Düsseldorf. Mit Peter Frymuth verabschiedet sich am 31. Januar ein großer Mann von Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf. Nach neuneinviertel Jahren sind seine Tage gezählt. „Dass ich so lange bleibe, war aber auch nicht geplant“, betont der scheidende „Mister Fortuna“.
Die Tage sind gezählt. Vielleicht sogar die Stunden. Wenn man’s ganz genau lesen will, dann endet am 31. Januar um 24 Uhr bei der Fortuna eine Ära. Nach neuneinviertel Jahren gibt Peter Frymuth seinen Posten als Vorstandschef ab. Im November 2004 hatte ihn Werner Sesterhenn für die Vorstandsarbeit überredet. Ein großer Motivator war der Schatzmeister damals nicht. Sesterhenn teilte in der Regel mit stets traurig-verzweifeltem Blick durch die Brillengläser seine miesen bis existenzbedrohlichen Finanzzahlen mit. Das tiefe Tal ist für Fortuna durchschritten. Zumindest monetär. Sesterhenn gab zwischenzeitlich auf. Frymuth nicht. „Dass ich so lange bleibe, war aber auch nicht geplant“, betont der scheidende „Mister Fortuna“.
Der Satz ist keineswegs selbstverständlich. Wohl kaum einem zweiten Fortuna-Oberhaupt gelang es, den Verein in der Öffentlichkeit so sympathisch rüberzubringen wie dem Leiter der Bezirksverwaltungsstelle 8. Die Stadtteile Eller, Lierenfeld, Vennhausen und Unterbach sind Frymuths Beruf. Den wird er auch mit dem Wechsel vom Fortuna-Boss zum DFB-Vizepräsidenten in der Frankfurter Teilzeitlokalisation behalten.
Frymuths Herz schlägt vor allem für den Amateurfußball
Der Lohausener SV vom Neusser Weg gilt als die alte Jugendliebe, der man einfach treu bleiben muss. Die Klubfarben Grün und Weiß sind eine gute Balance zum Profisport. Und verleihen eine Erdhaftung, die Frymuth selbst vor Fernsehkameras nicht auflöst. Nein, im Gegensatz zu vielen Mitstreitern hat der 56-Jährige nie den Schauspieler gemimt.
„Der Amateurfußball hat familiären Charakter, eine soziale Komponente“, hebt Frymuth hervor. Ein anderer Sport kam für ihn deshalb nie in Frage. Ein Ball, eine Wiese, zwei Jacken, die die Torpfosten sind, zwei Spieler plus X – „mehr braucht es nicht. Ist doch herrlich!“ Kein Widerspruch!
Der mannigfaltige Fußballfunktionär, so es diese Bezeichnung denn gibt, ist Frymuths Berufung. Nicht Beruf. Auch wenn es auf der Hand läge. „Ich hätte aber vermutlich einige Male anders entschieden, wäre ich hauptamtlich tätig gewesen und hätte deshalb an Vertragsverlängerungen meines eigenen Jobs denken müssen“, sagt Frymuth. Das mit einer Aufwandsentschädigung gestützte Ehrenamt bedeutete eine gewisse Freiheit im Urteilsvermögen.
Als größter Erfolg zählt die Fortuna-Begeisterung in Düsseldorf
Der Motivationsgrund, sich seit 2004 intensiver mit der Fortuna auseinanderzusetzen, ist simpel: „Schlüsselpunkt sind jene Menschen, die die Fortuna im Herzen hatten, als wir in der Oberliga waren.“
Der Weg aus der Viertklassigkeit heraus gilt auch diesertage noch als kleine und doch real gewordene Fantasterei. Vom alten Flinger Broich mit windigem VIP-Zelt und manchmal nur 3000 Fußballfreunden bis hin zur heutigen Arena mit Tulip-Inn-Hotel und Blick ins 54.000-Zuschauer-Rechteck war’s ein harter Weg. Frymuth ging ihn gemeinsam mit Finanzvorstand Paul Jäger. Blickt dabei aber nicht so sehr auf materielle Erfolge. Eher auf die Wegstrecke. Die vom ehemaligen Oberbürgermeister Joachim Erwin großzügig geebnet wurde, als die Fortuna im Profibereich nicht mehr lebensfähig schien. Von der Mannschaft unter Cheftrainer Norbert Meier wurde ab 2008 die sportliche Leiter benutzt. Mit zwei Aufstiegen.
