Wolfsburg. Selbst Felix Magath hat beim VfL Wolfsburg keine Erklärungen mehr für die andauernde Tristesse. Der Klub dümpelt nur noch im Bundesliga-Mittelmaß und hinkt damit den eigenen Ansprüchen gehörig hinterher.
Es ist schwer, einer Stadt wie Wolfsburg einen Hauch von Gemütlichkeit zu verpassen. Die VW-Autostadt hat zumindest das alte Kraftwerk mit weihnachtlichem Antlitz überzogen: Die vier Schornsteine werden in rotem Licht bestrahlt, und jeder soll darin vier gigantische Adventskerzen erkennen. Drumherum ist der winterliche Themenpark „Alpenland“ aufgebaut, mit Eislauffläche und Rodelbahn. Zusammen mit tausenden kleinen Lichtern ergibt das ein Ambiente, in dem sich eine ordentliche Weihnachtsfeier abhalten ließe – es sei denn, man spielt im Bundesliga-Team des VfL Wolfsburg.
In Brazzo broldelt es
Dem Vernehmen nach saßen die Profis am Samstag eher zwanghaft beisammen, viele sollen so viel Sinn für die gemeinsame abendliche Feier entwickelt haben wie für ein morgendliches Straftraining. Grund der Missstimmung: ein ernüchterndes 2:2 gegen den FSV Mainz, als eine 2:0-Führung nicht zum Sieg langte.
Hasan Salihamidzic kam hernach völlig aufgewühlt in die Interviewzone. Der bald 35-Jährige hat viel mitgemacht in seiner Karriere, aber vermutlich noch nirgendwo so viele Nachlässigkeiten von Mitspielern erlebt wie hier. „Man muss sich die Frage stellen, ob jeder alles gibt. Es geht doch nicht, dass wir die zweite Halbzeit nicht mehr da sind“, zürnte der Bosnier. Anders als der brodelnde „Brazzo“ hat sich der Baumeister des Ensembles zur gegensätzlichen Form des Frustabbaus entschieden. Felix Magath hat fast eine Woche gegenüber den Spielern geschwiegen, was möglicherweise so gefährlich ist wie ein Schwelbrand unterm Weihnachtsbaum.
Gut und Böse
Nun zischte der Impresario: „Ich habe keine Erklärung. Das reicht für unsere Ansprüche nicht. Wir sind nicht zufrieden mit dem, was wir bisher geleistet haben – das gilt für uns alle.“ Magath hat seinen Kader bereits in Gut und Böse aufgeteilt: Eine Reihe prominenter Recken (Helmes, Kyrgiakos, Polak oder Russ) tauchen nicht mal mehr in seinem 18er-Kader auf. Dass der Alleinentscheider konsequent dem Leistungsprinzip folgt, ist nicht unbedingt ersichtlich. Vor allem frühere Meisterspieler genießen Narrenfreiheit. Beispiel Josué: Der brasilianische Balldieb betätigte sich bis 2009 tatsächlich als das Schwungrad seiner Mannschaft, nun bewegt sich der 32-Jährige als Synonym des Formverfalls über den Rasen.
Alexander Hleb dagegen wurde auch nicht eingewechselt, als offensive Belebung nötig war. Gegen Mainz kam das Unheil laut Magath so: „Wir lassen einen Diagonalpass zu, bekommen einen Elfmeter – und plötzlich hat die Mannschaft Angst.“ Jeder Spieltag muss ihm derzeit vorkommen, als öffne er das Türchen eines Adventskalenders, aus dem der nächste Irrtum purzelt.