Hamburg. Der Top-Kandidat ist aus dem Rennen: Felix Magath wird nicht HSV-Trainer. Bert van Marwijk sitzt am Samstag im Kellerduell gegen Eintracht Braunschweig weiterhin auf der Bank der Hamburger. Jetzt wird der frühere 96-Coach Mirko Slomka als Alternative gehandelt.
Ein Kandidat weniger: Felix Magath wird nicht Trainer des krisengeschüttelten Fußball-Bundesligisten Hamburger SV. Das teilte der ehemalige Meistercoach von Bayern München und dem VfL Wolfsburg am Donnerstag mit. "Leider beharren im HSV zu viele der alten Kräfte auf ihren Positionen, sind an einem ehrlichen Neuanfang nicht interessiert. Teile des Aufsichtsrates, der Vorstand sowie die Initiatoren der Gruppe HSV Plus haben sich gegen mich gestellt", teilte der Ex-Profi des HSV auf seiner Facebook-Seite mit. "Wie soll man mit solchen Voraussetzungen einen Verein erfolgreich durch den Abstiegskampf führen?"
Klub-Ikone Magath zeigt sich genervt von Grabenkämpfen
Der 60-jährige Franke zeigte sich genervt von den Grabenkämpfen beim dienstältesten Bundesligisten. "Einigkeit im Verein hat aber oberste Priorität, ohne sie kann nichts gelingen. Diese notwendige Einigkeit herzustellen scheint bei diesen unüberschaubaren Gruppen und Einzelinteressen kaum machbar", klagte er. Aufsichtsratschef Jens Meier hielt sich mit Vorwürfen zurück. "Der Aufsichtsrat hat in angenehmer Atmosphäre geführte Sondierungsgespräche mit Felix Magath über eine mögliche Zusammenarbeit heute in beidseitigem Einvernehmen beendet. Jetzt geht es nur darum, die schwierige sportliche Situation in den Griff zu bekommen", sagte Meier.
Magath war am Abend dennoch in die Hansestadt gereist. Es ging ihm aber nicht um Fußball. Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "Schach macht schlau" referierte er über die Vorzüge des Denksports.
Die Initiative HSVPlus reagierte unterdessen "mit Erstaunen" auf Magaths Ausführungen. "Dem können wir nicht folgen", erklärten sie in einer Pressemitteilung. "Wir als eine Initiative von Mitgliedern haben keinen konkreten Einfluss auf die Entscheidungen des Aufsichtsrates oder des Vorstandes. Wir können uns daher weder gegen noch für eine Person aussprechen."
Gehandelt werden jetzt beim HSV andere Namen. Mirko Slomka und Thomas Schaaf seien erste Wahl, berichtete die Online-Redaktion des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages shz.de. Doch zumindest in den nächsten zwei Tagen bleibt alles beim Alten. Im Kellerduell bei Eintracht Braunschweig am Samstag (15.30 Uhr, live in unserem Ticker) sitzt Bert van Marwijk auf der Bank. "Wir stehen zu unserem Wort. Herr van Marwijk wird die Mannschaft in Braunschweig betreuen", hatte Vorstandschef Carl Jarchow schon vor der Absage Magaths bekannt. Ähnliche Worte hatte am Vorabend Sportchef Oliver Kreuzer gewählt. "Wir bereiten uns auf Samstag vor. Was da noch so läuft - keine Ahnung", sagte der frühere Bayern-Profi.
Für Trainer van Marwijk ist es die letzte Chance, seinen Job zu retten. "Das ist das wichtigste Spiel des Jahres", betonte der Niederländer. Der 61-Jährige bekam Unterstützung von einem Landsmann. "Ich habe Mitgefühl für den Trainer", sagte Bayern-Prof Arjen Robben, der unter der Ägide von Bondscoach van Marwijk 2010 Vizeweltmeister geworden war. "Es liegt nicht am Trainer. Ich hoffe das Beste für den HSV. Die sind richtig tief drin." Bayern-Coach Pep Guardiola stärkte van Marwijk ebenfalls den Rücken: "Mein Kollege ist ein Gentleman."
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Der Treueschwur des Vorstands für van Marwijk dürfte nur noch bis Samstag Gültigkeit haben, wenn in Braunschweig ausgerechnet im Stadion an der Hamburger Straße die nächste Enttäuschung folgen sollte. Sechs Bundesliga-Pleiten in Serie und eine desaströse Abwehr mit 47 Gegentoren lassen das Schreckensszenario Abstieg immer realistischer werden. Sollte in Braunschweig die siebte Bundesliga-Niederlage nacheinander eingefahren werden, kann und will auch der Vorstand van Marwijk nicht mehr halten.
Festhalten an van Marwijk schmeckt HSV-Aufsichtsratschef Meier nicht
Das Festhalten am Niederländer schmeckt Aufsichtsratschef Meier nicht. Eigentlich wollte der 47 Jahre Chef der Hamburger Hafenverwaltung gar nichts sagen, wurde aber nach dem Bayern-Debakel vor eine Kamera gezerrt. Er verstehe die ganze Aufregung nicht. Schließlich habe man sich nur "zusammengesetzt, um vom Vorstand den Status" des Teams in Erfahrung zu bringen, gab er an und beteuerte: "Es gab keine Abstimmung pro oder kontra Magath."
Magath und der Aufsichtsrat sollen sich über einen Vertrag nicht einig geworden sein, heißt es. Zu viele Baustellen und Fallstricke mussten bei der komplizierten Konstellation beachtet werden. Magath sollte Trainer und Sportchef werden. Dafür hätte zumindest Kreuzer weichen müssen. Später wollte Magath auf den Posten des Vorstandsvorsitzenden wechseln.
Versöhnt sind viele Fans wieder mit ihrer Mannschaft. Unbeeindruckt von der 0:5-Klatsche gegen die Bayern hatten sie am Mittwoch gesungen: "2. Liga - niemals, niemals". Das Pokal-Aus hat den Niedergang des letzten Bundesliga-Dinos zwar beschleunigt, aber die Stimmung im ausverkauften Stadion war überraschenderweise so gut wie seit Wochen nicht. Und auch Magath meinte in Richtung der Fans: "Mit Euch wäre ich den Weg wirklich gerne gegangen. Ihr jedenfalls seid Bundesligatauglich." (mit dpa)