Leipzig. Atemprobleme und Schwindel hatten Leipzig-Torjäger Timo Werner außer Gefecht gesetzt. Nun meldet sich Werner vor dem Spiel beim BVB zurück.
Er kam spät. 15 Spieler des Bundesligisten RB Leipzig wärmten bereits Bänder, Muskeln und Gemüt an diesem regenkühlen Dienstagvormittag, da klickte die Tür zum Kabinentrakt. Stimmen wurden laut: „Er kommt!“, „Dort isser!“ „Tiiiimo!!“ In der ersten Tribünenreihe saßen mehrere Kinder. Sie glucksten und riefen wie das Publikum bei Popkonzerten. Timo Werner schritt vorbei, grüßte und zog einen Lauf Richtung seiner Kameraden an. Leibhaftig, der Stürmer des Tabellenvierten war doch noch gekommen.
Als es Richtung der Kollegen in der Feldmitte ging, zitierte ihn Athletiktrainer Nicklas Dietrich allerdings zur Rasenseite. „Wir werden die Belastung peu à peu steigern“, hatte RB-Trainer Ralph Hasenhüttl vorige Woche in Aussicht gestellt. Werner lief sich also separat warm, jonglierte ein paar Mal mit dem Ball, traktierte die Werbewände mit Schüssen, lief um ein paar Hütchen. Nach 30 Minuten setzte der 21-Jährige sich in den Getränke-Caddy des Vereins, saß da eine Viertelstunde und schrieb anschließend auf einer Länge von 50 Metern Autogramme.
Mit Belastung steigern hatte das wenig zu tun. Aber egal! Hauptsache da! Außerdem sind es ja noch ein paar Tage bis Samstagabend. Das sollte reichen, um die Blockade der Halswirbelmuskulatur zu lösen, die Werner seit mehr als zwei Wochen mit Atemproblemen und Schwindel außer Gefecht gesetzt hatte. Samstag reist RB Leipzig zu Borussia Dortmund (18.30 Uhr/Sky), es ist das Topspiel des Wochenendes, Tabellenführer gegen Vorjahreszweiten, die Ausschreitungen und massenhaften Verunglimpfungen beim Spiel vorige Saison in Dortmund füllen die Partie mit zusätzlichem Stoff.
Als Außenseiter ins Spitzenspiel
Mit Werner steigen die Chancen, etwas mitzunehmen aus dem größten Fußballpark der Republik. Jedoch: Das letzte Mal, dass der BVB in der Meisterschaft zu Hause verloren hat, ist gut zwei Jahre her. RB unterlag im vorigen Winter 0:1.
In Leipzig geht nach den zuletzt unsteten Leistungen in Liga und Europapokal die Sorge um, dass es in Dortmund wieder eine Pleite setzen könnte, die vielleicht einen Trend für die darauf folgenden Englischen Wochen auslöst. Dienstag darauf kommt der FC Porto zu Besuch, danach der VfB Stuttgart, anschließend treffen die Sachsen in Liga und Pokal zweimal auf die Bayern, zum Abschluss der Serie geht es nach Portugal zum Rückspiel gegen den Champions-League-Gruppengegner vom Douro.
Auch interessant
Ohne Werner? Nur nicht drüber nachdenken! Der sprintschnelle Stoßstürmer ist Leipzigs mächtigste Offensivkraft. 21 Tore schoss er in der vergangenen Saison, fünf sind es bereits in dieser. Spielt der Nationalspieler, der auch beim DFB als Stammkraft gilt, sind Treffer gewiss. Spielt er nicht, so wie gegen den 1. FC Köln vor der Länderspielpause, trifft RB zwar auch, Leipzig brauchte für seine zwei Tore beim späteren 2:1 allerdings ein Dutzend Großchancen. Die wird es gegen Dortmund nicht geben. Also braucht es einen wie Werner, der mittlerweile auch Halbchancen beim Gegner versenken kann.
Es gibt keine Werner-Kopie
Die Abhängigkeit von Werner freilich ist ein Handicap im Spiel des Vorjahresaufsteigers, das Hasenhüttl nur durch eine Systemumstellung kompensieren kann. Mit Werner kann er nach bester Leipziger Art gegenpressen und überfallartig kontern. Der Trainer hat aber keine Kopie auf der Position des Stoßstürmers. Fehlt Werner, muss Flügelspieler Marcel Sabitzer in die Spitze. Der freilich ist nicht so reaktionsschnell, weshalb RB im Verbund angreifen muss, um den Ball in Tornähe zu bekommen. Können sie, aber noch nicht auf Topniveau.
Doch Werner war ja gekommen – ein Lichtblick! Spielt er? Trainer Hasenhüttl lächelte milde bei der Frage. Keine Antwort, natürlich nicht. „Aber der Timo wird nun ins Mannschaftstraining einsteigen.“ Dann werde man sehen, „wie weit wir ihn belasten können.“