Hamburg/Essen. “Die letzten fünf Jahre waren grauenvoll. Die letzten drei Jahre grottenschlecht.“ HSV-Legende Uwe Seeler spricht im Interview über das Leiden mit seinem Verein.

Pokal-Pleite, Rucksack-Affäre, das kopierte T-Shirt-Motiv von Hertha BSC: Der Hamburger SV sammelt derzeit negative Schlagzeilen und Peinlichkeiten. Am Freitag eröffnet der Bundesliga-Dino beim Meister FC Bayern München die Saison. Dort gab es im letzten Duell im Februar ein 0:8. Wir sprachen mit HSV-Legende Uwe Seeler, der sich Sorgen um seinen Verein macht.

Herr Seeler, Saisonstart bei den Bayern. Das ist eine Hausnummer.

Uwe Seeler: Ausgerechnet bei den Bayern. Ich hoffe, dass es nicht zu schlimm wird. Wir werden nicht gewinnen (lacht), aber hoffentlich auch nicht untergehen. Das ist wichtig für die Moral und für einen ordentlichen Saisonstart.

Haben Sie Hoffnung auf Besserung?

Seeler: Ich hoffe schon, dass es besser wird. Und dann frage ich mich: Kann es noch schlechter werden? In den letztem zehn Jahren wurden bei uns viele Fehler gemacht. Und meist die gleichen immer wieder. Die letzten fünf Jahre waren grauenvoll. Die letzten drei Jahre grottenschlecht. Ich leide sehr mit. Das sagen mir auch immer wieder Fans: Mensch, Uwe, wie siehst du aus, fragen die. Es tut schon weh.

Was hat der HSV falsch gemacht?

Seeler: Wir hatten keine Mannschaft und keine richtige Führung. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen jetzt aufgewacht sind. Aber das habe ich auch letztes Jahr nach der Relegation gehofft. Und dann sind wir am Ende der Saison, Gott sei Dank, wieder knapp dem Abstieg entronnen. Ob das wieder so klappt?

Was muss besser werden?

Seeler: Fußball ist ein Mannschaftssport. Und wir müssen wieder eine Mannschaft aufbauen, die auch den Namen Mannschaft verdient. Mit Spielern, bei denen das Herz für den Verein schlägt. Mit Zusammenhalt, Selbstvertrauen und Begeisterung. Das muss man auf dem Rasen sehen, das muss sich auf die Fans übertragen. Da musst du gar nicht immer gewinnen. Aber du musst zeigen, dass du dich reinhängst.

Der HSV hat ja durchaus gute Spieler im Kader, wie Rene Adler, Pierre-Michel Lasogga oder Nicolai Müller.

Seeler: Aber die Führungsspieler müssen sich mehr zeigen. Wir brauchen wieder eine gute Deckung. Damit bekommst du Stabilität. Die fehlte zuletzt komplett. Da wurden ständig Fehler gemacht. Das müssen sich die Jungs abgewöhnen. Und vorne brauchst du einen Hero. Der muss mit Bällen gefüttert werden, der muss knipsen. Es ist eine einfache Wahrheit: Ohne Tore kannst du nicht gewinnen.

Trauen Sie Trainer Bruno Labbadia zu, den HSV aus dem Schlamassel zu führen?

Seeler: Bruno ist erfahren, ehrgeizig und routiniert, er kennt das Geschäft. Er weiß genau, was er tut.

Erstmals seit 2001 läuft der HSV diese Saison wieder im Volksparkstadion auf, in dem auch Sie Ihre Tore erzielt haben. Macht das etwas Hoffnung?

Seeler: Ach wissen Sie, Fußball ist ein großes Geschäft. Und ich habe für die Vermarktung Verständnis. Ich denke, vielen Fans wird es so gut gefallen. Der Name ist einfach gut verwurzelt. Wie der HSV in der Bundesliga.