Dortmund. Emre Can soll den BVB auch in Düsseldorf zum Sieg führen. Eine feste Position hat er noch nicht – das ist ein Vorteil für den Klub und ihn selbst.
Die Frage sagt schon alles: Auf welcher Position Emre Can eingesetzt wird im Ligaspiel bei Fortuna Düsseldorf an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky), will ein Journalist von Borussia Dortmunds Trainer Lucien Favre wissen. In der Abwehr oder im Mittelfeld? Jener Can, der erst seit wenigen Monaten in Dortmund spielt, bei dem aber niemand mehr fragt, ob er in der Startelf zu finden sein wird – sondern nur wo. Der 26-Jährige hat sich in nur neun Pflichtspielen den Status des Unverzichtbaren erarbeitet.
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Aber wo soll der Defensivstratege denn nun gegen Düsseldorf spielen? Im defensiven Mittelfeld, seiner angestammten Position, auf der er bislang auch die meisten Einsätze für den BVB hatte? Oder in der Abwehr, wo er am vergangenen Wochenende beim 1:0-Sieg gegen Hertha als Vertreter des gelbgesperrten Mats Hummels hinten die Reihen dicht hielt, die Mitspieler umsichtig dirigierte und vorne das Tor des Tages erzielte?
Der wichtigste Winter-Zugang
„Wir haben ihn verpflichtet, weil wir wissen, dass er sehr, sehr flexibel ist“, antwortet Favre. „Er kann beide Positionen spielen, im Mittelfeld und in der Abwehr. Für Samstag ich weiß noch nicht, wo er spielen wird.“ Zweiter Versuch bei Sportdirektor Michael Zorc: Was ist die richtige Position für Emre Can? „Die Flexibilität macht es bei ihm aus“, sagt Zorc. „Und das war für uns ein Grund, tiefer in die Tasche zu greifen und ihn zu verpflichten: Weil er in der Lage ist, sich schnell umzustellen von Abwehr auf Mittelfeld, auch innerhalb eines Spiels. Er hilft uns auf jeder Position weiter.“
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25 Millionen hat sich der BVB den Wechsel Cans von Juventus Turin kosten lassen. Und Can hat mit seinen fußballerischen und kämpferischen Qualitäten sofort bewiesen, dass er das Geld wert ist. In der öffentlichen Wahrnehmung steht er zwar im Schatten Erling Haalands, des zweiten Winter-Neuzugangs. Intern aber gilt er zumindest kurzfristig als die wichtigere Personalie: Der gebürtige Frankfurter hat einen großen Anteil daran, dass der BVB seine bisweilen wacklige Defensive deutlich stabilisiert hat. Gerade einmal drei Gegentore gab es in den vergangenen neun Bundesligaspielen. Dank der neuen Solidität wurden in der Rückrunde 33 von 39 möglichen Punkten geholt – nur Tabellenführer FC Bayern ist in dieser Statistik noch besser.
Can war von Juventus enttäuscht
Can tut Dortmund gut – und Dortmund tut Can gut. Bei Juventus war er in Ungnade gefallen, er wurde im Herbst 2019 nicht einmal für den Champions-League-Kader nominiert. Can erfuhr davon bei der Nationalmannschaft, kurz vor einem Medientermin in Hamburg. Und er versuchte gar nicht erst, seine Enttäuschung und Wut zurückzuhalten. Der 26-Jährige hat keine Angst anzuecken, er sagt, was er denkt – auch deswegen haben sie ihn zum BVB geholt.
Hier gab es zwar schon erfahrene Anführer. Aber Marco Reus und Axel Witsel sind eher nicht die Sorte Spieler, die die Kollegen lautstark heißmachen oder neben dem Platz klare Ansagen verteilen. Can schon, das bewies er nicht zuletzt, als er Jadon Sancho nach dessen unerlaubtem Friseurbesuch öffentlich maßregelte: „In solchen Sachen muss er etwas schlauer sein, das darf er sich in Zukunft nicht mehr leisten. Er muss erwachsener werden. Er braucht Menschen, die ihn führen.“
Wechsel für die Nationalmannschaft
Menschen wie Can, der auch an diesem Samstag in Düsseldorf vorangehen will, wo der BVB mit einem Sieg bei einer Niederlage von Gladbach oder Leverkusen schon die Champions-League-Qualifikation sicher hätte. Die Position ist zweitrangig: „Ich spiele gerne in der Mitte, egal, ob Mittelfeld oder Abwehr“, sagt er selbst. „Wenn Sie mich vor zwei Jahren gefragt hätten, hätte ich gesagt: Mittelfeld. Jetzt sehe ich mich auch als Abwehrspieler.“
Dort hatte ihn der BVB auch in erster Linie eingeplant, das war ein Grund, warum Can kam – mit Blick auf die Nationalmannschaft. Die ist im zentralen Mittelfeld mit Toni Kroos, Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Ilkay Gündogan herausragend besetzt. In der Abwehr aber sieht Can gute Chancen, vom Mitläufer zu jener tragenden Säule zu werden, die er beim BVB längst ist.