Essen. Beim Poker um TV-Rechte in der Bundesliga steht auch die Sportschau im Fokus. Sollte die ARD wieder den Zuschlag erhalten? Ein Pro und Contra.
Pro: Die Sportschau ist eine kulturelle Institution
Von Dominik Loth
Fast jedem Sportfan ist sie ein Begriff: die Sportschau. Und fast jeder hat es erlebt: wenn an einem Samstagabend alles stehen und liegengelassen wurde, um die Sportschau zu sehen, also die Fußball-Bundesliga.
Die Sportschau hat es wie der Tatort geschafft, eine kulturelle Institution zu werden. Man liebt es, man regt sich darüber auf, man kann es nicht leiden, aber es ist immer da. Wie ein Museum, eine Bibliothek, ein Fußball-Stadion.
Genau genommen ist die Sportschau sogar länger da als die Bundesliga. Denn vor dem Start des neuen Fußball-Formats 1963 gab es die Sportschau schon seit zwei Jahren. Erst durch die Verlegung auf den Samstag im Jahre 1965 wurde die Sendung als Bundesliga-Schaufenster richtig berühmt. Anfangs durften sogar nur zwei Spiele übertragen werden, wie sich Kultmoderator Heribert Faßbender in einem Spiegel-Interview erinnerte: „Die Begründung des Verbandes war: Mehr Fußball im Fernsehen verhindere Stadionbesuche, schade also den Vereinen.“
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Im Jahre 2020 ist zu vermuten, dass gerade der Verlust der Sportschau-Übertragung den Vereinen schaden könnte. Das Grummeln unter Fußball-Fans ob der zunehmenden Kommerzialisierung des Fußballs schwoll vor der Corona-Krise zu einem lauten Raunen an. Nicht wenige hatten das Gefühl, das Geld wichtiger ist als Werte. Auch für die Sportschau muss letztendlich in Form des Rundfunkbeitrags Geld gezahlt werden, allerdings kommt sie noch am ehesten der Vorstellung eines Sende-Platzes nahe, wo Fußball für jedermann zu haben ist. Frei und empfangbar.
Sollten die Highlights bei der Auktion der Medienrechte in dieser Woche an einen Privatsender vergeben werden, wäre das ein fatales Zeichen. Langjährige, traditionsreiche Partnerschaften zählen offenbar weniger als das Geld der Höchstbietenden. Es wäre nicht verwunderlich, wenn das Grummeln wieder zu einem Raunen würde. Weil der Fußball wieder ein Stück seiner Werte eingebüßt hat.
Contra: Für den besonderen Schutz der Sportschau existiert kein Grund
Von Marian Laske
Lange vor der Corona-Pause, beim Neujahrsempfang der Deutschen Fußball Liga (DFL) Anfang des Jahres, hatte Geschäftsführer Christian Seifert einen Satz gesagt, der anschließend immer wieder zitiert wurde, wenn sich Berichte um die Sportschau drehten. „Der große Unterschied zwischen der Sportschau und der Mopsfledermaus ist, die Sportschau steht nicht unter Naturschutz“, erklärte Seifert damals und erntete Gelächter im Saal.
Nun würde Seifert mittlerweile sicherlich keine Fledermaus-Witzchen mehr machen, aber seine Einstellung zur Sportschau hat sich nicht verändert. Die DFL möchte beim derzeit laufenden TV-Poker um die Bundesliga-Übertragungsrechte für die Spielzeiten 2021/22 bis 2024/25 möglichst viel Geld scheffeln, deswegen wird sie keine Rücksicht auf TV-Traditionen nehmen. Kann sie auch gar nicht, denn die Ausschreibung ist offen, jeder kann mitbieten.
Letztlich existiert aber kein Grund, die Sportschau besonders zu schützen. Erst seit 2003 flimmern die Bundesliga-Höhepunkte samstags um 18.30 Uhr wieder in der ARD, davor hievten die Privatfernsehsender RTL und Sat.1 den Fußball auf ein anderes Unterhaltungsniveau. Nicht jedem schmeckte das, genügend Menschen wurden trotzdem erreicht. Auch jetzt könnte man wohl jedem zutrauen, ein anderes Programm anzusteuern.
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Vor allem aber hat sich die Fernsehlandschaft verändert. Besser gesagt, ein großer Teil ist bereits ins Internet abgewandert. Junge Fußball-Talente bestaunen die schönsten Tore vom Wochenende längst per Stream, meistens auf dem Smartphone, vielen würde das Ende der Sportschau vermutlich nicht mal auffallen. Doch auch in den Wohnzimmern der älteren Generationen hängen häufig smarte Fernseher, auf denen Streamingdienst viele Inhalte liefern.
Der Wert des Höhepunkte-Pakets für den Samstag wird trotzdem noch auf rund 100 Millionen Euro geschätzt, vermutlich wird er in den nächsten Jahren aber sinken, das Internet weiter an Macht gewinnen. Denn nicht nur die Sportschau steht nicht unter Naturschutz, das gesamte lineare Fernsehen wird weiter an Bedeutung verlieren.