Frankfurt am Main. In der WM-Affäre hat Ex-Präsident Zwanziger vor externen DFB-Ermittlern ausgesagt. Die “SZ“ berichtet von neuer Spur zu einer schwarzen Fifa-Kasse.
Schlüsselfigur Theo Zwanziger hat sich in der WM-Affäre den externen DFB-Ermittlern gestellt und eine Privatfehde mit seinem Nachfolger bestritten. "Es geht hier nicht um eine Sache: Zwanziger gegen Niersbach oder den DFB", sagte der frühere Präsident des Deutschen Fußball-Bunds der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf Amtsinhaber Wolfgang Niersbach. "Sondern es geht um die Wahrheit und die Aufklärung einer ungemein wichtigen Angelegenheit."
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Zwei Tage nach Franz Beckenbauer traf sich Zwanziger am Mittwochabend mit den Mitarbeitern der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. "Ich habe dort alle meine Dokumente vorgelegt, meine Anmerkungen und meine Einschätzungen präsentiert", sagte der 70-Jährige. Zwanziger hatte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" von "einer schwarzen Kasse" in der deutschen Bewerbung für die WM 2006 berichtet.
Radmann: "Keiner hat sich irgendwie bereichert"
Er behauptet auch, dass der frühere Nationalspieler Günter Netzer ihm gegenüber die Bestechung von vier Fifa-Funktionären vor der Vergabe der WM 2006 an Deutschland eingestanden habe. Und so stehen zwei Wochen nach der Enthüllung von dubiosen Geldflüssen in diesem Skandal weiter Aussagen gegen Aussagen. Denn am Donnerstag meldete sich auch noch einmal der enge Beckenbauer-Vertraute Fedor Radmann zu Wort.
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"Ich könnte beim Leben meiner sechs Kinder beschwören, dass ich felsenfest davon überzeugt bin, dass nicht ein Mensch von uns bestochen wurde. Ich gehe auch so weit: Keiner hat sich irgendwie bereichert", sagte das Mitglied des WM-Organisationskomitees der Wochenzeitung "Die Zeit". "Was in den letzten Tagen passiert ist, ist nicht nur ärgerlich, sondern eine Schande." Der deutsche Fußball würde "an Image verlieren in einem Ausmaß, das man sich gar nicht vorstellen kann."
"SZ" berichtet von neuer Spur zu schwarzer Kasse
Die WM-Affäre wird am kommenden Mittwoch auch den Sportausschuss des Bundestages beschäftigen. Dann soll sich dort Innenstaatssekretär Ole Schröder erklären, da das Bundesinnenministerium nicht nur für den Sport zuständig ist, sondern auch in die WM-Vorbereitungen eingebunden war. Die "Süddeutsche Zeitung" verglich den Skandal am Donnerstag mit einem Puzzle mit 1000 Teilen. "Viele Teile liegen wild auf dem Tisch, aber wie passen sie zusammen?"
Die "SZ" geht in ihrem Bericht noch einer neuen Spur nach. Demzufolge geht es in diesem Skandal möglicherweise nicht um Stimmenkauf vor der WM-Vergabe, sondern um eine schwarze Kasse beim Weltverband Fifa selbst. Unter Berufung auf gleich mehrere Quellen beim Deutschen Fußball-Bund schreibt die Zeitung, dass die ominösen 6,7 Millionen Euro des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus im Jahr 2005 möglicherweise nie an den Franzosen zurückgeflossen sind, sondern auf ein anderes Konto in der Schweiz.
Fifa und Zwanziger äußern sich nicht
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Ziel dieser Transaktion sei es gewesen, "eine schwarze Kasse im Einflussbereich der Fifa zu füllen. Eine schwarze Kasse für einen einzelnen Fifa-Funktionär oder eine Fifa-Interessengemeinschaft", heißt es in dem Bericht.
Der Weltverband selbst erklärte dazu am Donnerstag auf Anfrage nur, dass er vorerst "keine weitere Stellungnahme" abgeben wird. Auch Zwanziger wollte die SZ-Recherchen nicht kommentieren. Als Vizepräsident des Organisationskomitees hatte er die Rückzahlung des dubiosen Dreyfus-Darlehens selbst freigegeben - obwohl er wusste, dass der angegebene Verwendungszweck "WM-Kulturprogramm" nicht stimmt.
"Bild"-Bericht bestätigt Version des DFB
Im Widerspruch zu diesen Recherchen steht auch ein Bericht der "Bild"-Zeitung (Donnerstag), der sich auf die amerikanische Kanzlei Quinn Emanuel beruft, die im Auftrag des Fußball-Weltverbandes die Konten der Fifa überprüft. Danach sind in der Schweiz Belege dafür gefunden worden, dass die Rückzahlung der Dreyfus-Millionen genauso verlief, wie bislang immer vom DFB dargestellt: Getarnt als Beitrag für eine WM-Gala habe das deutsche Organisationskomitee die 6,7 Millionen 2005 an die Fifa überwiesen, die das Geld noch am selben Tag auf ein Dreyfus-Konto weitergeleitet habe.
Angesprochen auf die unterschiedlichen Berichte über diese Zahlung, sagte Zwanziger: "Das Letzte was ich gemacht habe, ist die Unterschrift unter das Schreiben an die Fifa am 19. April 2005." Das war die Aufforderung an den Weltverband, die 6,7 Millionen Euro direkt an Louis-Dreyfus weiterzuleiten. Der frühere DFB-Präsident glaubt nach eigenen Angaben nach wie vor, dass das Geld wie vereinbart an den Franzosen zurückgeflossen sei. Dass es aber tatsächlich auf einem anderen Fifa-Konto gelandet sei, wie von der "SZ" beschrieben, wollte er nicht ausschließen.
Dreyfus-Darlehen als mutmaßlicher Kern der Affäre
Das Darlehen von Louis-Dreyfus ist der mutmaßlich entscheidende Punkt der gesamten Affäre. Nach Darstellung des DFB haben der damalige OK-Chef Franz Beckenbauer und Fifa-Präsident Joseph Blatter diese Zahlung im Jahr 2002 in einem Vier-Augen-Gespräch eingefädelt. Was mit diesem Geld passiert ist, ist weiterhin unklar.
Laut "Spiegel"-Recherchen wurden damit möglicherweise Fifa-Funktionäre bestochen, Beckenbauer und der DFB sprechen von einer Provisionszahlung zur Sicherung eines riesigen Organisationszuschusses für die WM. Jetzt kommen auch noch die Zweifel an der Rückzahlung des Geldes 2005 hinzu. (dpa)