München. Dem 7:2 in Tottenham lassen die Münchener überraschend ein 1:2 gegen Hoffenheim folgen. Torwart Neuer nennt das einen „Warnhinweis“.
Lachende Gesichter gab es durchaus am Sonntag beim Mannschaftsbesuch des FC Bayern auf dem Münchener Oktoberfest. Und zumindest Hasan Salihamidzic hatte sogar schon direkt nach der 1:2 (0:0)-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim einen Scherz über die Lippen gebracht, wenn auch einen voller Sarkasmus. „Das sind wir ja schon gewohnt“, sagte der Sportdirektor und erinnerte damit süßsauer an die Vorjahre, in denen sich die Münchener einige Misserfolge während der Wiesn erlaubt hatten.
Abgesehen von seinen Äußerungen ging es am Samstagabend in der Interviewzone sehr ruhig zu, jedenfalls auf der Seite der Bayern. Denn ein Spieler nach dem anderen trat aus dem Kabinengang, schüttelte mit dem Kopf oder winkte ab und ließ die Medienvertreter mit ihren Fragen zurück, mit Ausnahme des stets höflichen Philippe Coutinho.
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Es war das unerwartete Ende einer ohnehin verblüffenden Woche, die nach dem wackeligen 3:2 beim Aufsteiger Paderborn den rauschhaften 7:2-Sieg in der Champions League beim Vorjahresfinalisten Tottenham Hotspur am Dienstag bereitgehalten hatte. Nun aber gehen die Bayern unabhängig vom gemeinsamen Wiesnbesuch mit Kopfschmerzen in die Länderspielpause.
„Wir haben die Bundesliga noch mal spannend gemacht“
„Sehr ärgerlich für uns“, sagte Salihamidzic, er behielt aber eine grundsätzlich selbstgewisse Tonalität bei. „Wir haben die Bundesliga noch mal spannend gemacht“, sagte er und gab außerdem bekannt, dass man neben dem Österreicher David Alaba (Haarriss in einer Rippe) auch den Franzosen Lucas Hernández (Kniereizung) trotz dessen Nominierung nicht für die Nationalmannschaft abstellen werde.
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Fest eingeplant gewesen war eigentlich ein weiterer Sieg gegen die zuvor sehr mäßig in die Saison gekommenen Hoffenheimer. Der vierte Sieg während des Oktoberfestes hätte es sein sollen und damit eine weiße Wiesn-Weste, was zuletzt 2015 unter Pep Guardiola gelungen war, mit dem sogar fünf Siege während des Volksfestes angehäuft worden waren. Stattdessen setzte es die erste Niederlage in dieser Bundesligasaison, die erste Heimniederlage seit einem Jahr und die erste gegen die TSG überhaupt. Es war eine, die Kapitän Manuel Neuer als „Warnhinweis“ einstufte und Trainer Niko Kovac wegen des Mangels an Entschlossenheit als „nicht unverdient“.
Angriffe nur schleppend vorgetragen
Schon in der ersten Halbzeit, mit derselben Formation wie in der zweiten in Tottenham, hatte sich der Eindruck eingestellt, dass die denkwürdigen Ereignisse in London nicht in den Ligaalltag überführt werden können. Schleppend trugen die Bayern ihre Angriffe vor, nachdem sie durch Sargis Adamyan beinahe früh in Rückstand geraten wären. Da konnte Jérôme Boateng noch dazwischenfunken, später aber nutzte Adamyan bei seinem Startelfdebüt die Chancen zum 1:0 (54.) und 2:1 (79.) für Hoffenheim und tunnelte Boateng dabei jeweils. Anzulasten waren dem Innenverteidiger die Gegentreffer aber nur bedingt. Sondern vor allem seinen Vorderleuten, die sie mit ihren Ballverlusten heraufbeschworen hatten, zunächst Corentin Tolisso, später der eingewechselte Ivan Perisic.
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„Das ist das, was du in der Bundesliga oder international nicht machen darfst“, tadelte Kovac und zog ein Zwischenfazit, das im krassen Kon-trast zur Feststimmung nach dem Triumph in Tottenham stand. Er sagte: „Wir sind anscheinend noch nicht so weit, das gute Spiel alle vier Tage zu bringen.“
Es fügte sich in die übergeordneten Eindrücke, dass den Bayern Konstanz und Kontrolle abgehen, sowohl über mehrere Spiele hinweg als auch in den einzelnen Spielen. Immerhin Robert Lewandowski hatte jene Beständigkeit gezeigt, die die anderen wankelmütigen Bayern nicht nachweisen konnten. Das zwischenzeitliche 1:1 (74.) war sein 15. Tor im elften Pflichtspiel der Saison, nach einer perfekten Flanke aus dem Halbfeld des gefrusteten Einwechselspielers Thomas Müller, der zudem die wenig aufbauende Ansage („Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit auch seine Minuten bekommen“) von Kovac vor dem Spiel bei Sky verdauen muss.
Salihamidzic fordert mehr Abgeklärtheit
„Wir haben immer so Phasen, in denen wir gefährdet sind, Tore zu kriegen“, erkannte derweil Salihamidzic. Eine Dauerdominanz über 90 Minuten hinweg könne niemand erwarten, sagte er zwar. Aber doch mehr Geschick und Abgeklärtheit in den weniger dominanten Phasen. Diesmal aber, sagte Salihamidzic, „waren wir einfach nicht gut, nicht da“, man habe „zu wenig Kontrolle gehabt“, sich „viele einfache Fehler geleistet“, „und auch über außen konnten wir nie richtig Druck erzeugen“.
Die lange Mängelliste unterfütterte er mit einem dezenten Hinweis zu Einstellungsfragen: „Man sieht, dass man auch in der Bundesliga 100, 110 Prozent bringen muss und nicht nur in der Champions League.“ Oder wie es Kovac bedauernd formulierte: „Der letzte Eindruck ist immer der, der bleibt.“ Damit stießen sie nun an auf der Wiesn, als Blamierte kurz nach dem 7:2 in Tottenham.