Nürnberg/München. Aufsteiger 1. FC Nürnberg will sich endlich wieder als Bundesligist etablieren. Aber ihm fehlt die Finanzkraft. Der Bundesliga-Check.
Noch immer wird der 1. FC Nürnberg als der zweiterfolgreichste Verein hinter dem FC Bayern geführt, jedenfalls nach Anzahl der deutschen Meistertitel. Deren neun hat der FCN in seiner Geschichte errungen, was im Vergleich zu den Münchnern (28) zwar vergleichsweise wenig ist, aber immer noch mehr als Borussia Dortmund (8), der zweiterfolgreichste Verein der jüngeren Vergangenheit.
Nur zwei Zugänge verfügen über Bundesligaerfahrung
Wie lange die großen Erfolge der Nürnberger zurückliegen, zeigt sich auch an dem Umstand, wen sie sich aktuell zum Vorbild nehmen. „Vereine wie Augsburg, Freiburg oder Mainz machen das seit Jahren sehr gut und setzen das Geld extrem effizient ein. Unsere Rahmenbedingungen sind aufgrund der Region und der Relevanz des Clubs sicher besser, aber der Abstand ist durch die Entwicklung der letzten fünf Jahre sehr groß“, sagt Finanzvorstand Michael Meeske. Für den Aufsteiger gelte nach vier Jahren in der zweiten Liga im Vergleich zu Augsburg und den anderen Vorbildern: „Da müssen wir überhaupt erst wieder rankommen.“
Ob das gelingen und der FCN sich nach Jahrzehnten der Ab- und Aufstiege nun wieder in der Bundesliga etablieren kann, wird im Umfeld des Vereins bezweifelt. Vor allem, weil die derzeitige Mannschaft als nicht ausreichend besetzt eingeschätzt wird, um das Ziel Klassenverbleib zu erreichen. Verstärkungen für die Offensive sollen nach dem Pflichtspielauftakt an diesem Samstag im Pokal beim SV Linx aus der Oberliga Baden-Württemberg zwar kommen. Doch weil der Club nach wie vor finanziell arg eingeschränkt ist, gestaltet sich die Aufgabe für Sportvorstand Andreas Bornemann schwierig, gestandene Profis zu verpflichten. Von den bisherigen Zugängen verfügen nur der vorläufige Ersatz-Torwart Christian Mathenia (HSV) und Robert Bauer (Bremen) über Bundesligaerfahrung. Die übrigen Neuen gelten als Talente, die noch reifen müssen. Immerhin zählte zu den neun Abgängen nur ein Stammspieler. Kevin Möhwald zog es zum SV Werder.
Der Bundesliga-Check
Deutschland ist ein Land mit 82 Millionen Bundestrainern. Einige von ihnen sitzen in der Sportredaktion Ihrer Zeitung und tippen den Ausgang der neuen Bundesligasaison. Wer Meister wird, wer absteigt, wissen wir natürlich nicht. Aber bis zum ersten Spiel am 24. August zwischen den Bayern und Hoffenheim beleuchten wir täglich einen Klub und vervollständigen die Tabelle. Ob wir Experten sind? Das wissen wir erst am 18. Mai 2019.
Vielerorts würde sich in einer derartigen Gemengelage große Nervosität vor dem Saisonstart breitmachen. Dass davon wenig zu vernehmen ist bei den Nürnbergern, hat viel mit Trainer Michael Köllner, 48, zu tun. Der Oberpfälzer, im März 2017 vom U21-Coach zum Cheftrainer aufgestiegen, widersetzt sich so weit wie möglich den Gesetzmäßigkeiten der Branche und vermittelt dies auch seinen Spielern, indem er sie gezielt mit fachfremden Themen in Kontakt bringt, von Leseempfehlungen bis zu Friedhofsbesuchen. Und obwohl sogar seine Spieler die Meinung teilen, für das voraussichtlich knifflige Ringen um den Ligaverbleib noch zusätzliche Kräfte zu benötigen, verzichtet Köllner auf Forderungen.
Club-Trainer Köllner: "Wir standen vor zwei Jahren vor dem Exitus"
„Jedem muss bewusst sein, dass der 1. FC Nürnberg vor zwei Jahren kurz vor dem Exitus stand. Wir sind jetzt von der Intensivstation runter, liegen aber noch auf Station. Trotzdem sind wir aufgestiegen“, sagt er nicht ohne Stolz. Aus diesem vor allem mit spielerischen Mitteln erzielten Erfolg zieht er viel Optimismus, auf den er neben dem Teamgeist setzt. „Es geht jetzt nicht um ein Jahr Bundesliga, der Verein muss auch in fünf bis zehn Jahren noch top dastehen. Deswegen fordere ich auch nicht auf Gedeih und Verderb Neuzugänge“, sagt Köllner, „Ziel muss es sein, den 1. FC Nürnberg weiter zu stabilisieren, ihn auf eine solide finanzielle Basis zu stellen und den eingeschlagenen Kurs einzuhalten. Deswegen tut jeder gut daran, mit der nötigen Erdung in die Saison zu gehen.“ Köllner verfügt über diese – 50 Jahre nach dem letzten deutschen Meistertitel.
Unser Tipp: Platz 18