München. . Vor genau 50 Jahren, am 26. Juni 1965, sicherte sich der FC Bayern mit einem 8:0 bei Tennis Borussia Berlin den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga. Stürmer Rainer Ohlhauser erinnert sich an das entscheidende Spiel in Berlin, an Sturmpartner Gerd Müller, – und wie er half, die zerbombte Münchner Staatsoper wieder aufzubauen.

Herr Ohlhauser, so richtig dramatisch verlief das entscheidende Aufstiegsspiel in Berlin damals nicht, erinnern Sie sich noch an Ihre Tore?

Rainer Ohlhauser: Natürlich. Ich traf gleich zu Beginn zwei Mal, nach einer Viertelstunde lagen wir 2:0 vorn. Damit war die Sache durch. Der Gerd schoss kurz darauf das 3:0, und dann ging’s dahin. Am Ende hatten wir acht Stück geschossen. Aber den richtig schweren Gegner hatten wir in der Aufstiegsrunde ja schon davor aus dem Weg geräumt.

Die erste Bundesliga-Mannschaft des FC Bayern vor der Saison 1965/1966, unter anderem mit Tschik Cajkowski, Sepp Maier, Gerd Müller und Rainer Ohlhauser.
Die erste Bundesliga-Mannschaft des FC Bayern vor der Saison 1965/1966, unter anderem mit Tschik Cajkowski, Sepp Maier, Gerd Müller und Rainer Ohlhauser. © Imago

Sie meinen die Alemannia aus Aachen, die vor dem letzten Spieltag immerhin nur einen Punkt hinter Bayern lag?

Ohlhauser: Ja, das war der härteste Brocken. Daheim haben wir die 2:1 geschlagen, auswärts am Tivoli gab’s dann ein 1:1. Zum Glück haben wir es nicht mehr vermasselt wie im Jahr davor. Da hatten wir in der Aufstiegsrunde zur Halbzeit als Spitzenreiter 5:1 Punkte und noch zwei Heimspiele vor uns. Und hatten’s trotzdem nicht geschafft.

Da fehlte Ihnen wohl ein motzender Mahner wie Matthias Sammer. Dafür liefen Sie in besagter Saison 1964/1965 richtig heiß. Nach den 38 Spieltagen der Meisterschaftsrunde hatte der FC Bayern ein Torverhältnis von 146:32. Wahnsinn.

Ohlhauser: Das waren zum Teil aber auch richtig schlechte Gegner. Wenn die mal ein Tor kassiert haben oder zwei, dann haben die sich aufgegeben, dann konnten wir die ordentlich herspielen. Es gab oft hohe Ergebnisse, einige zweistellig. 11:2 gegen den Freiburger FC, 10:0 gegen Darmstadt und Emmendingen.

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Mit Gerd Müller bildeten Sie das beste Sturm-Duo in der Geschichte des FC Bayern, Sie schossen in der Saison einschließlich Aufstiegsrunde 49 Tore, Müller 39. Waren Sie ein anderer Spielertyp als er?

Ohlhauser: Schon. Gerd konnte den Ball gut halten, gut Doppelpass spielen, war immer präsent. Aber er war anders. Ich konnte laufen, war schnell, ausdauernd. Habe mehr auch ins Mittelfeld zurückgearbeitet, das Spiel aufgebaut, hatte mehr Laufwege. Der Gerd und ich haben uns fantastisch ergänzt.

Wie viel Monatsgehalt gab‘s für Sie damals?

Ohlhauser: 200 Mark. Und pro Sieg noch 50 Mark extra. Ich habe in München die ersten Jahre auch noch Vollzeit gearbeitet. Das war ganz normal. Stahlbauschlosser. Bei der Firma Franz.

Franz wie Beckenbauer?

Ohlhauser: Genau so. Da ist zum Beispiel gerade das zerbombte Nationaltheater wieder aufgebaut worden, da habe ich mitgeholfen. Gewohnt habe ich zuerst in der Landshuter Allee, in einem Zimmer mit Alfred Brecht. Der kam wie ich aus Sandhausen zu den Bayern. Später habe ich dann in Schwabing gelebt. Training war nur zweimal die Woche, abends um fünf an der Säbener Straße.

Anders als der Lokalrivale 1860 war der FC Bayern 1963 nicht Gründungsmitglied der Bundesliga, hat Sie das nicht sehr gewurmt?

Ohlhauser: Doch. Es gab auch Häme manchmal in der Firma. Da waren einige Sechzger-Anhänger dabei. Sportlich wären wir aufgenommen wurden, aber der DFB hat gesagt: Nix da, pro Stadt nur eine Mannschaft. Im Nachhinein war das alles ein Glücksfall. Anfang der Sechziger Jahre hatte Bayern noch so alte Recken. Willi Giesemann, Harry Sieber, Heinz Ostner, Herbert Erhardt. Durch die zwei Jahre im Unterhaus konnten wir dann in Ruhe eine junge Mannschaft aufbauen. Mit Maier, Beckenbauer, Müller, die Stützen der späteren Erfolgsmannschaft. Hätten wir von Anfang an Bundesliga gespielt, wer weiß, wie das gelaufen wäre.

Wie haben Sie denn den Aufstieg gefeiert?

Ohlhauser: Sekt gab’s, das weiß ich noch. Champagner nicht, das gab’s erst später.

Sie gingen auch noch als erster Bundesliga-Torschütze in die Geschichte des FC Bayern ein, am 2. Spieltag beim 2:0 gegen Frankfurt.

Ohlhauser: Ach ja, aber das hat mir nix bedeutet. Ich war immer nur froh, wenn der Ball drin war. Oder wenn ich ein Tor vorbereiten konnte. War alles eine wilde Zeit. Wir wussten erst gar nicht, was uns in der Bundesliga erwartet. Wir waren alle junge Kerle, für uns war das ein großes Abenteuer. Das viele Reisen, mit dem Flugzeug zu den Auswärtsspielen fliegen und auch quer durch Europa, aufregend war das. Und eine tolle Truppe.

Wie gefällt Ihnen denn der FC Bayern 50 Jahre nach Ihrem Aufstieg?

Ohlhauser: Ganz toll. Was dieser Verein aus seinen Möglichkeiten gemacht hat, ist famos. Seriös gewirtschaftet, solide, einzigartig. Andere Klubs hatten anfangs viel bessere Voraussetzungen als die Bayern und haben nichts draus gemacht. Und wenn ich denen jetzt zuschaue, das ist doch ein Genuss. Unglaublich, wie sich das ganze Spiel entwickelt hat. Ist halt mehr Rummel als früher, da gibt’s jetzt schon drei Wochen vor jedem Spiel viel Tamtam.