Essen. Sportlich hat RB Leipzig die Quali zur Champions League zwar geschafft. Aber bei einer Meisterschaft von RB Salzburg droht ein Regelstreit.

Samstagabend im Olympiastadion feierten die Bundesligaprofis von RB Leipzig nach dem 4:1 bei Hertha BSC die sportliche Qualifikation zur Champions League. Rechnerisch ist den Sachsen das Startrecht in der Königsklasse nicht mehr zu nehmen. Der Jubel über mögliche Duelle mit Real Madrid oder dem FC Barcelona ist allerdings einer unter Vorbehalt.

RB Salzburg fehlt nur noch ein Punkt aus vier Spielen

Sollte nämlich RB Salzburg in der österreichischen Bundesliga Meister werden (es fehlt nur noch ein Punkt aus den verbleibenden vier Spielen), wären zwei RB-Teams in der Champions League dabei. Zumindest: theoretisch.

Genau dieser Umstand ruft die Europäische Fußball-Union (Uefa) auf den Plan. Es gibt schließlich Paragraf 5, der die Integrität des Wettbewerbs regelt: Klubs, die vom selben Geldgeber oder von denselben Personen gesteuert werden, dürfen nicht im selben Wettbewerb spielen.

Lässt die Uefa nur eines der RB-Teams zu, hätten die Salzburger als Meister den Vorrang vor Leipzig auf Tabellenplatz zwei oder drei der Bundesliga-Tabelle. Leipzig dürfte auch nicht in der Europa League dabei sein, da Salzburg die Play-off-Runden zur Champions League verlieren könnte.

Auch interessant

Kommt es so weit? Leipzigs Vorstandschef und Geschäftsführer Oliver Mintzlaff bleibt gelassen: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind regelkonform aufgestellt.“ Heißt: Die personellen Verflechtungen zwischen Leipzig und Salzburg sind auf dem Papier gelöst. Der ehemalige Salzburger Sportdirektor Ralf Rangnick ist ebenso nur noch für Leipzig tätig wie Mintzlaff, der bis 1. Juli 2015 als Head of Global Soccer das Fußball-Projekt Red Bull steuerte. Leipzig hat nicht mehr nur einen Sponsor, nämlich Red Bull, sondern mittlerweile 16.

Der Salzburger Etat, auch das ist ein Aspekt der Integritätsregel der Uefa, besteht derzeit zu weniger als 30 Prozent aus Red-Bull-Geldern des Konzernchefs Dietrich Mateschitz. Der Konzern ist in Salzburg nicht mehr Anteilseigner, sondern nur noch Trikotsponsor. Auch Salzburg wäre damit nach Uefa-Paragraf 5 regelkonform.

Leipzig steuerte 32 Millionen Euro vor und während der Saison nach Salzburg

Eines dürfte die Uefa beschäftigen: Mit den Transfers von Naby Keita (15 Millionen Euro), Dayot Upamecano (10 Millionen) sowie Bernardo (6 Millionen) und Benno Schmitz (800 000) haben die Leipziger rund 32 Millionen Euro vor und während der Saison nach Salzburg gesteuert. Nur so ließ sich Mateschitz’ Finanzanteil am österreichischen RB-Klub auf unter 30 Prozent drücken.

Die Uefa hält sich zum Thema bedeckt, wird den RB-Fall nach der Saison aber beleuchten – und entscheiden müssen.

Die Red-Bull-Krake mit Standorten in New York und im brasilianischen Campinas (Red Bull Brasil) ist im Weltfußball kein Einzelfall. Professor Dr. Sascha Schmidt, Leiter des Centers für Sport und Management an der WHU in Düsseldorf, hatte im Gespräch mit dieser Zeitung bereits betont: "Die Topklubs werden ihr Geld nicht nur ins eigene Personal stecken. Sondern zunehmend global agieren."

