Köln. . Bayern München geht mal wieder vorne weg: Die Bundesliga setzt immer mehr Geld ein, um immer jüngere Talente zu jagen. Aber in Europa ist die Konkurrenz gewaltig.

Martin Ödegaard ist aller Objekt der Begierde auf dem internationalen Transfermarkt. Das norwegische Talent, 16 Jahre jung, hat die freie Auswahl zwischen den besten Klubs der Welt. Real Madrid, Bayern München, Manchester United – alle wollen den Blondschopf aus Drammen, der im August 2014 mit 15 Jahren und 253 Tagen sein Debüt im norwegischen Nationalteam gab und quer durch Europa als der nächste Lionel Messi gehandelt wird. Bei den Bayern sind sie begeistert von Ödegaard, der im Dezember an der Säbener Straße vorbeigeschaut hatte.

Kritik an „Abgreif-Mentalität“

Ob die Münchner das Rennen um den Hochbegabten machen, soll sich in den nächsten Tagen entscheiden. Ödegaard hatte in den vergangenen Monaten mit seinem Vater Hans-Erik die Trainingszentren zahlreicher Großklubs inspiziert. Jüngst war er in Valdebebas vor den Toren Madrids von Weltstar Zinedine Zidane, der jetzt die zweite Mannschaft von Real trainiert, durch die Trainingsanlagen des Champions-League-Siegers geführt worden. Ödegaard durfte den Stars um Weltfußballer Cristiano Ronaldo die Hände schütteln und auch ein wenig mitkicken. Dabei gab der Youngster eine Kostprobe seiner außergewöhnlichen Ballbehandlung und Spielintelligenz ab.

Vier Millionen Euro will Real für den Mittelfeldspieler von Strömsgodset IF locker machen, was längst keine utopische Summe für einen Nachwuchskicker mehr ist. Erst Anfang des Jahres verpflichtete der FC Bayern für sieben Millionen Euro Joshua Kimmich vom VfB Stuttgart, den Wunschspieler von Pep Guardiola und Matthias Sammer. Das an den Zweitligisten RB Leipzig ausgeliehene Juwel ist letztes Jahr mit der deutschen U 19 Europameister geworden, in der Bundesliga hat er noch keine einzige Minute absolviert.

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„Wir versuchen möglichst früh die besten Talente zu holen. Später werden sie nicht billiger“, sagt Bayerns Jugendkoordinator Michael Tarnat. Ähnlich verhielt es sich bei Sinan Kurt, dessen Transfer im Sommer von Borussia Mönchengladbach nach München für eine Millionensumme mächtig Ärger zwischen den Klubs verursachte.

Gladbachs Sportdirektor Max Eberl kritisiert die Praktiken des Meisters und bezweifelt, dass es dem deutschen Fußball gut tut, wenn der Branchenprimus die Talente ernte, bevor sie reif sind. Auch Eintracht Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen, seit jeher ein Bayern-Kritiker, beklagt eine Münchner „Abgreif-Mentalität“. Bruchhagen ist es nicht entgangen, dass die Bayern schon im Nachwuchsbereich auf Offensive geschaltet haben. Das hatte sich schon im Sommer mit der Verpflichtung des langjährigen Leverkusener Chefscouts Michael Reschke angedeutet.

Immer früher werden die Talente aus ihrem Umfeld herausgerissen, die Bundesligisten entsenden ihre Scouts bereits zu F-Jugend-Spielen auf die Dörfer. Pier Larrauri kam im August 2007 als 13-Jähriger aus Peru zu den Bayern und kehrte ein halbes Jahr später mit Heimweh zurück. Real Madrid verpflichtete 2011 sogar den siebenjährigen Leonel Angel Coira aus Argentinien. Eine Karriere wie sein Landsmann Messi soll er einschlagen. Der viermalige Weltfußballer war einst mit 13 Jahren nach Barcelona gekommen. Mit Wachstumshormonen hatten die Katalanen den kleinen Genius aufgepeppt und in der Jugendakademie La Masia zum besten Spieler der Welt geformt.

Es drohen Fifa-Strafen

Das System Barca ist inzwischen durch den Fußball-Weltverband (Fifa) unter Beschuss geraten. Weil der FC Barcelona zwischen 2009 und 2013 in zehn Fällen Spieler unter 16 Jahren verpflichtet und damit gegen den neu geschaffenen Artikel 19 des Fifa-Reglements verstoßen hat, wurde er zu einem Transferverbot von einem Jahr verurteilt, das auch für den Profi-Bereich gilt. Mit dieser Strafe hat die Fifa ein Exempel statuiert, das auch andere Vereine hätte treffen können. Die Bayern oder Real Madrid wird es aber insgeheim freuen, ein Wechsel Ödegaards nach Barcelona ist jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen.