Gelsenkirchen.. Kevin-Prince Boateng darf beim Spiel in Köln auf einen Platz in der Start-Elf hoffen. Aber es geht nur noch um einen versöhnlichen Schalke-Abschied.

Die Abschiedslieder auf ihn sind schon fast angestimmt, und, wenn man ehrlich ist: Viel Wehmut klingt dabei nicht durch. Drei Spiele sind’s noch, dann dürften sich die Wege von Kevin-Prince Boateng und Schalke 04 wieder trennen. Dann wird voraussichtlich ein Schlussstrich gezogen werden unter eine Beziehung, die im August 2013 so richtig fulminant begann – und bei der am Ende immer mehr die Luft raus war. Fast wie im richtigen Leben.

Immerhin: Seit dem vergangenen Samstag, als Boateng nach seiner Einwechslung entscheidenden Anteil am Schalker 3:2-Sieg gegen den VfB Stuttgart hatte, scheint wenigstens noch ein versöhnlicher Abschied möglich. Und weil Klaas-Jan Huntelaar beim nächsten Spiel am Sonntag beim 1. FC Köln aufgrund seiner 5. Gelben Karte gesperrt ist, könnte Boateng nun sogar wieder in die Start-Elf rutschen. Eric Maxim Choupo-Moting auf Huntelaars Platz in der Sturmspitze und Boateng in seiner Lieblingsrolle im offensiven Mittelfeld – dieser Wechsel drängt sich auf. Gegen Stuttgart bereitete Boateng die beiden Tore zur Wende vor, wirkte engagiert und motiviert. „Wenn er will, ist er grandios“, hatte Schalkes Vereinsschef Clemens Tönnies danach gesagt – und damit die Frage aufgeworfen, warum der „Prince“ eigentlich nicht öfter will.

Boateng nach Stammplatz-Verlust zunehmend isoliert

Weil man keinem Spieler unterstellen sollte, absichtlich seine Leistung zu verweigern, kann man die Frage aber auch anders stellen: Was ist in dieser Saison schief gelaufen bei Boateng? Anfangs war’s wohl eine Sprunggelenkverletzung, die ihn erst aus dem Tritt und dann schon nach dem ersten Pflichtspiel mit dem Pokal-Aus in Dresden in die Kritik brachte. Schalke, vor allem der damalige Trainer Jens Keller, schützte ihn, doch weil Boatengs Leistungen nicht besser wurden, geriet er als vermeintlicher Anführer schnell zum Synonym für die unbefriedigenden Schalker Vorstellungen.

Auch nach dem Trainerwechsel behielt der Deutsch-Ghanaer zunächst seinen Status als Führungsspieler. Gleichzeitig mehrten sich aber die Hinweise, dass an ihm intern vermehrt Anstoß genommen wurde – auch an seinem Sozialverhalten. Und als Roberto Di Matteo nach der Derby-Schmach in Dortmund (0:3) die Mannschaft umbaute, verlor Boateng seinen Stammplatz – seither wurde er nur noch viermal eingewechselt. Stück für Stück rückte der 28-Jährige in die Isolation, was nicht zu seinem Selbstverständnis passt.

Zwischen Schalke und Boateng läuft es auf Trennung hinaus

Vor der Saison, als Boateng noch Interviews gab, hatte er der WAZ gesagt, was bei der Weltmeisterschaft in Brasilien für ihn schief gelaufen war – er war bei Ghanas Nationalmannschaft suspendiert worden: „Ich bin keiner, der zwischen den Zeilen redet“, sagte Boateng damals: „Entweder man steht 100 Prozent zu mir – oder eben nicht. Bei Ghana war das nicht der Fall.“

Auf Schalke hat es sich offenbar ähnlich entwickelt.

Diese Situation ist für beide Seiten unbefriedigend: Schalkes Manager Horst Heldt bestätigt, dass Boatengs Berater um ein Gespräch gebeten hat, das nach der Saison stattfinden wird und bei dem die Zukunft geklärt werden soll. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr bis 2016 und verlängert sich bis 2017, wenn er auf 70 Pflichtspiele für Schalke kommt – derzeit steht er bei 58. Eine Ausdehnung bis 2017 ist nicht im Schalker Interesse, und es ist nicht im Interesse von Boateng, das kommende Jahr auf der Tribüne zu verbringen – also läuft es auf eine Trennung hinaus. Und dabei geht es vor allem um die (finanziellen) Modalitäten.

Schalke-Boss Tönnies: "Mehr gebracht als gekostet"

Boatengs Jahresgehalt wird auf 7,5 Millionen Euro geschätzt, die Ablösesumme an den AC Mailand betrug zehn Millionen Euro.

Dass sich Schalke von dieser Investition mehr versprochen hat, liegt auf der Hand. „Grundsätzlich ist man immer schlauer, wenn man aus dem Rathaus herauskommt“, sagt Clemens Tönnies der WAZ. Der Vereinschef sieht das Paket dabei aber differenziert und erklärt: „Wenn wir uns die Verpflichtung von Boateng im Nachhinein anschauen, stellen wir fest: Im ersten Jahr hat er uns in die Champions League gebracht. Insgesamt hat er uns also mehr gebracht, als er gekostet hat. Noch ist aber der Strich nicht unter der Rechnung.“