Mönchengladbach. Christian Ziege spielte für Bayern und Mönchengladbach. Der 47-Jährige spricht vor dem Duell an diesem Samstag über seine Ex-Klubs.

Christian Ziege wird an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern ganz genau hinschauen. Der Europameister von 1996 spielte schließlich für beide Vereine: von 1990 bis 1997 bei den Münchenern, mit denen er zweimal Meister wurde, von 2004 bis 2005 in Gladbach, wo er seine aktive Fußballkarriere beendete. Seit April 2019 trainiert der 47-Jährige den österreichischen Regionalligisten FC Pinzgau. Mit seiner Familie hat er eine neue Heimat gefunden.

Herr Ziege, wie gefällt Ihnen das Salzburger Land?

Christian Ziege: Hier ist die Welt noch in Ordnung. Die Leute sind nett, die Landschaft ist schön. Man muss die Alpen schon mögen, wenn man hier wohnt, aber uns gefällt es hier sehr gut.

Ihr Sohn Alessandro spielt auch in Ihrer Mannschaft. Funktioniert das als Trainer problemlos in der Vaterrolle?

Ich habe ihn ja schon bei Unterhaching in der Jugend übergangsweise trainiert. Die Situation ist sicherlich eine besondere und etwas gewöhnungsbedürftig. Aber soweit passt das. Es läuft gut.

Sie sind schon viel in der Welt herumgekommen. Wie erleben Sie das Trainergeschäft?

Zum Teil geht es in die falsche Richtung. Aber das hat auch mit der Vielzahl derer zu tun, die in das Geschäft drängen. Es gibt eine zunehmende Ungeduld in den Vereinen. Früher wurden Trainer entlassen, wenn es gegen den Abstieg ging, was durchaus nachvollziehbar ist. Mittlerweile kann das aber auch bei Tabellen-Ersten passieren.

War die Entlassung von Niko Kovac beim FC Bayern für Sie nachvollziehbar?

Es war nicht überraschend nach der letzten Saison, in der es schon ein bisschen gekriselt hatte. Nun gab es ähnliche Probleme. Aber beurteilen kann ich das nur ganz schlecht.

Kann Hansi Flick eine Dauerlösung für die Bayern sein?

Er ist schon lange im Geschäft in den verschiedensten Bereichen, war auch bei Bundestrainer Joachim Löw mit federführend. Er kann das inhaltlich sehr wohl ausführen. Aber ob er eine Dauerlösung ist, habe ich Gott sei Dank nicht zu entscheiden (lacht).

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Würden Sie irgendwann wieder in Deutschland in der Bundesliga arbeiten?

Ich bin da, wo ich gerade bin, sehr zufrieden und dankbar, weil ich sehr gerne Trainer bin und es unglaublich viel Spaß macht. Ich kann mir zwar alles vorstellen, bin aber froh, dass ich den Job überhaupt machen darf, denn das ist nicht selbstverständlich.

In Gladbach waren Sie nicht nur Trainer, sondern von 2007 bis 2008 auch Sportdirektor und damit Vorgänger von Max Eberl. Sie haben damals eine Mannschaft neu zusammengestellt, die wieder in die Bundesliga aufgestiegen ist. Wie sehen Sie die Entwicklung des Vereins?

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Man ist ein bisschen stolz darauf, damals einen Grundstein gelegt zu haben. Es gab zwar zwischendurch auch Phasen, in denen die Mannschaft gegen den Abstieg gespielt hat, aber der Verein hat sich stetig weiterentwickelt. Wenn man die Bilanz der letzten Jahre sieht, wird dort sehr, sehr gute Arbeit geleistet.

Überrascht Sie der aktuelle Gladbacher Höhenflug?

Insgesamt finde ich die Saison bisher sehr spannend. Auch weil Bayern München nicht so dominant ist im Moment und andere Mannschaften ihre Chance sehen. Der Bundesliga tut das gut.

Welchen Anteil hat Trainer Marco Rose am Erfolg der Borussia?

