New York. FBI-Kronzeuge Chuck Blazer gesteht, dass er und andere Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees Bestechungsgelder bei den WM-Vergaben akzeptiert hatten.
Auf 40 Seiten, schwarz auf weiß, mit einer roten Identifizierungsnummer am Rand ist das Protokoll festgehalten, in dem Chuck Blazer als erster ehemaliger FIFA-Funktionär vor einem ordentlichen US-Gericht Korruption und Bestechung vor WM-Vergaben vollumfänglich zugibt. Die Veröffentlichung der Aussage des früheren Mitglieds des FIFA-Exekutivkomitees in Brooklyn, New York aus dem Jahr 2013 am Mittwochabend bringt neue Erkenntnisse im jüngsten Korruptionsskandal um den Fußball-Weltverband. Sie bringt aber auch FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke womöglich in Bedrängnis.
Blazer räumt ein, dass er gemeinsam mit namentlich nicht genannten Mitgliedern des FIFA-Exekutivkomitees und einem Mitverschwörer - dem Vernehmen nach der namentlich ebenfalls nicht genannte frühere FIFA-Vizepräsident Jack Warner aus Trinidad und Tobago - Schmiergeld vom späteren WM-Gastgeber 2010 Südafrika erhalten habe. Eine viel diskutierte Zahlung von zehn Millionen Dollar über ein FIFA-Konto unter angeblich möglicher Mitwisserschaft von Valcke wird in den Unterlagen nicht explizit genannt.
Doch die Indizien deuten darauf hin, dass Blazer diesen Deal in seinem Geständnis als Bestechung einstufte. Valcke bezeichnete den Vorgang bislang als legale Zahlung Südafrikas für die Fußball- Entwicklung in Mittelamerika, die zudem vom damaligen, mittlerweile gestorbenen, FIFA-Funktionär Julio Grondona freigegeben worden sei und nicht von ihm. Eine Reaktion Valckes auf die Aussagen Blazers stand noch aus. Die WM-Organisatoren in Südafrika haben Bestechungsvorwürfe zurückgewiesen.
Ein weiterer Vorwurf aus den in der Vorwoche publik gewordenen Ermittlungsakten von US-Justizministerin Loretta Lynch wird durch Blazers Aussage auch bestätigt. Auch vor der WM 1998, die letztlich nach Frankreich ging, gab es Bestechung im FIFA-Apparat. Blazer gab zu, vor der Vergabe eine Zahlung erhalten zu haben - allerdings nicht von wem. Laut US-Behörden kam die Zuwendung vom gescheiterten Kandidaten Marokko.
Dorthin soll sich Blazer auch vor der Vergabe für 2010 gewendet haben. Als die Signale aus der FIFA-Zentrale Richtung Südafrika als WM-Favoriten gingen, wurde aber dort der Deal eingefädelt, hieß es in dem schon in der Vorwoche veröffentlichten Report des US-Justizministeriums.
Die nun publiken Aussagen bringen kurz nach der Rücktrittsankündigung von Präsident Joseph Blatter neuen Schwung in die FIFA-Affäre. Der scheidende Chef des Weltverbandes wird in dem Gerichtsprotokoll nicht erwähnt. Blatter hatte stets jede Verwicklung in irreguläre Geschäfte bestritten. Weiter unbestätigt sind Berichte von US-Medien, nach denen das FBI auch gegen den 79-Jährigen ermitteln soll.
Mit den Turnieren 1998 und 2010 sowie der ebenfalls in weiteren Verfahren untersuchten Vergabe der WM 2018 an Russland und der WM 2022 in Katar stehen insgesamt vier Endrundenturniere unter Korruptionsverdacht. Keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten förderte die Blazer-Befragung für die WM 2006 in Deutschland zutage. Damals war Südafrika knapp an der DFB-Bewerbung gescheitert.
Die Funktionärskarriere von Blazer endete 2013. Der schwer erkrankte Amerikaner hatte früh mit den Behörden kooperiert und soll bei den Olympischen Spielen Gespräche in Funktionärskreisen heimlich aufgenommen haben. Nach der Anhörung in New York kam er gegen eine Kaution von zehn Millionen Dollar frei. Derzeit soll er wegen einer schweren Erkrankung im Hospital sein. Von der FIFA gab es vorerst keine Reaktion zu den Blazer-Aussagen. (dpa)