Moskau/Kasan. Cristiano Ronaldo will Real Madrid verlassen - ein PR-Trick oder doch die Wahrheit? In den Streit wird sogar der FC Bayern reingezogen.
Jetzt ist also auch der FC Bayern im Gespräch. Was natürlich nur eine Frage der Zeit war, wenn man die Ausgangslage bedenkt: Fußball-Star Cristiano Ronaldo will vor Real Madrid und dem spanischen Finanzamt fliehen und kann sich dabei nur verschlechtern. Barcelona kommt aus naheliegenden Gründen nicht in Frage; beim größten englischen Klub Manchester United war er schon mal. Da wären die Bayern laut Gazzetta dello Sport mit seinem Ex-Trainer Carlo Ancelotti wohl tatsächlich der beste Ausweg für Ronaldo. Wenn er den Ausweg denn braucht. Eine Frage ist ja: Wer hat mehr zu verlieren in der Steuer-Affäre – er oder sein Klub?
Auch der Confed-Cup kennt kaum ein größeres Thema. Das Auftaktspiel gegen Mexiko (2:2) geriet fast zur Nebensache.
Ronaldo verärgert über Real Madrid
Das Turnier würde er gern gewinnen, das hat Ronaldo selbst gesagt. Danach will er nicht mehr nach Spanien zurückkommen, das hatte sein mächtiger Agent Jorge Mendes am Freitag über seine portugiesische Hauszeitung „A Bola“ verbreiten lassen: Die Entscheidung sei „unumstößlich“, Real-Präsident Florentino Pérez bereits mitgeteilt und basiere auf der Empörung über die Anzeige wegen möglicher Steuerhinterziehung in Höhe von 14,7 Millionen Euro. Und als alle Welt am Wochenende auf ein Dementi wartete, ließ der Berater den Konflikt nur weiter eskalieren: Hier ein Angebot von United, da Fotos von einem Treffen mit Paris St. Germain, dort der Instagram-Eintrag eines Journalistenfreundes: Ronaldo wirke „sehr verärgert über seinen Verein“.
Ronaldo-Berater streut Gerüchte
Real Madrid trage eine Mitschuld an den beanstandeten Finanzkonstruktionen, auch diese Nachricht lässt Mendes kursieren.
Auch interessant
Mit solchen Nebelkerzen verhüllt er nur, wie ernst es um seinen Star steht. Zahlreiche seiner Klienten und Ex-Klienten sind bei der spanischen Steuerfahndung aktenkundig, immer geht es um Briefkastenfirmen. Radamel Falcao, ehemals Stürmer von Atlético Madrid, sagte vor Gericht sogar aus, Mendes habe sich das System einfallen lassen – weshalb auch gegen den Berater ermittelt wird.
In einem seit Tagen währenden PR-Krieg war der Klub zwar Ronaldo mit einem Kommuniqué zur Seite gesprungen (was man bei den ebenso betroffenen Profis Pepe und Luka Modric nicht tat). Aber es gab auch die Geschichte, wonach vereinsnahe Medien gebeten worden seien, ihn bei Nachrichten über die Steueraffäre lieber im portugiesischen Trikot abzubilden.
Zusätzlich geschockt haben dürften Ronaldo die kühlen Antworten auf seine Abschiedsdrohung. Man hoffe auf Besinnung, lancierte Real Madrid, werde aber niemanden gegen seinen Willen behalten. Auf keinen Fall erpressbar werden – die in Fällen wie Mesut Özil oder Ángel Di María erprobte Tradition halten sie in Madrid wegen der Star-Dichte im Kader für essenziell. Bei Ronaldo gab es zwar schon mal eine Ausnahme, als er 2012 verlautbaren ließ: „Ich bin traurig, und der Verein weiß, warum.“ Aber da war er auch noch fünf Jahre jünger. Jetzt ist er 32. Und damit eher ersetzbar.
Real Madrid fühlt sich erpresst
Real hat einen alten Plan von Präsident Pérez in der Schublade: die Thronübergabe von Ronaldo auf den einst zu genau diesem Zweck verpflichteten Gareth Bale. Das Projekt wurde nur durch Ronaldos brillante Form und die Verletzungsanfälligkeit des Walisers aufgeschoben.
Bei 200 Millionen Euro soll das Preisschild hängen, aber es würde wohl billiger gehen. Ronaldos neuer Verein könnte sich nicht nur auf ein Marketingmonster freuen, sondern auch auf einen Profi, der dank seiner Verwandlung zum Mittelstürmer und eiserner Körperpflege bis an die 40 Jahre spielen will.
Und sollten die Bayern wirklich interessiert sein, kennen sie schon mal die richtige Telefonnummer: Mit Ronaldos Berater Mendes wickelten sie vorigen Sommer schon einen Transfer mit einem Portugiesen ab – den von Renato Sanches.