Frankfurt. . DFB-Präsident Wolfgang Niersbach muss um sein Amt fürchten. Bislang fehlt der Name Wolfgang Niersbach noch auf der Gästeliste beim Sportpresseball.

Was war das damals genau vor einem Jahr für ein Blitzlichtgewitter auf dem roten Teppich vor der Alten Oper in Frankfurt. Der Herr mit Smoking und Fliege stand kerzengerade da und lächelte unentwegt, an seine Seite schmiegte sich eine deutlich jüngere Partnerin, die ein Abendkleid mit schwarz schimmerndem Unterteil und silbrig glänzendem Oberteil trug. Das Getuschel an den Stehtischen im Foyer nahm fast Zimmerlautstärke an, aber er hatte es tatsächlich getan – und sie beim Sportpresseball erstmals öffentlich präsentiert. Wolfgang Niersbach, der DFB-Präsident, war mit seiner neuen Lebensgefährtin Marion Popp gekommen, die vormals mit Marcus Höfl, dem Berater von Franz Beckenbauer, liiert war.

Niersbach im Mittelpunkt beim Sportpresseball

Das Aufsehen geriet so groß, dass sogar Stars und Sternchen zurückstehen mussten. Wenn es eines Beweises bedurfte, dass der oberste Dienstherr eines als stocksteif verschrienen Verbandes auch zum Strahlemann taugt, dann erbrachte ihn Niersbach in dieser Nacht, in der die Grenzen zwischen Sportlern, Wirtschaftsbossen, Politikern und Showstars verschwammen.

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Ein Jahr später stehen auf der Gästeliste wieder allerlei illustre Namen: Lothar Matthäus wird an diesem Samstag zur Legende des Sports gekürt, auch Michael Ballack und Jupp Heynckes haben sich angesagt. Der Name Niersbach fehlt bislang. Der Veranstalter teilte am Freitag mit, er habe die Hoffnung auf dessen Erscheinen nicht aufgegeben. Immerhin will ja auch der Generalsekretär und Niersbach-Vertraute Helmut Sandrock kommen.

Ein missglückter Befreiungsschlag

Aber wäre der Auftritt bei diesem Fest das richtige Signal? Weder dem bis zur Basis verunsicherten Verband noch dem angeschlagenen Anführer ist auch nur ansatzweise nach Feiern zumute. Die Stimmung hat sich komplett gedreht. Vor dem Anwesen des DFB-Chefs in Dreieich harren die Fotografen aus. Und es sollen keine schönen Schnappschüsse werden. Das ist völlig neu für den einstigen Agenturjournalisten, der es mit seiner Art doch immer geschafft hatte, seine direkte Umgebung für sich zu gewinnen. Der gebürtige Rheinländer galt als verbindlich, verlässlich – bis auch ihn die Wirren um den korrupten Weltverband erfassten.

Niersbach wusste seit längerem, dass eine WM bekommt, wer sich die Fifa und ihre Entscheider irgendwie gefügig macht – den Groll gegen die allmächtige Organisation vom Züricher Sonnenberg hat er in Hintergrundgesprächen nicht nur einmal vorgetragen. Das macht seine Versäumnisse im Fall der mysteriös verschwundenen 6,7 Millionen Euro und einer von ihm als Generalsekretär 2007 unterschriebenen Steuererklärung nicht besser. Auch deshalb dämmert es dem 64-Jährigen, dass er spätestens nach seinem grandios missglückten Befreiungsschlag – einer eilig einberufenen Pressekonferenz – in alle Richtungen denken muss. Wenn viele Medien mit ähnlichen Argumenten seinen Rücktritt oder zumindest das Ruhen seiner Amtsgeschäfte fordern, dann ist Gefahr im Verzuge. Denkbar ist auch ein außerordentlicher Bundestag, um den Mitgliedern die Entscheidung zu überlassen.

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Nach allem, was aus den derzeit scheinbar schalldicht isolierten Wänden der DFB-Zentrale im Frankfurter Stadtwald nach draußen dringt, könnte das tatsächlich ein sehr wahrscheinliches Szenario sein, mit dem Niersbach am Montag von den Vorsitzenden der 21 Landesverbände konfrontiert wird. Die andere Variante wäre eine vorgezogene Vorstandssitzung. Dem Vernehmen nach wird es noch nicht zur Palastrevolution kommen, aber die Präsidiumssitzung wird gewiss ein Stimmungsbild bringen. Und sicher ist, dass Niersbach – nicht nur wegen der ständigen Querschüsse seines Vorgängers und Erzfeindes Theo Zwanziger – angespannt ist. Sein Lachen hat er verloren.

Nähe zu den Fußball-Größen

Beste Laune verbreitete der Hobby-Tennisspieler, dem das gemeinsame Bier im Vereinsheim mit den alten Kumpels heilig ist, immer dann, wenn ihn Fußball-Größen umgaben. Die Kumpanei hat er genossen, auch wenn ihm häufig schon vorgehalten wurde, als Funktionär des größten Sportverbandes der Welt sei bitte mehr gefragt. Niersbachs enge Bande mit fast allen Weggefährten der WM 1990, die er einst als Medienchef mit orchestrieren durfte, ist verbürgt. Überhaupt haben ihn die in verschiedenen Rollen erlebten WM-Turniere besonders geprägt; er kann auf Knopfdruck Ereignisse und Anekdoten abrufen. Niersbach hat die Nähe zu denjenigen, die berühmter und mächtiger waren als er selbst, immer genossen – bis er selbst zu einem Machthaber aufstieg. Was er dabei unterschätzte: all die Tretminen, die in diesem Revier versteckt sind. Ein Laufsteg ist da viel sicherer. Das Problem: Eigentlich ist das nicht seine Welt.