Manchester. Nach dem 0:7 bei Man City zeigt sich Schalke-Coach Tedesco “extrem enttäuscht“. An Rücktritt denkt er aber “keine Sekunde“. Gleichwohl wird es schwer, das Team bis zum Spiel gegen Leipzig aufzurichten. Falls man ihn noch lässt. Schneider kündigt eine Entscheidung an.

Selbst unter dem größten Druck wahrte Domenico Tedesco noch die Contenance, allerdings machte auch der Trainer des FC Schalke 04 nach der Rückkehr vom 0:7 bei Manchester City nicht gerade einen hocherfreuten Eindruck.

Bei der Ankunft auf dem Flughafen Münster-Osnabrück erfüllte er anders als seine Spieler sogar noch Autogrammwünsche einzelner Fans und stand für Selfies zur Verfügung. Dann verschwand der 33-Jährige im wartenden Mannschaftsbus, um die letzte Etappe einer höchst unerfreulichen Dienstreise anzutreten, deren Verlauf ihn um seinen Job bringen könnte.

Die spannendste Frage nach dem Debakel der Königsblauen wird aber erst noch beantwortet. Geht es weiter mit Tedesco? Nach der höchsten Europacup-Pleite der Clubgeschichte hatte Sportvorstand Jochen Schneider auf seiner ersten Auslandsreise mit dem Revierclub die deprimierende Lehrstunde erstmal verdauen müssen und gab erst vor dem Abflug ein Statement ab. Und das verhieß für den Trainer nichts Gutes: "Wir können nach dem Spiel nicht zur Tagesordnung übergehen. Wir werden die nächsten Stunden nutzen, um das intern zu besprechen und werden uns morgen erklären."

Anders als geplant und am vergangenen Wochenende verkündet, droht dem jungen Fußball-Lehrer bereits vor der Bundesliga-Partie gegen RB Leipzig das Aus. Eine Garantie bis zu dem Samstag wollte Schneider dem Coach nicht mehr geben: "Wo gibt es Garantien? Nicht mal die Deutsche Bank garantiert irgendwas."

Das Motto lautet: Nur keine unüberlegte Entscheidung aus den Emotionen heraus treffen. Dass die fünfte Pflichtspielpleite nacheinander mit einer Flut von 21 Gegentoren für Tedesco folgenlos bleibt, ist schwer vorstellbar. Nach dem Auftritt beim übermächtigen englischen Meister, der streckenweise mit Zauberfußball begeisterte, scheint eine sofortige Trennung unausweichlich.

Dann müssen die Verantwortlichen aber entweder schnell einen Nachfolger oder eine erfolgversprechende Interimslösung präsentieren. "Wir müssen die Gesamtsituation erörtern. Es ist natürlich nicht nur isoliert das eine Spiel", sagte Schneider. "Du kannst gegen Manchester City verlieren. Das ist eine der Top-Vier-Mannschaften auf der Welt. Aber egal wie stark der Gegner ist, du kannst dich nicht so präsentieren", sagte Schneider.

Dass er freiwillig wie zuvor Ex-Manager Christian Heidel den Rückzug antritt, schloss Tedesco noch im Etihad-Stadion aus. "Ich habe keine Sekunde daran gedacht. Ich bin selbst jetzt stolz, Trainer von Schalke 04 zu sein. Aber wir sind extrem enttäuscht über das Spiel und das Ergebnis. Es fühlt sich nicht gut an", sagte er nach der höchsten Niederlage eines deutschen Teams in der Königsklasse.

Wie bereits nach dem Hinspiel gegen City (2:3) sowie den folgenden frustrierenden Niederlagen in Mainz (0:3), gegen Düsseldorf (0:4) und in Bremen (2:4) stellte Tedesco sich tapfer vor seine Jungs. Ihm ist anzumerken, dass ihm die Lage des akut vom Abstieg bedrohten Clubs nahe geht. Seine eigenen Befindlichkeiten stellt er zurück, so gut es geht: "Grundsätzlich mache ich mir keine Gedanken über mich."

Bis zur Führung des Millionen-Ensembles durch den umstrittenen und frech verwandelten Foulelfmeter von Sergio Agüero (32.) hatte der Bundesliga-14. sich tapfer gewehrt und mit einer disziplinierten Defensivleistung kaum Chancen zugelassen. Doch dann nahm das Unheil plötzlich seinen Lauf: Torhüter Ralf Fährmann musste bis zur Pause noch das zweite Tor des Argentiers Agüero (38.) sowie den Treffer des überragenden Leroy Sané (42.) hinnehmen, der später noch drei Tore vorbereitete. "Dann sind wir zusammengesackt. Ich habe den größten Spannungsverlust erlebt, seit ich Trainer bin", sagte Tedesco.

Nationalstürmer Sané zeigte Mitgefühl für seinen Ex-Club: "Wir wissen natürlich, wie die Situation derzeit bei Schalke ist. Da ist es immer schwer, nach einem Gegentor weiter hart zu kämpfen." Raheem Sterling (56.), Bernardo Silva (71.), Phil Foden (78.) und Gabriel Jesus (84.) schraubten gegen die resignierende Revierelf wie im Training das Resultat in die Rekordhöhe. "Klar, sie hören dann nicht auf, Fußball zu spielen und hatten Spaß", beschrieb Tedesco die auch für die fast 3000 mitgereisten Fans kaum zu ertragende Demontage. Die Frage, ob das Team Tedesco weiter folgen will, ist offen.

Guido Burgstaller beantwortete dies auch nicht zufriedenstellend. "Es geht nicht um die Mannschaft, es geht nicht um den Trainer, es geht um den Verein. Jetzt müssen wir die Köpfe wieder nach oben nehmen, es gegen Leipzig besser machen und versuchen zu punkten. Wir werden die Ärmel hochkrempeln und weiterkämpfen", sagte der Österreicher.

Trotzt allen Frusts offenbarte Tedesco kaum Anzeichen von Resignation oder Motivationsverlust für einen neuerlichen Kraftakt. "Spätestens nach 48 Stunden muss das Spiel aus den Köpfen sein, und wir müssen den Fokus auf Leipzig richten", sagte er. "Der Glaube" an einen "ganz anderen Auftritt" sei da: "Wir geben uns jetzt nicht auf. Wenn wir nicht selbst an uns glauben, wer dann?"