Bremen. . U23-Coach Viktor Skripnik folgt beim Bundesliga-Schlusslicht Werder Bremen als Trainer auf Robin Dutt, weil sich der SV Werder mit dieser Methode schon einmal in höchster Not befreit hat. 1999 beförderten die Bremer Thomas Schaaf von den Amateuren zu den Profis - und das ging gut aus.

Fast jeder Werder-Anhänger hat es irgendwo im Regal stehen: das 416-Seiten-Werk „Grün-weißes Wunderland“, das die Geschichte von Werder Bremen behandelt. Es kam schon vor einigen Jahren auf den Markt und erzählt in erster Linie eine Erfolgsstory. Trotzdem ist beispielsweise dem Spieler Viktor Skripnik nur ein einziger Absatz im Spieler-ABC gewidmet. In der knappen Beschreibung auf den hinteren Seiten heißt es: „Er hat sich nicht gerade die beste Zeit ausgesucht, um bei Werder zu spielen, dafür hat er den besten Zeitpunkt gewählt, um seine aktive Karriere zu beenden: mit dem Double am Ende der Saison 2003/2004.“

Tatsächlich ist der 1996 von Trainer Dixie Dörner aus Dnjepopetrowsk nach Bremen geholte Ukrainer im entscheidenden Meisterschaftsspiel beim FC Bayern nach knapp einer Stunde noch eingewechselt worden, und er durfte wenig später auf dem Rathausbalkon Meisterschale und DFB-Pokal in die Luft recken. Lang, lang ist’s her.

Gleichwohl halfen die früher als Spieler erworbenen Meriten, um der Öffentlichkeit am Wochenende die Beförderung des 44-Jährigen von der U 23 zum Bundesliga-Trainer zu vermitteln. Im Schlepptau befanden sich zwei ehemalige Weggefährten: Zum einen Torsten Frings, der eigentlich gerade eine Trainer-Traineeprogramm durchläuft, und zum anderen auch Torwarttrainer Christian Vander. Frings, 37, und Vander, 34, haben mit Akteuren wie Kapitän Clemens Fritz lange zusammengespielt, sollen nun aber als Autoritätspersonen fungieren. Ein interessantes Experiment. Vor allem aber gilt das für den im Profibereich als Trainer völlig unerfahrenen Skripnik.

Viel Zeit hat der 138-malige Bundesligaspieler, der im Werder-Nachwuchs von der U 15 bis zur U 23 alle Altersklassen betreute, nicht. Vor dem Bundesligaspiel am Samstag beim FSV Mainz steht bereits am Dienstag das wirtschaftlich richtungweisende Pokalspiel beim Drittligisten Chemnitzer FC an. Skripnik freut sich auf die Herausforderung: „Wir waren bereits in den vergangenen Monaten nah dran und kennen jeden einzelnen Spieler. Ich bin sicher, dass wir diese Aufgabe meistern werden.“

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Ein ausgewiesener Plauderer wird der ehemalige Linksverteidiger nicht mehr, aber das war der frühere Rechtsverteidiger Thomas Schaaf ja auch nicht. Den hat man im Mai 1999 bekanntlich auch in höchster Abstiegsnot von den Amateuren zu den Profis befördert, und es ist am Ende gut für die Grün-Weißen ausgegangen. Die Geschäftsführung unternahm mit diesem Wissen den Griff in die Mottenkiste, weshalb Thomas Eichin nun erklärte: „Viktor Skripnik war immer ein ganz klarer Platzhalter für diese Situation. Wir sind überzeugt, dass er alles mitbringt, um der Mannschaft wieder das Selbstvertrauen und die Mittel zu geben, Spiele zu gewinnen.“

Zu wenig Qualität im Werder-Kader

Man kann trefflich darüber streiten, woran der nach der 0:1-Heimniederlage gegen Köln erwartungsgemäß mitsamt seinem Assistentenstab entlassene Trainer Robin Dutt letztlich an der Weser gescheitert ist. Sicherlich nicht – wie in Leverkusen – am schlechten Draht zu seinen Spielern.

Vielmehr gelang es dem in Stuttgart beheimateten 49-Jährigen nicht, dem Werder-Team eine Struktur, ein System und einen Stil zu geben. So ehrenvoll seine erste Saison als Erbe von Thomas Schaaf gewesen ist, so angreifbar hat sich der in der Hansestadt oft als „DFB-Beamte“ verspottete Dutt im zweiten Spieljahr gemacht. Wer allerdings allein ihm seine magere Bilanz vorhält, der verkennt, wie wenig Qualität der von Geschäftsführung und Aufsichtsrat gnadenlos überschätzte Kader noch hergibt.