Bielefeld. Vor nicht einmal vier Jahren spielte Arminia Bielefeld noch in der 1. Fußball-Bundesliga. Sportliche Misere und eine überteuerte Tribüne führten den Club danach fast in die Insolvenz. Jetzt mischt Bielefeld wieder um den Aufstieg in die Zweite Liga mit – woran besonders ein Mainzer großen Anteil hat.

Manch ein Fan verdrehte nur wieder die Augen, als Arminia Bielefeld Co-Trainer Stefan Krämer 2011 zum Chef-Coach machte. Kein großer Name, nein – die billige „Co-zum-Chef“-Lösung. Einige erwarteten den nächsten Tiefpunkt auf der Talfahrt des ehemaligen Erstligisten.

Doch wenn heute auf der „Alm“ die Mannschaftsaufstellung zelebriert wird, hallt der Name Krämer am lautesten durch die Runde. Der 46-jährige Mainzer klopft mit Arminia an die Tür zu Liga zwei – heute Abend um 18 Uhr steht beim VfB Stuttgart II die nächste Härteprobe an. 500 Bielefelder nehmen die weite Reise auf sich. Denn Krämer hat lange Vergessenes zurückgebracht: Erfolg und Hoffnung.

Eine rasante Talfahrt

Nach dem Bundesliga-Abstieg in der Saison 2008/2009 war am Teutoburger Wald davon nicht mehr viel übrig geblieben. Mühsam schien der Weg vom „Bestecherklub“ (Bundesligaskandal 1971) zur „Fahrstuhlmannschaft“ – seit 2004 hatte sich Bielefeld sogar in Liga Eins etabliert und dort fünf Jahre am Stück gespielt.

Danach ging es für die Ostwestfalen rapide bergab: Endlose Personaldiskussionen, eine Tribüne, die schön aussieht, aber plötzlich 19 statt acht Millionen Euro kostet, die Fast-Insolvenz – Fußball? Nebensache. Da lief es allerdings ebenso katastrophal: Der Abstieg aus Liga zwei ist besiegelt, als der DSC 2011 in den Liga-Fonds greift, um nicht pleite zu gehen.

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Die Drittliga-Lizenz ist lange unsicher; und als es doch los geht, steht der Verein nach zehn Spielen mit fünf Punkten auf dem vorletzten Tabellenplatz. Trainer Markus von Ahlen geht – und Stefan Krämers Zeit kommt. „Wir haben damals viel Mitleid abbekommen“, erinnert sich der Mann mit der markanten Haarpracht. „Das ist wohl das Schlimmste, was einem im Fußball passieren kann.“

Doch mit Krämer packt es die Mannschaft. Arminia beendet die Saison auf Platz 13. „Wir haben uns brutal gepuscht“, antwortet er auf die Frage, wie das möglich war. Mit Erfolg: 2013 grüßte Arminia schon als Spitzenreiter. Das Beispiel Alemannia Aachen zeigt, dass die Entwicklung auch anders laufen kann. Nach zwei Abstiegen steht Aachen vor der Insolvenz und dem Abstieg in die Regionalliga.

Die Ruhe kehrt zurück

Die Verantwortlichen in Bielefeld sind also gewarnt: Denn der Schuldenberg ist noch immer riesig, spielerisch sehen die Zuschauer nach wie vor nicht immer erste Sahne. Aber die Neubesetzungen auf sämtlichen Posten im Verein haben etwas auf die Alm zurückgebracht, was lange fehlte: Ruhe. Das Präsidium arbeitet im Hintergrund; trotz Rückstand schafft es die Mannschaft inzwischen, ein Spiel auch mal „dreckig“ zu gewinnen; Krämer und Co. geben den Fans zurück, was sie jahrelang vermissten. Leidenschaft, Kampf und Identifikation.

Und dann ist da noch Fabian Klos, dieser wuchtige Stürmer, ein Mann der wichtigen Tore. Mit 20 Treffern steht er auf Platz eins der Torjägerliste – eine Sperre wegen einer Roten Karte konnte daran bislang nichts ändern. Doch Krämer bremst. „Das ist hier keine Ich-AG. Fabian hat nur Erfolg, wenn alle zusammen spielen. Aber er tut unglaublich viel“, so der Trainer über den Top-Torjäger. Von „Star-Kult“ will er nichts wissen, nach wie vor bleibe die Mannschaft der Star.

Das war auch früher so. Doch im Gegensatz zu „damals“ herrscht heute wieder gute Stimmung auf der Alm. „Oh, wie ist das schön“ – den Fans gefällt, was sie sehen, und sie feiern die Humba nach einem Sieg, als hätten sie lang nichts zu feiern gehabt. „Ich wünsche mir, dass es so weiter läuft wie jetzt. Dann haben wir gute Chancen aufzusteigen“, sagt Krämer.

Und weil er auf sie so sympathisch wirkt, strahlen sie, die Augen der Fans, wenn sie ihn sehen. Sein Name wird den Bielefeldern gut im Gedächtnis bleiben – und im besten Fall schreien sie ihn Mitte Mai in Richtung Rathaus-Balkon.