Essen. Die Bundesliga hat eine Eurokrise. Spannung ersetzt Klasse im Kampf um die internationalen Plätze. Experte Olaf Thon bewertet die Kandidaten.
- Die Bundesliga hat momentan eine Eurokrise.
- Spannung ersetzt Klasse im Kampf um die internationalen Plätze.
- Experte Olaf Thon bewertet die Kontrahenten.
Die Frage nach dem Deutschen Fußball-Meister 2016 scheint entschieden. Umso interessanter ist, was sich in der Bundesliga dahinter abspielt. Doch der Kampf um den dritten Champions-League-Platz und die Europa-League-Ränge war lange Zeit nur ein „Schneckenrennen“.
Gleichzeitig klafft eine riesige Lücke zwischen den absoluten Topteams aus München und Dortmund und den ersten Verfolgern. Fehlt diesen Teams die Qualität, um sich dauerhaft mit den ganz Großen messen zu können? „Es ist nicht so, dass die Vereine nicht wollten, sie können eher nicht. Man kann keiner Mannschaft absprechen, dass sie nicht fighten würde. Siehe Schalke 04“, sagt Olaf Thon. Der ehemalige Schalke-Profi ist heute unter anderem als TV-Experte für den Sender Sport1 tätig, der am Donnerstag ab 19 Uhr das Europa-League-Achtelfinale zwischen dem FC Villarreal und Bayer Leverkusen überträgt.
Leverkusen spielt für Thon zu zerfahren
Dass die Werkself aber auch im nächsten Jahr international spielt, glaubt Thon nicht. „Bayer Leverkusen hat bisher eine sehr wechselhafte Saison gespielt. Ich glaube nicht, dass sie noch einmal einen solchen Schub bekommen“, meint Thon. Das Leverkusener Spiel sei zerfahren, eine klare Linie kaum erkennbar. Auch die Sperre für Trainer Roger Schmidt ist wohl nicht spurlos an Bayer vorbeigegangen: Die drei Spiele ohne Schmidt brachten nur einen Zähler ein – den vom 3:3 in Augsburg.
Eine noch größere Enttäuschung ist für Thon jedoch der VfL Wolfsburg: „Wolfsburg hätte für mich eigentlich ein Bayern-Herausforderer sein können, aber dort wird bei der Kaderplanung eher auf Talente in der Offensive als auf die Defensive gesetzt. Eine Meisterschaftssaison wird aber in der Abwehr entschieden.“
Mit schon 42 Gegentoren hat dann wohl auch Borussia Mönchengladbach schlechte Karten. „Ich denke, am Niederrhein ist keiner böse, wenn es dieses Mal nur für die Europa League reicht“, vermutet Thon. Nach einem kapitalen Fehlstart in die Saison hatten die „Fohlen“ auch mit großen Verletzungsproblemen zu kämpfen. „Das könnte am Ende den Ausschlag geben“, glaubt Thon.
60 Punkte sollten das Ziel sein
Auch Schalke litt unter der Doppelbelastung – anders als Mainz und Hertha BSC, die großen Überraschungen im sechsköpfigen Feld. „Für mich ist Berlin sogar eine noch größere Sensation als Mainz“, sagt Thon. Eine dieser beiden Mannschaften sieht er gemeinsam mit Schalke aber am Ende auf den Plätzen drei bis fünf. „Am Ende sollten 60 Punkte reichen, um Dritter oder zumindest Vierter zu werden“, rechnet Thon vor. 27 Zähler sind noch zu vergeben. „Dass Hertha davon noch 18 holt, halte ich für realistisch.“
Triumphiert am Ende also ein Außenseiter und zieht in die Königsklasse ein? Thon hält das für möglich: „Mainz 05 ist einfach ein unbequemer Gegner und hat das Zeug, bis zum Ende im Rennen um die Champions-League-Plätze mitzumischen.“ Wer Bayern schlägt, der hätte es wohl auch verdient.
Zuerst geht der Blick aber nach Berlin. „Vielleicht fällt am Freitag im Verfolgerduell zwischen Berlin und Schalke sogar schon eine kleine Vorentscheidung“, munkelt Thon. Schalke sieht er stark genug, um nicht nur dort zu bestehen.