Gelsenkirchen. Der Ex-Schalker Volker Abramczik hat sich früh um seine Karriere nach der Fußballer-Laufbahn gekümmert: Die Erfolgsgeschichte von „Abisports“.
Einen Rat wolle er jedem Jung-Profi mit auf den Weg geben, sagt Volker Abramczik (58): „Man sollte sich schon als Aktiver seine Gedanken machen über die Zeit danach. Später ist es nämlich meistens schon zu spät.“ Er selbst habe bereits mit Anfang 20 „hin und her überlegt“, was er anschließend tun wolle, erklärt der kleine Bruder von S04-Legende Rüdiger Abramczik (66). Irgendwann kam ihm die geniale Idee: „Abi II“ begann, Fußbälle zu verkaufen – im ganz großen Stil.
Dass Volker Abramczik wesentlich früher als andere über die Karriere nach der Karriere nachdachte, hatte einen dramatischen Grund: Während der Sommerpause 1982 fuhr der damals 18-jährige Schalker Bundesliga-Profi in seinem BMW auf der mehrspurigen Kurt-Schumacher-Straße durch das verregnete Gelsenkirchen-Buer: „Ich befand mich auf der linken Spur, rechts neben mir fuhr ein Lkw. Plötzlich bemerkte ich, dass auf der linken Spur eine Baustelle war. Ich bremste abrupt, mein Wagen geriet ins Schleudern und ich wurde aus dem offenen Seitenfenster geschleudert.“
Volker Abramczik: Comeback nur neun Monate nach einem schweren Unfall
Ein Radiosender meldete, der designierte A-Nationalspieler sei bei dem Unglück ums Leben gekommen. Das war eine Falschmeldung. Abramczik hatte „nur“ einen doppelten Schädelbruch erlitten, dazu schwere innere Verletzungen, Rippenbrüche sowie zwei gebrochene Wirbel. Dass er bereits neun Monate später sein Comeback im königsblauen Trikot gab (bei jenem 5:0-Bundesliga-Heimsieg gegen Bielefeld zählte Abramczik sogar zu den Torschützen) gilt als medizinisches Wunder.
„Dennoch schleppte ich mich mit Beschwerden durch die Karriere“, erzählt der frühere Stürmer, der nach einem Abschied aus Schalke (1984) zum MSV Duisburg wechselte: „Ich wusste nie, wie lange ich noch spielen würde. Also schmiedete ich Zukunftspläne.“ Abramczik wollte dem Fußball verbunden bleiben und wurde nach dem Karriereende (1990 bei RW Essen) Sportfachhändler in Gelsenkirchen, rüstete Vereine mit Trikots und Bällen aus. „Schon bald fiel mir auf, dass es nur wenige hochwertige Trainingsbälle gab. Die vorhandenen waren allesamt von zwei Marken und sehr teuer.“ Was fehlte, war gute Qualität im mittleren Preissegment.„Ein Freund von mir hatte Kontakte zu Ballproduzenten in Pakistan“, verrät Abramczik. „Dort gibt es unzählige Hersteller, aber nur zehn, die Topqualität lieferten.“
Strapazierfähige Spielgeräte mit dem Label „Abisports“
Einen davon beauftragte „Abi II“ mit der Herstellung von strapazierfähigen Spielgeräten, die das Label „Abisports“ trugen. „Ich bin dann zu den Vereinsverantwortlichen, habe meine Bälle vor deren Augen aufgeschlitzt und ihnen gezeigt, wie gut die Blase, das Ventil, die Nähte und das vierlagige Obermaterial verarbeitet waren. Damals gab es noch viele Aschenplätze, da musste ein Ball einiges aushalten.“
Der ganz große Durchbruch gelang Volker Abramczik, als er eine weitere zündende Idee hatte: Per Fax bot er Tausenden Autohändlern und Versicherungsagenturen an, seine Bälle als Kundengeschenke ins Programm zu nehmen – natürlich mit eigenem Unternehmensschriftzug und Logo drauf. „Den Autohändlern hab ich gesagt: Warum legt ihr immer eine Flasche Wein in die Neuwagen, die ihr an eure Kunden übergebt? Legt lieber einen Ball in den Kofferraum – da wird jeder Mann noch mal zum Kind.“
Volker Abramczik konnte sich vor Aufträgen kaum retten – und die Kunden wurden immer größer. Der frühere Mobilfunkanbieter E-Plus bestellte 75.000 Bälle mit aufgedruckten Autogrammen seines Werbe-Botschafters Franz Beckenbauer. „Kurz darauf erhielt ich einen Auftrag über 57.000 Stück von einem Gelsenkirchener Möbelunternehmen“, erinnert sich Abramczik. „Das Problem war: Die wollten, dass ich die Bälle aufgepumpt anliefere.“
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Tagelang hockte „Abi II“ in einer angemieteten Lagerhalle und füllte täglich rund 4.000 „Pillen“ mit Luft. „Ich hatte drei elektrische Ballpumpen in Betrieb. Wenn die eine zu heiß gelaufen war, schmiss ich die nächste an. Ich erledigte das Aufpumpen selbst, weil das eine sehr sensible Angelegenheit ist.“ Fabrikneue Bälle müssen zunächst aus der Folie ausgepackt werden, anschließend einen Tag lang „atmen“, ehe man sie behutsam mit Luft füllt.
Gut eine Million Fuß- und später auch Handbälle habe er verkauft, sagt Abramczik, der heute in Berlin lebt. „Mir geht es gut, zumal ich auch eine Fußballer-Rente bekomme. Heute trete ich geschäftlich etwas kürzer. Der Markt für Bälle ist mittlerweile hart umkämpft und war zwischenzeitlich durch Corona total eingebrochen.“ Heute verkaufe er noch etwa 10.000 bis 20.000 Stück pro Jahr. „Aber ich pumpe sie nicht mehr selbst auf“, grinst Abramczik. „Ich lasse sie direkt von Pakistan aus an die Kundenadressen liefern.“