Augsburg/München. Schwere Verletzung bei Abwehr-Chef Süle, nur ein 2:2 beim FC Augsburg - keine leichte Situation für Trainer Niko Kovac und den FC Bayern München.
Von einer „Hiobsbotschaft“ und einem „Super-Gau“ berichtete der Sprecher des Vereins-TVs am Sonntagvormittag. Unterlegt wurden die Einlassungen zu Niklas Süles gerade offiziell bestätigtem Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie vom gequälten Lächeln, das seine Kollegen für die Erinnerungsfotos der Fans vor Beginn des Trainings anknipsten. Noch am Sonntag sollte Süle, 24, operiert werden, teilten die Münchner mit und schrieben von einem „herben Schlag“ für den Innenverteidiger und den FC Bayern. Auch für Joachim Löw traf dies zu, siebeneinhalb Monate vor Beginn der EM, die für Süle zu früh kommen könnte. „Eine ganz bittere Nachricht“ sei die schwere Blessur seines „Fixpunktes“, Süles Ausfall sei „schmerzlich und beeinträchtigt die Entwicklung unserer im Umbruch befindlichen jungen Mannschaft“, wurde der Bundestrainer in einer DFB-Mitteilung zitiert. Er sieht sich neben dem Verlust seines Abwehrchefs zudem mit der Unannehmlichkeit einer Neuauflage der Debatte um eine Rückkehr von Borussia Dortmunds Mats Hummels konfrontiert.
Entsetzen auch bei Bundestrainer Joachim Löw
Bereits als 19-Jährigem bei der TSG Hoffenheim war Süle das vordere Kreuzband im linken Knie gerissen, wie am Samstag in der Frühphase des 2:2 (1:1) in Augsburg auch im Dezember 2014 ohne direkte Einwirkung eines Gegenspielers. Und das, was er damals sagte, könnte nun ähnlich gelten. „Ich bin geschockt. Ich gehe davon aus, dass die Saison für mich gelaufen ist, weil ich weiß, dass ein Kreuzbandriss sechs bis acht Monate Pause bedeutet. Deshalb bereite ich mich in aller Ruhe auf die kommende Saison vor. Ich will nichts überstürzen“, ließ Süle vor fünf Jahren wissen.
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Wie Süle noch während des Spiels ins Augsburg auf Krücken aus dem Stadion humpelte, war der bildliche Überbau eines insgesamt betrüblichen Nachmittags für den FC Bayern beim kleinen Nachbarn. Eigentlich hätte das Derby dazu dienen sollen, die 1:2-Heimniederlage gegen Hoffenheim von vor der Länderspielpause mit einem Auswärtssieg abzumildern. Stattdessen müssen die Münchner nun zwei Wochen später neben Süles möglichem Saison-Aus eine weitere gefühlte Niederlage durch den späten Ausgleich des Augsburger Angreifers Alfred Finnbogason (90.+1) verarbeiten und damit den nächsten Rückschlag in der Liga vor der an diesem Montag beginnenden Dienstreise zu Olympiakos Piräus (Dienstag, 21 Uhr/Sky) in der Champions League.
Tolisso bricht im Training zusammen
Am Tag danach Corentin Tolisso daheim an der Säbener Straße für eine Schrecksekunde sorgte. Der 24 Jahre alte Franzose ließ sich gegen Ende des Sonntags-Trainings auf dem Grün nieder, fasste sich ans Herz. Entsetzen in den Gesichtern der Mitspieler, die Vertreter der medizinischen Abteilung kümmerten sich umgehend um den Weltmeister. „Alles okay“, teilte der Verein am Nachmittag jedoch entwarnend mit.
Die Begleitumstände des verschenkten Sieges nährten den Eindruck, dass der FC Bayern wie 2018 auch in diesem Herbst vom Blues erfasst worden ist. Vor einem Jahr leitete diesen ein 1:1 gegen den FCA ein. Nun stecken die Münchner schon mittendrin nach nur vier Siegen aus acht Ligaspielen, der schlechtesten Punktausbeute seit neun Jahren und je zwei Gegentoren in den jüngsten vier Partien sowie insgesamt zehn Gegentoren in der Liga, so viele wie seit elf Jahren nicht mehr, als es unter Jürgen Klinsmann zu diesem Zeitpunkt 13 waren. Anzeichen verstärkter Verstimmtheit ließ auch der aktuelle Trainer Niko Kovac erkennen, der auf der Pressekonferenz äußerst dünnhäutig auf Nachfragen zu dem zum sechsten Mal in Serie eingewechselten Thomas Müller und zur Schlussphase reagierte.
Trainer Niko Kovac reagiert dünnhäutig auch Nachfragen zu Thomas Müller
„Entschuldigung, Sie müssen schon bei der Wahrheit bleiben. Martin, entschuldige bitte, aber das muss ich jetzt mal klären“, ging Kovac dazwischen bei der Frage an Augsburgs Trainer Schmidt, ob die mutigere Mannschaft belohnt worden sei. „Haben Sie nicht gesehen, dass wir die ganze Zeit versucht haben, das dritte Tor zu schießen?“, fragte Kovac. „Doch“, antwortete der Fragesteller. „Also, dann erzählen Sie bitte nicht irgendwas anderes“, sagte Kovac. Bezug genommen hatte der Fragesteller auf Kovacs vorherige Äußerung, wonach man auch als Bayern München am Ende gut verteidigen müsse, „da brauchen wir nicht noch ein drittes Tor, sondern kein zweites vom Gegner“. Kovac wirkte in seiner Verärgerung wie der Seismograf der zunehmenden Unruhe beim FC Bayern nach der nächsten Erschütterung des Selbstverständnisses, garniert von seiner ersten Absetzbewegung („Umsetzen müssen es die Spieler“). Er wirkte aber auch ähnlich wenig souverän wie seine Mannschaft zu Beginn und gegen Ende des Spiels, als sie wiederkehrende Mängel im Aufbau und Abschluss vorführte.
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Mit dem 1:0 nach 28 Sekunden von Augsburgs U21-Nationalspieler Marco Richter hatte der Nachmittag begonnen. Am 15. Februar, beim vorherigen Gastspiel der Münchner in Augsburg, hatten sie bereits nach zwölf Sekunden zurückgelegen, aber noch 3:2 gewonnen. Nun reichte es auch deshalb nicht dazu, weil die überwiegend dominanten Bayern nach den Toren von Robert Lewandowski (14.) und Serge Gnabry (49.) es versäumten, weitere Großchancen zu nutzen, begleitet von teils erstaunlichen Einladungen zu Augsburger Kontern. „Ballverluste gehören dazu“, sagte Kapitän Manuel Neuer, sie seien aber „viel zu häufig der Fall“. Seine Diagnose, dass den wiederholten Makeln „natürlich auch ein Kopfproblem“ zugrunde liege, unterfütterte er mit dem Hinweis auf die Zeitpunkte der Gegentore. Und dass man „sich die Punkte klauen lässt, das ist nicht Bayern-like“, sagte der Torwart, vier Siege nach acht Spielen seien „nicht unser Anspruch“. Das weiß auch Kovac, der den Herbst-Blues nun ohne Süle bewältigen muss.