Ich habe ihn einmal persönlich kennenlernen dürfen und seinen Weg ein Stück weit verfolgt. Was in Gladbach passiert, ist kein Zufall, sondern das Ergebnis sehr guter Arbeit. Zudem macht er auf mich als Typ einen sehr sympathischen und guten Eindruck.

Er hat Gladbach an die Tabellenspitze geführt, nun kommen die Bayern als Verfolger in den Borussia-Park. Welche Erinnerungen haben Sie an die Spiele zwischen Ihren früheren Klubs?

Es waren immer tolle Duelle gegen die Bayern, vor allem die am alten Bökelberg. Ein besonderes Match war natürlich 2004, als ich mit Gladbach gegen die Bayern im Borussia Park antreten durfte. Aber nicht weil es gegen meinen alten Arbeitgeber ging, sondern weil ich zwischenzeitlich sieben Jahre im Ausland gespielt hatte.

Sie sind gebürtiger Berliner, wechselten damals von Hertha Zehlendorf direkt zu den Bayern. Wie kam es dazu?

Ich hatte als A-Jugendlicher in der Oberliga-Mannschaft und in der Jugend-Nationalmannschaft gespielt. Es gab in jener Saison Anfragen von bestimmt zwölf Vereinen aus der Bundesliga, und die letzte kam von Bayern München. Da ich als Kind damals Bayern mehr verfolgt hatte als andere Vereine, war für mich schnell klar, dass ich diesen Versuch gerne starten möchte. Das Umfeld hat das zum Großteil nicht verstanden.

Warum?

Weil die Leute der Meinung waren, dass ich es auf keinen Fall schaffen würde bei Bayern München und als 18-jähriger Nobody aus Berlin keine Möglichkeit bekommen würde, mich durchzusetzen. Das war für mich aber auch die Herausforderung: mit den besten Spielern zu trainieren und die Chance zu bekommen, zu spielen.

Hat Manager Uli Hoeneß Sie damals eigentlich persönlich angerufen?

Ja, zu Hause. Das ist eine ganz witzige Geschichte, denn damals hatte ich als Jugendlicher noch Blödsinn im Kopf und habe mich mit falschem Namen gemeldet. In dem Fall bin ich mit dem Namen von Carl Lewis, dem Weltklassesprinter, ans Telefon gegangen. Dann sagte der Mann auf der anderen Seite: ‚Hier ist Uli Hoeneß‘. Das wollte ich erst nicht glauben. Er sagte aber: ‚Hier ist wirklich Uli Hoeneß‘. Dann ist mir nichts mehr eingefallen. Ich hatte nicht damit gerechnet, war total perplex und habe den Hörer an meinen Vater weitergegeben.

Welches Verhältnis hatten Sie zu Hoeneß?

Für mich war er eine wichtige Person. Sein Art und Weise, Spieler zu unterstützen, Spielern zu helfen und gleichzeitig einer der mächtigsten Männer im Profisport zu sein, war für mich beeindruckend. Er war immer für einen da – egal, welche Probleme es gab. Trotz dieses großen Vereins hat man sich in der Familie aufgenommen gefühlt.

Bedauern Sie seinen Abschied als Präsident?

Er konnte das selbst entscheiden. Aber natürlich ist das jetzt sehr komisch und ungewohnt, weil Hoeneß mit Bayern München eng verbunden ist und eigentlich immer in einem Atemzug genannt wird.

Wen sehen Sie als Favorit im Spiel am Samstag?

Es gibt keinen. Mönchengladbach spielt nicht durchweg super, erzielt aber Ergebnisse. Das macht diese Mannschaft auch ein bisschen aus. Die Münchener haben gegen Leverkusen einige Möglichkeiten liegen gelassen und waren selbst daran schuld, dass sie das Spiel nicht gewonnen haben. Sie werden es aber wieder gutmachen wollen. Es passiert eher selten, dass sie zwei Spiele nacheinander verlieren. Ich verspüre Vorfreude auf ein richtig spannendes Spiel.

Und wem drücken Sie nun die Daumen?

Ich würde beiden Mannschaften den Sieg gönnen.