München. Nach dem Trainerwechsel von Kovac zu Flick zeigt der FC Bayern sein altes Gesicht. Rummenigge und Hoeneß befördern den Trainer - vorerst.

Auch beim FC Bayern passte die Abstimmung an diesem Tag nicht immer: Nach dem spektakulären 4:0 (1:0)-Sieg gegen Borussia Dortmund saß Interimstrainer Hansi Flick im Presseraum des Münchener Stadions und erklärte, dass er gar nicht wisse, wie es nun mit ihm weitergehen werde. Dabei hatte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz-Rummenigge nach der für ihn „besten Saisonleistung“ den Interimstrainer Flick längst befördert, mindestens einmal zum Übergangstrainer. „Wir machen bis auf Weiteres mit Hansi weiter, er hat das jetzt gut gemacht und er hat unser Vertrauen“, erklärte Rummenigge.

Warum auch nicht, Flick hat sich in kürzester Zeit sehr ordentliche Referenzen erarbeitet: Vor einer Woche erst wurde er ins Amt gehievt, nachdem das 1:5 bei Eintracht Frankfurt das Aus für Trainer Niko Kovac bedeutete. Am Mittwoch gelang ein glanzloser, aber seriöser 2:0-Sieg gegen Olympiakos Pyräus, dem am Samstag die Demontage des ärgsten Ligarivalen folgte – die sogar noch um einige Tore zu niedrig ausfiel. „Hansi hat vor dem Spiel gesagt, die zwei Spiele sind jetzt erst einmal die Ziellinie. Die Ziellinie hat er heute bravourös überschritten“, lobte Rummenigge.

Flick lobt: "Die Mannschaft hat eine enorme Qualität"

Zwar waren die schwachen Dortmunder an diesem Tag kein Maßstab, zwar wirkten auch die Bayern phasenweise noch verwundbar. Doch der einstige Assistent von Bundestrainer Joachim Löw hatte den taumelnden Rekordmeister mit simplen und doch wirkungsvollen Handgriffen stabilisiert. „Die Mannschaft hat eine enorme Qualität“, sagte er. „Wir haben in den letzten Tagen nach dem Piräus-Spiel nochmal an ein paar Stellschrauben gedreht um noch stabiler zu werden.“

Der scheidende Bayern-Präsident Uli Hoeneß (r.) sieht Sportdirektor Hasan Salihamidzic ungerecht behandelt.
Der scheidende Bayern-Präsident Uli Hoeneß (r.) sieht Sportdirektor Hasan Salihamidzic ungerecht behandelt. © Bongarts/Getty Images | Sebastian Widmann

Im Zentrum bot Flick die zweikampfstarken Joshua Kimmich und Leon Goretzka auf, die Künstler Thiago und Philippe Coutinho saßen auf der Bank. Dazu verordnete er eine aggressive Vorwärtsverteidigung, die die Dortmunder zu schnellem, unsauberem Spielaufbau zwang. „Ich fand es gut, dass er in der Defensive Strukturen und gewisse Abläufe festgelegt hat“, lobte Kimmich. „Jeder wusste auf dem Platz, was zu tun ist.“

Manuel Neuer: "Flick ist ein Menschenfänger"

Seiner hochkarätig besetzten Offensive bot der Trainer so das nötige Fundament, um ihre Kunst zu entfalten, die Treffer durch Robert Lewandowski (17./76.), Serge Gnabry (49.) und ein Eigentor von Mats Hummels (80.) waren die logische Folge. Geprägt aber wurde die Partie zu großen Teilen von Thomas Müller, den Kovac zur Randfigur degradiert hatte und den Flick wieder in die Startelf hievte. Den offensiven Freigeist, der sich geschickt zwischen den Linien bewegte, bekamen die Dortmunder nie in den Griff. Müller trug zwei Vorlagen bei und trieb seine Mitspieler permanent an.

Flicks dritter Kniff: Die wenige Zeit, die er hatte, nutzte er für viele Einzelgespräche, viel Videoanalysen – und das Verbreiten von guter Stimmung. „Hansi Flick ist ein Menschenfänger“, schwärmte Kapitän Manuel Neuer. „Er hat einen guten Draht zu den Spielern, hat viel mit uns gesprochen.“

Robert Lewandowski trifft und stellt nächsten Rekord auf

Und wie alle Bayern-Trainer der jüngeren Vergangenheit kann sich Flick auf Robert Lewandowski verlassen. Der Stürmer stürzte die BVB-Defensive von einer Verlegenheit in die nächste, seine nun 16 Tore nach elf Bundesliga-Spieltagen bedeuten den nächsten Rekord für den erfolgsverwöhnten Polen.

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„Ich bin sehr zufrieden, dass es so gut läuft“, sagte der Mittelstürmer, bevor er ein Plädoyer für den neuen Trainer hielt. Mit diesem weiter zu arbeiten, sei „eine sehr gute Option, er kann uns helfen“. Über Kovac hatte man solches Lob von Spielerseite lange nicht gehört – der war auch daran gescheitert, dass er einen Teil der Mannschaft gegen sich aufgebracht hatte.

Frühestens im Winter kommt ein neuer Trainer zum FC Bayern

Flick folgen die Spieler vorerst, zur Erleichterung der Bosse. Sie haben nun Zeit gewonnen, um die Besetzung des wichtigsten sportlichen Postens in Ruhe zu klären. Frühestens im Winter wird dieser neu vergeben, vielleicht auch erst später: Im Sommer sind mehr interessante Trainer verfügbar – und so ganz will auch niemand ausschließen, dass der Übergangstrainer Flick sich in den kommenden Wochen die nächste Beförderung zur Dauerlösung verdient. ​