Bremen. Jürgen Klopp vergrub nach dem 1:2 (0:1) bei Werder Bremen die Hände tief in den Jackentaschen, sammelte sich kurz und wehrte sich dann vehement gegen jegliche Fluchtgedanken.
"Ich stehe voll in der Verantwortung. Ich werde nicht einfach hinwerfen und mir das Ganze aus der Distanz angucken, was die Jungs so treiben", sagte der Trainer von Borussia Dortmund. Mit Mainz hat er vor Jahren die Abstiegsangst durchlebt, mit dem westfälischen Champions-League-Achtelfinalisten hätte wohl auch er eine ähnliche Notlage nicht für möglich gehalten. "Dass wir jetzt dastehen wie die Vollidioten, das geschieht uns recht", bekannte Klopp.
Doch auch nach einer Bundesliga-Hinrunde voller Tiefschläge gibt sich der angeschlagene Fußballlehrer entschlossen und überzeugt, das Team selbst zur Wende führen zu können. Die Mannschaft stehe hinter ihm, versicherte Klopp: "Daran besteht kein Zweifel." Und auch der Verein hält zum Coach: "Hans-Joachim Watzke, Jürgen Klopp und ich haben uns heute zusammengesetzt, konstruktiv und intensiv diskutiert und die Situation analysiert", sagte Sportdirektor Michael Zorc dem "kicker". Zorc meinte nach einer mehrstündigen Sitzung am Sonntag: "Wir sind der festen Überzeugung, dass es uns gemeinsam gelingen wird, aus der schwierigen aktuellen Situation herauszukommen."
Nach zehn Hinrunden-Niederlagen und einer an Harmlosigkeit kaum zu überbietenden Vorstellung an der Weser sehnt Klopp den Neustart 2015 mit dem gesamten Team herbei. Serienweise verletzte Leistungsträger, formschwache Weltmeister, der Wirbel um Verkehrssünder Marco Reus und die Debatte um taktische Ideenlosigkeit - all das soll nach Weihnachten endlich vergessen sein. Er werde in der dreiwöchigen Vorbereitung hart mit der Mannschaft arbeiten und ein "erbitterter Jäger" sein, kündigte Klopp an.
Die Verpflichtung neuer Spieler im Januar schloss der 47-Jährige nicht aus, ein Allheilmittel sieht er in Einkäufen aber nicht: "Bei aller Ernsthaftigkeit macht Aktionismus keinen Sinn. Wir leben extrem vom Training. Nun müssen wir die Körper wieder in die richtige Verfassung bringen." Der Wille sei seinen Schützlingen nicht abzusprechen, aber besonders der Drei-Tage-Rhythmus durch Bundesliga und Champions League habe ihnen zu schaffen gemacht. "Die Rückrunde wird nicht leichter, aber wir werden vorbereitet sein", sagte Klopp, den Ende Januar gleich ein schweres Gastspiel bei Bayer Leverkusen erwartet.
Symptomatisch für die BVB-Krise steht Mats Hummels, der sich seit Wochen mit Rückenproblemen plagt und auch deshalb vergeblich nach seiner WM-Form suchte. "Wir haben die schlechteste Vorrunde gespielt, die man sich vorstellen kann, die Besorgnis ist schon seit ein paar Wochen groß", sagte der Weltmeister. "Wir stehen zu Recht unten drin, haben nun 17 Spiele Zeit, uns da rauszukämpfen", meinte er.
Gegen Werder agierte Hummels trotz seines Anschlusstores (69. Minute) nach der Führung durch Davie Selke (3.) und Finn Bartels (62.) wieder einmal unglücklich. "Ich denke nicht, dass Leidenschaft oder Einstellung ein Problem sind. Sollten wir alle gesund durch die Vorbereitung gehen, zeigen wir hoffentlich ein anderes Gesicht. Wäre auch interessant, wenn ich einmal schmerzfrei spielen könnte", meinte der Abwehrchef des mit nur vier Punkten schlechtesten Auswärtsteams der Bundesliga. Die aus der Not umformierte Viererkette wurde ein ums andere Mal von den jungen Bremer Angreifern ausgehebelt.
Neben der schlechten Defensive, die nun 26 Gegentreffer kassierte - vier mehr als in der ganzen Meistersaison 10/11 - ist dem BVB seine offensive Stärke abhanden gekommen. Kläglich anzusehen waren die nur im weitesten Sinn als Torchancen zu bezeichnenden Szenen von Shinji Kagawa. "Wir spüren die Gefahr des Abstiegs und können auswärts einfach nicht gewinnen", sagte der Japaner.
Da hatte sogar der Gegner Mitleid. "Dortmund hat mehr Angst, mehr Respekt und mehr Druck", sagte Werders Zlatko Junuzovic, "für sie ist es jetzt brutal".