München. Der FC Bayern hat beim 6:1-Sieg im Champions-League-Rückspiel gegen Porto Willensstärke bewiesen. Der Triumph könnte ein Schlüsselerlebnis sein.

Heiterkeit und Erleichterung prägten auch den Tag danach. Vergnügt versammelte sich die Mannschaft des FC Bayern am Mittwoch zum Regenerieren vom rauschhaften Erlebnis des Vorabends. Trainer Pep Guardiola hatte die Vorhänge rund um das Gelände an der Säbener Straße nicht zuziehen lassen. Fröhlich beklatscht von den Kollegen und Zuschauern wurde die Rückkehr ins Mannschaftstraining von Javier Martinez nach gut acht Monaten und einem Totalschaden im linken Knie. Die Bayern-Welt, sie schien nach diesem spektakulären Einzug ins Halbfinale der Champions League wieder sehr heil.

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Abgewendet worden war durch das 6:1 gegen den FC Porto ein Krisenszenario, das die Münchener im Falle des Scheiterns erfasst hätte. Die Debatte über Guardiolas Lehre und vor allem über seinen Einfluss auf das Binnenklima des Vereins hätte gefährliche Züge annehmen können nach dem Machtkampf mit dem nach dem 1:3 im Hinspiel zurückgetretenen Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. So aber durfte sich der Trainer nach seinem 100. Pflichtspiel für die Münchener samt erstmals geplatzter Hosennaht nun nicht nur als Taktikgenie feiern lassen. Auch seinen Profis könnten nach diesem Monument eines Spiels unter großem Druck regelrecht Flügel wachsen. Wie Philipp Lahm, der es sogar schaffte, Arjen Robben und Thomas Müller in einer Person zu sein.

FC Bayern wendet das Krisenszenario noch einmal ab

„Ungefähr vor 17 Jahren“ habe er zuletzt als Rechtsaußen gespielt, erzählte der Kapitän und witzelte in Müller-Manier: „Aber ich bin ja auch ein ähnlicher Spielertyp wie Franck und Arjen. Das weiß jeder, dass ich gern ins Tempodribbling gehe.“ Die noch nicht wieder fitten Flügelartisten Ribéry und Robben hatten den vierten Halbfinal-Einzug des FC Bayern in Folge von draußen bejubelt und zuvor all die Treffer von Thiago, Jerome Boateng, Robert Lewandowski (Doppeltorschütze), Thomas Müller und Xabi Alonso, von denen vier durch das konsequente Spiel durch das angestammte Revier der beiden verletzten Solisten eingeleitet worden waren.

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Statt wie im Hinspiel durch die Mitte anzulaufen, hatte der FC Bayern den zuvor so kompakten Gegner über die Außen aufgefächert. In jenem Bereich also, wo Porto die beiden angestammten Verteidiger Danilo und Alex Sandro nun wegen Gelbsperren fehlten. Guardiolas kühner Plan war perfekt aufgegangen, mit Lahm als ungeübtem Rechtsaußen und Mario Götze im Verbund mit Juan Bernat auf links. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge lobhudelte beschwingt: „Wir können froh sein, so einen ausgefuchsten Trainer zu haben.“

Kehrt Müller-Wohlfahrt womöglich bald zurück?

Gestärkt ging aber nicht nur Guardiola aus dieser großen Nacht hervor, nach der sogar eine Rückkehr von Müller-Wohlfahrt in Aussicht gestellt wurde, der viele Spieler ohnehin weiterbehandelt. Vor allem auf die kickende Belegschaft könnte der beeindruckende Erfolg wirken wie ein Schlüsselerlebnis. Das hoffen sie jedenfalls beim FC Bayern, und sie glauben vor der Auslosung des Halbfinals am Freitag nun auch wieder mit viel Selbstvertrauen, dass es etwas werden kann mit dem erhofften Triple, zumal die Rückkehr von Robben und Ribéry bald ansteht.

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Müller zumindest befand nach dieser „faszinierenden Mannschaftsleistung“: „Es war schon ein Statement-Sieg.“ Und einer, der etwas erzählte über den Willen der Spieler. „Wir haben immer davon gesprochen, dass wir ein bisschen auf dem Zahnfleisch gehen“, sagte Müller, „aber es ist ein gutes Zahnfleisch.“

Bayerns Thiago mit Glanzauftritt gegen Porto

Exemplarisch dafür stand Thiago, der nach einem Jahr Verletzungspause erst Anfang April sein Comeback gegeben hatte. Nun hatte er in beiden Viertelfinals getroffen und war diesmal als Fixpunkt im Zen­trum aufgetreten.

Deshalb sah er die Zeit gekommen für eine Botschaft, die über den Abend hinausreichte, wie ein Versprechen. „Alles, was wir geplant haben, ist aufgegangen. Manchmal sogar mehr als das“, sagte der 24-Jährige. „Wir mögen diesen Druck, wir sind dafür geboren. Druck ist gut.“ Mindestens bis zum Halbfinale ist sie wieder heil, die Bayern-Welt.