Die Bundesliga als zweitpotenteste Fußball-Klasse des Planeten hinter Britanniens 20-er-Elite hat Fortuna nicht nur schuldenfrei gemacht. „Der Verein ist so wieder ein fester Bestandteil der Düsseldorfer Gesellschaft geworden. Es wird sportlich diskutiert, nicht mehr über Charaktereigenschaften“, hebt Frymuth hervor. Was der größte Erfolg seiner Amtszeit sein dürfte.
Abstieg gegen Hannover - ein sportlicher Tiefpunkt für Frymuth
Daran änderten auch die Mai-Monate in den Jahren 2012 und 2013 nichts. Erst kam Hertha BSC. Der weltweit im Fernsehen live ausgestrahlte Platzsturm nebst Elfmeterpunktklau. Das Bild der Chaos-Fortuna, deren Organisation nicht mehr Herr der Freudetrunkenen gewesen war, wich – zum Glück – nach zwei, drei Tagen einer bewussteren Betrachtung durch die meisten Medien. Ob nur Glückshormone durchdrehten, weil niemand sieben Nachspielminuten ohne Blickkontakt zur Uhr wirklich im Gefühl haben kann? Oder wäre tatsächlich (Lebens-)Gefahr im Verzuge gewesen bei einem späten Hertha-Siegtreffer?
Die Frage lässt sich ebenso wenig klären wie der Nutzen eines früheren Trainerwechsels in der darauffolgenden Bundesliga-Saison, deren Finale in den letzten sieben, acht Spielminuten und danach zu Frymuths bitterster sportlicher Stunde zählt. Kreidebleich musste der allseits geschätzte Leidenschaftsfunktionär nach dem 0:3 bei Hannover 96 vor die TV-Kameras. „Wir hatten die Klasse schon vorher verspielt. Trotzdem war das Momentum aus unserer Sicht bitter. Unser Weg nach oben war nicht normal. Und diese harte Situation des Misserfolgs waren wir lange nicht gewöhnt. Aber von solchen Wendungen lebt der Fußball“, sagt Frymuth. Und schiebt hinterher: „Hertha ging mehr an die Substanz als Hannover.“
Zögerliche Rücktrittsgedanken
Nicht zuletzt auch wegen des langwierigen Gerichtsverfahrens der Berliner schleppte sich der Fortune mit Rücktrittsgedanken herum. Wann ist der „richtige Zeitpunkt“? Frymuth wartete beide Sommer ab. Und wählte den Herbst 2013. Der Quantensprung Bundesliga sorgte für Schuldenfreiheit und eine Einigung mit TV-Rechteverwerter Michael Kölmel. Wirtschaftlich steht Fortuna so gut wie lange nicht da.
Und auch die Personalfragen waren irgendwann trotz mancher Irritation geklärt. (Ex-)Aufsichtsratschef Dirk Kall wird Frymuth beerben, dann aber hauptamtlich in der Arena arbeiten. Die Wege dürften sich also weiter kreuzen. Frymuth kümmert sich beim DFB als Vizepräsident um die 3. Liga, den Pokal und die Fußballentwicklung für die 21 Landesverbände. Das Ehrenamt fällt in den Aufgabenbereich. Die Vereinsbetreuung für 25.000 Klubs. Damit auch eine soziale Verantwortung. Der Hallenfußball, der von der Spielvariante Futsal abgelöst werden soll. Kurzum: Frymuth hat wieder das große Ganze im Visier. Diesmal nicht nur auf Düsseldorfer Ebene. Oder am Niederrhein, deren Verbandspräsident er bleibt. Sondern im Bundesgebiet. Nah dran auch an DFB-Oberhaupt Wolfgang Niersbach, der ja bekanntlich ebenfalls die Düsseldorfer Farben in der Frankfurter Fußballzentrale der Republik hoch hält.