB-Präsidiums mitgeteilt, dass er damals Niersbach und Generalsekretär Sandrock unverzüglich telefonisch von seinem Fund in Kenntnis gesetzt habe - und zwar vor der Pressekonferenz Niersbachs am 22. Oktober. Damals konnte der 64-Jährige viele Fragen nicht beantworten, sagte aber: "Die Kernbotschaft ist: Es ist bei der WM-Vergabe 2006 alles mit rechten Dingen zugegangen. Es hat keine schwarzen Kassen gegeben, es hat keinen Stimmenkauf gegeben."

Niersbach gab Hans Rückendeckung

Niersbach selbst hatte am Mittwoch noch Hans gegen den Vorwurf in Schutz genommen, wonach dieser Informationen nicht weitergeleitet habe. Dieser sei seit über zehn Jahren einer seiner wichtigsten Mitarbeiter und habe ihn "konkret ausgiebig informiert". Allerdings sprach Niersbach dabei nicht explizit von dem brisanten Dokument. Er hatte nach eigenen Angaben im vergangenen Sommer interne Ermittlungen eingeleitet, um den Verbleib einer dubiosen 6,7-Millionen-Euro Zahlung des DFB an die Fifa aus dem Jahr 2005 zu klären.

Das nun aufgetauchte brisante Schreiben hatte zuletzt DFB-Interimspräsident Rainer Koch bestätigt. Unterschrieben hat das Papier laut DFB-Darstellung Beckenbauer, den Entwurf soll der einstige OK-Vizepräsident Fedor Radmann paraphiert haben. Vier Tage vor der Abstimmung zur WM-Vergabe waren demnach dem inzwischen wegen Korruption gesperrten Fifa-Vizepräsidenten Warner "diverse Leistungen" zugesagt werden.

Koch, Rauball und Grindel stellten Niersbach zur Rede

Nach Angaben des "Spiegel" hat Niersbach seine Präsidiumskollegen über das Dokument nicht informiert. Diese stießen durch die externen Prüfungen durch die Frankfurter Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer darauf. Die DFB-Vizepräsidenten Koch und Reinhard Rauball, die am Montag vorerst das Führungsamt von Niersbach übernahmen, sowie Schatzmeister Reinhard Grindel sollen Niersbach daraufhin zur Rede gestellt haben. Stunden später folgte der Rücktritt des DFB-Chefs. (dpa)