Die City Group mit Sitz in Abu Dhabi hat ihr Netz für Manchester City schon geflochten. Sheikh Mansour bin Zayed al Nahyan nutzt seinen Reichtum lange nicht mehr nur, um die Sky Blues im Etihad Stadium auf Meisterschaftskurs in der Premier League zu bringen. New York FC in der Major League Soccer und Melbourne City in der australischen A League gehören dem Scheich ebenso. Himmelblaue Trikots inklusive. An den Yokohama F Marinos in der japanischen J League besitzt die arabische Gruppe einen ausbaufähigen Firmenanteil von 20 Prozent. Himmelblaue Trikots für alle Beteiligten inklusive.

Mit einem Leihspieler-Trick schaffte es die Familie Pozzo 2013, ihren FC Watford zurück in die Premier League zu bringen. Papa Giampaolo Pozzo und sein Sohn Gino haben Udinese Calcio aus der Serie A unter ihren Fittichen, dazu den spanischen Erstligisten FC Granada. Und eben Watford. Das ehemalige Team von Starmusiker Elton John aus dem Norden Londons wurde mit vier Leihspielern aus Udine und Granada verstärkt. Eigentlich gegen die Regel der englischen Football Association (FA), maximal zwei Leihspieler einsetzen zu dürfen. Doch die Regel bezieht sich auf Leihspieler aus dem Königreich. Familie Pozzo beorderte die besten Spieler der eigenen Klubs nach Watford, um dort mit dem Aufstieg das neunstellig dotierte Fernsehgelder zu kassieren.

Einen anderen Weg des Geldgewinns hat Vincent Tan eingeschlagen. Der malayische Unternehmer mit einem Vermögen von rund 1,3 Milliarden Euro kaufte im Mai 2015 den insolventen bosnischen Meister FK Sarajevo. Aber nicht, um auf dem Balkan Ligasiege im Akkord zu feiern. Tan tilgte zwar 1,3 Millionen Euro an Schulden, steckte aber die restlichen 2,5 Millionen Euro in eine Jugendakademie, aus der mal ein wertvolles Talent entspringen soll. Das dann wiederum für teuer Geld in eine der großen Ligen gesteuert werden würde.

Der 64-jährige Tan sieht den Fußball als investimentative Spielwiese. Als er 2010 den walisischen Traditionsklub Cardiff City übernahm und die Vereinsfarbe Blau gegen sein Drachen-Rot tauschte, war unter den Fans der Teufel los. Es dauerte fünf Jahre, um diesen Kardinalfehler zu korrigieren. Diese Schwierigkeit gab es beim belgischen Erstligisten KV Kortrijk nicht. Der Klub spielt schon in Rot. Die belgische Jupiler League ist Tan allerdings zu klein. Der Asiate ist als geldgebender "Director" nun auch beim Los Angeles FC im Boot. Der Galaxy-Konkurrent soll 2018 in der Major League Soccer für Furore sorgen, wird aber von diversen Eigentürmern gesteuert. Etwa Youtube-Mitgründer Chad Hurley und Schauspieler Will Ferrell.

Auf kleinerer, aber erstaunlich breiter Spur agiert Roland Duchatelet. Der belgische Multimillionär ist Mehrheitseigner bei gleich fünf Vereinen in fünf Ländern. VV St. Truiden in Belgien und Ujpest Budapest in Ungarn spielen erstklassig. AD Alcorcon ist in der zweiten spanischen Liga unterwegs. Das Investement bei Regionalligist FC Carl Zeiss Jena ist ebenso von viel Hoffnung getragen.

Das Hauptaugenmerk des 70-jährigen Duchatelet liegt allerdings auf Charlton Athletic. Das ehemalige Premier-League-Team aus dem Londoner Osten dümpelt derzeit in der Drittklassigkeit. Duchatelet, der 2015 seinen Stammklub Standard Lüttich verkauft hat, wechselte in drei Jahren achtmal den Manager aus. Aktuell lenkt mit Katrien Meire eine belgische Rechtsanwältin die Geschicke im Ortsteil Greenwich.