Darmstadt. Der tiefe Fall des Kevin Großkreutz geht weiter. Trotz eines laufenden Vertrags steht der Weltmeister nun selbst bei Darmstadt 98 vor dem Aus.

Auf der linken Schulter von Kevin Großkreutz erinnern drei Tattoos an goldene Zeiten. Die Abbilder von WM-Trophäe, Meisterschale und DFB-Pokal zeugen von jenen Tagen, in denen der 29-Jährige noch auf den ganz großen Bühnen der Fußball-Welt auftrat.

Großkreutz spielte im Champions-League-Finale, in zwei Pokal-Endspielen, er feierte zwei Meisterschaften und stand im WM-Finale 2014 unmittelbar vor einer Einwechslung. Jetzt wird er beim Zweitligisten Darmstadt 98 aussortiert - aus sportlichen Gründen.

"Werden keinen vom Hof jagen"

"Wir werden keinen mit Macht vom Hof jagen", sagte Darmstadt-Trainer Dirk Schuster der Bild-Zeitung zwar, ließ zugleich aber durchscheinen, dass der Weltmeister für die neue Saison verzichtbar ist: "Wir haben mit allen Spielern gesprochen. Auch mit denen, die in den Planungen keine große Rolle spielen werden." Zusammen mit Schusters jüngsten Aussagen im kicker ("Dass er bei uns in der Rückrunde auch nicht alle Wünsche erfüllt hat, kann man an der Zahl seiner Einsätze sehen") lässt dies wenig Raum für Spekulationen.

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Es ist das nächste Kapitel in der bewegten Lebensgeschichte des gebürtigen Dortmunders. Der Geschichte eines beinahe unwirklichen Höhenflugs und eines umso brutaleren Niedergangs. In einer immer entrückteren modernen Fußball-Welt hatte Großkreutz erst für alte Tugenden wie Vereinstreue, Ehrlichkeit und Fannähe gestanden - und war dann zum Symbol für jenen Spieler-Typus geworden, der mit dem ganzen Ruhm und Druck einfach nicht umzugehen weiß.

Viele Skandale zeichnen Großkreutz' Karriere

Dabei hatte Großkreutz lange seinen Traum gelebt. Trotz unübersehbarer technischer Mängel schaffte er es bei Borussia Dortmund mit Herz und Einsatz aus dem Fanblock auf den Rasen, war Stammspieler in einer der damals besten Mannschaften der Welt. Doch auf den Höhepunkt folgte der Karriereknick. Sein Gastspiel bei Galatasaray Istanbul scheiterte an einer Transferpanne und am Heimweh. Dazu kamen etliche Turbulenzen außerhalb des Platzes wie die Döner-Wurf-Affäre, der Pinkel-Skandal und sein nächtlicher Ausflug mit Jugendspielern, der zum Rauswurf beim VfB Stuttgart führte.

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Darmstadt hatte für Großkreutz ein Neubeginn werden sollen, und im Grunde liest sich die Bilanz gar nicht schlecht. Als Rechtsverteidiger und Linksaußen bestritt er 27 Spiele, die meisten über 90 Minuten. Trotzdem steht er nun vor dem Aus, obwohl sein Verhalten laut Schuster stets "vorbildlich" war. "Er hat mit seiner Familie hier ein Umfeld vorgefunden, nach dem er, glaube ich, gesucht hat und in dem er sich wohlfühlt", sagte der Lilien-Coach. Umso bitterer, dass Großkreutz wohl dennoch weiterziehen muss. (sid)