Gelsenkirchen. Schalke ist in derzeitiger Verfassung nicht konkurrenzfähig. Der Fitnesszustand ist schlecht. Beim 0:0 gegen Mainz wurde das offensichtlich.

Am Samstag wurde auf dem Schalker Trainingsplatz wirklich ordentlich gearbeitet. Besonders die Spieler, die zuletzt nicht so viel zum Einsatz gekommen waren, mussten im Training richtig malochen - die anderen hatten sich ja schon am Vorabend beim Spiel gegen Mainz 05 (0:0) verausgabt. Viele waren an die Grenze der Belastung gekommen, die Laufleistung gehörte mit einer Gesamtdistanz von 117,71 Kilometern zum Besseren, was Schalke in dieser Saison gezeigt hat. Dass die Marke von 120 Kilometern nicht erreicht wurde, war wohl nur einem Umstand geschuldet: Die Spieler konnten nicht mehr.

Viele lagen in der Schlussphase mit Krämpfen am Boden, aber bevor ein falscher Eindruck aufkommt: Ein großes Kompliment für einen Leistungssportler ist das nicht. Es ist eher ein deutliches Zeichen, dass die Schalker Profis nicht einmal fit genug sind für den Überlebenskampf in der Fußball-Bundesliga. Von der fehlenden Klasse ganz zu schweigen. Die Schalker wirkten wie tapfere, aber hilflose Krieger. Selbst gegen den Mitkonkurrenten Mainz 05, den sie eigentlich schlagen wollten, um die Hoffnung wenigstens noch ein bisschen am Leben zu halten. Der angestrebte Sieg sei “leider nicht möglich” gewesen, sagte Dimitrios Grammozis nach seinem ersten Spiel als Schalke-Coach.

Schalke-Trainer Grammozis setzte gegen Mainz auf junge Talente

Der neue Trainer wurde damit gleich bei seinem Einstand mit der vollen Wucht der Schalker Probleme konfrontiert: Auf zehn verletzte Spieler musste er ohnehin verzichten, beim Warmmachen kam mit Amine Harit noch ein elfter dazu. Vier andere erfahrene Spieler (Mascarell, Stambouli, Oczipka, Schöpf) waren offenbar nicht in der Verfassung, dass mit ihrem Einsatz in der Startelf ein besseres Ergebnis zu erwarten gewesen wäre: Sie saßen zunächst auf der Bank. Grammozis entschied sich stattdessen für junge Talente, festmachen kann man das am Debüt von Kerim Calhanoglu, der normalerweise der Kapitän der Schalker U19 ist. “Wir hätten natürlich auch Bastian Oczipka aufstellen können”, sagte Grammozis und begründete seine Wahl für Calhanoglu auf Nachfrage der WAZ: “Es war eine Bauchentscheidung, weil der Junge wirklich sehr frech im Training aufgetrumpft ist, deswegen hat er sich seine Chance verdient. Ich fand, dass sein Debüt gar nicht mal so schlecht war.”

Calhanoglu, der bereits einen Profivertrag auf Schalke hat, war mit 18 Jahren der Jüngste auf dem Platz: Dazu standen mit Malick Thiaw, Matthew Hoppe und Can Bozdogan noch drei weitere Talente in der Startelf, die im Vorjahr noch zur U19 von Norbert Elgert zählten. Und Timo Becker, vor einem Jahr aus der U23 zu den Profis geholt, geht mit seinen 23 Jahren und 21 Bundesligaspielen auch nicht gerade als Routinier durch. Diese fünf Jungs stehen zwar wahrscheinlich für die Schalker Zukunft, aber man muss festhalten: Wettbewerbsfähig ist Schalke damit in der Bundesliga derzeit nicht. Was man ihnen bescheinigen darf: Sie haben gegen Mainz alles gegeben. “Ich denke, dass die Defensivleistung und die Einstellung gestimmt haben”, urteilte Grammozis.

Schalke-Trainer Grammozis kann "keine Wunderdinge" vollbringen

Die Kombination von den Spielern, die auf dem Platz standen, und dem eingangs erwähnten Fitnesszustand der gesamten Mannschaft lässt aber den Schluss zu, dass Schalke derzeit tatsächlich nicht mehr im Tank hat als dieses glückliche 0:0 auf eigenem Platz gegen einen Abstiegskandidaten wie Mainz 05. Zwei Chancen durch einen Kopfball von Shkodran Mustafi und einen Schuss von Suat Serdar hatte Schalke. “Wenn der Kopfball reingeht und wir das 1:0 machen, dann kriegen wir vielleicht mehr Mut und die Jungs mehr Selbstvertrauen, um den nächsten Step zu machen”, sagte Grammozis, konstatierte aber ebenfalls: “Wunderdinge können wir in zwei Tagen nicht vollbringen.” Die würde es aber brauchen, um in der Bundesliga zu bleiben.

Von Krämpfen geplagt: Schalkes Benito Raman.
Von Krämpfen geplagt: Schalkes Benito Raman. © firo | Unbekannt

Arbeiten können sie an der körperlichen Fitness - das hatte aber auch Christian Gross schon bei seinem Amtsantritt Ende Dezember in Aussicht gestellt und offensichtlich nicht beheben können. Nachfolger Grammozis benannte als mögliche Ursachen auch nur Dinge wie fehlende Wettkampfpraxis bei einigen Spielern - zum Beispiel bei den Winter-Neuzugängen Kolasinac und Mustafi, sowie das “sehr intensive” Spiel gegen Mainz: “Man hat gemerkt, dass bei dem einen oder anderen irgendwann der Akku leer war.” Peter Knäbel, bis auf Weiteres der Sportliche Leiter, erkundigte sich nach dem Spiel nach der Laufleistung und stellte angesichts der 117,7 Kilometer fest: Bundesliga-Durchschnitt. “Aber man hat die Begleitumstände gesehen, da lagen Spieler am Boden und hatten Krämpfe”, so sein Fazit.

Schalkes Sportchef Knäbel fordert: Dürfen Spiele nicht abschenken

Knäbel nannte es einen “Auftrag der Athletiktrainer, daran zu arbeiten” - auch mit den Profis, die lange verletzt waren und irgendwann zurückkommen. Denn noch hat Schalke zehn Spiele vor der Brust, die nicht abgeschenkt werden dürfen. “Es ist extrem wichtig, dass wir unseren Job so machen, dass wir auch Erkenntnisse ziehen”, fordert Knäbel und stellt fest: “Das ist nicht wertlose Zeit jetzt.”

Denn es gibt auch eine neue Saison auf Schalke.