München. Am Freitag verabschiedet sich Uli Hoeneß als Präsident des FC Bayern München. Er ahnt, dass der Verein ohne ihn ein anderer werden könnte.
An diesem Freitag wird Uli Hoeneß wieder einmal im Mittelpunkt stehen, und man darf davon ausgehen, dass sein Ausstand auf der Jahreshauptversammlung so triumphal geraten wird, wie er sich das wünscht – und wie es ihm auch Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge wünscht. Hoeneß sei der „Architekt“ und „Spiritus Rector“ des FC Bayern und habe „rauschenden Beifall“ verdient. Anders als im Vorjahr, als er erstmals von einem erheblichen Teil der Mitglieder ausgebuht wurde.
Ein Abend der Emotionen
Derartiges muss er nun wohl kaum fürchten in der extra angemieteten Olympiahalle, die mehr als doppelt so vielen Menschen Platz bietet wie der sonst für die Konvente genutzte Audi Dome. Vorgesehen ist ein Abschied durchs ganz große Tor – und mit ganz großen Emotionen. Die dürfte Hoeneß gewohnt zuverlässig liefern, ebenso wie eine letzte, freie Rede als Präsident voller Wucht.
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Und dann, als künftig einfaches Mitglied im Aufsichtsrat bis November 2023?
„Ich bin nicht so ehrgeizig, dem Verein jetzt weiter meinen Stempel aufzudrücken“, hat der 67-Jährige jüngst gesagt. „Ich sehe mich in Zukunft als Elder Statesman, der seinen Rat anbietet, aber nicht aufdrängt.“
Ob sich Hoeneß wirklich zurücknehmen kann? Das ist eine der spannenden Fragen, die seinen Ausstand begleiten. Eine andere ist, wie es ohne den Patriarchen an der Spitze nach fast 50 Jahren im Verein, davon mehr als 40 als Manager und Präsident, weitergehen wird. Und ob Hoeneß die Zeit nach ihm in seinem Sinne wirklich weise geregelt hat. Mit seinem Freund, dem ehemaligen Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer, 65, als Präsident und Aufsichtsratschef. Mit dem früheren Bayern-Torwart Oliver Kahn, 50, der vom 1. Januar an eingearbeitet werden und Ende 2021 den Vorsitz von Rummenigge, 64, übernehmen soll. Und mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic, 42, der jedoch trotz anderslautender Bekundungen auch intern teils kritisch gesehen wird.
Zukunftssicher aufgestellt
Die Infrastruktur und die Wirtschaftszahlen sprechen dafür, dass Hoeneß‘ Lebenswerk und Vermächtnis zukunftssicher aufgestellt ist. Als er 1979 mit 27 Jahren als Manager anfing, standen 12 Millionen D-Mark Umsatz und 7 Millionen Schulden in der Bilanz. Nun liegen der Umsatz bei 750 Millionen Euro und der Gewinn nach Steuern bei 52,5 Millionen Euro. Das Eigenkapital beträgt fast eine halbe Milliarde Euro.
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Andererseits ist es sportlich zuletzt eher bergab gegangen. Unter Trainer Niko Kovac, von dem sich der Verein trennte, reichte es in der Vorsaison nur noch knapp zum Double aus Meisterschaft und Pokal. In der Champions League aber war im Achtelfinale Endstation. Kovac war wie Salihamidzic als Kompromiss ins Amt gekommen, weil sich Hoeneß und Rummenigge nicht auf andere Kandidaten verständigen konnten.
Neuer Trainer soll Ära prägen
Nun wird ein langfristiger Nachfolger des Übergangstrainers Hansi Flick gesucht. Viele bemängelten auch an Hoeneß‘ Wirken seit Pep Guardiolas Abschied 2016, die Entwicklung einer sportlichen Identität verschleppt zu haben. Es fehle eine klare Philosophie von den Profis bis zum Nachwuchs, eine übergeordnete Idee, hatte der frühere Bayern-Kapitän Philipp Lahm schon 2009 gesagt. Oliver Kahn sagte nun: „Man muss sich Gedanken machen, für welchen Fußball Bayern München steht, welcher Trainer dazu passt.“ Und es gehe darum, dass dieser eine Ära prägen könne.
Es ist kein Zufall, dass gerade auch sehnsüchtig über eine Rückkehr Guardiolas spekuliert wird, der derzeit Manchester City im vierten Jahr trainiert. Hoeneß scheint zumindest teilweise zu spüren, dass sein Rückzug für den Verein auch von Vorteil sein könnte. Würde er sich noch mal als Präsident bestätigen lassen, sagte er im Kicker, „würde ich die Entwicklung wieder drei Jahre aufhalten“. Hoeneß bezog das allerdings vor allem aufs leitende Personal.
Gerangel mit Rummenigge
Das Gerangel zwischen ihm und Rummenigge hat die vergangenen Jahre geprägt, nachdem Hoeneß nach seiner verbüßten Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 28,5 Millionen Euro Ende 2016 wieder ins Präsidentenamt zurückgekehrt war. Jene Glaubwürdigkeit, die Hoeneß‘ Image über Jahrzehnte geprägt hatte, ließ sich nach der Haft nicht wieder herstellen. Wenn er nun poltert, polarisiert er nicht nur wie immer, sondern er erntet auch vermehrt Kopfschütteln.
An diesem Freitagabend aber wird er gefeiert werden, auch für das, wofür sein Lebenswerk FC Bayern bewundert wird. Als erfolgreicher Familienklub, in dem Hoeneß oft seine soziale Kompetenz nachwies. Dieser Teil seines Wesenskerns soll erhalten bleiben, das wünschen sich wie Hoeneß viele im Klub. Er ahnt oder fürchtet, dass der FC Bayern ohne ihn an der Spitze „ein anderer Verein“ werden könnte. Aber er will, dass es in seinem Sinne weitergeht, und darüber wird er wachen wie eine Glucke. Auch ohne Spitzenamt.