Gelsenkirchen. Wir haben mit Schalkes Ex-Torwart Frank Rost über die neue Distanz zwischen Spielern und Fans gesprochen. Und über seine Prognose für den HSV.

Frank Rost spielte von 2002 bis 2007 für Schalke, anschließend hütete er vier Jahre lang das Tor beim Hamburger SV. Nicht nur deshalb blickt der 41-Jährige am Samstagnachmittag ganz gespannt in die Imtech Arena, wenn sich seine beiden Ex-Vereine am letzten Spieltag der Fußball-Bundesliga gegenüberstehen. Rost wird im Stadion dabei sein. Ein Pflichttermin. Denn das Geschehen bei den Vereinen, bei denen er gespielt hat, verfolgt er natürlich noch mit dem größten Interesse.

Frank Rost war und ist ein Mann der klaren Worte, das war auf dem Platz schon so, und so ist es auch nach seiner aktiven Laufbahn neben dem Platz. Der ehemalige Nationaltorwart macht keinen Hehl daraus, dass er die Entwicklung des Profifußballs sowieso als „gefährlich“ ansieht. „Der ganze Zirkus entfernt sich immer mehr von der Basis“, sagt er. „Wenn ich zum Fußball gehe, dann will ich Tore sehen und den Sport nicht als Investment.“ Die Sorgen der Fans, auch der Schalke-Fans, vor der totalen Kommerzialisierung kann er deshalb nachvollziehen. „Die Fans haben berechtigte Ängste, dass ihr Klub irgendwann verkauft wird.“ Rost: „Wer mit seinem Verein schon Jahrzehnte geht, egal in welcher Liga, dem kannst du eben nicht erklären, dass Kaufleute das Sagen haben sollen.“

Schalke fehlen Typen wie Assauer

Rost vermisst auch „die Typen“ in den Führungsetagen der Vereine. „Die Assauers und die Hoeneß‘, die du immer einem Verein zuordnen kannst, sterben aus. Jeder ist heute austauschbar“, sagt er. Und „klare Kante“ würde heute sowieso kaum noch jemand zeigen. „Es werden immer mehr Leute in die Vereine geholt, ihnen werden Posten gegeben, auch Manager aus der Wirtschaft. Dann werden E-Mails geschrieben und 300 andere Empfänger in Kopie gesetzt. Es hat doch kaum noch einer den Mut, mal eine unangenehme Entscheidung zu treffen und vor allem zu dieser auch zu stehen“, sagt Rost, der 2013 für kurze Zeit Geschäftsführer des Handballvereins HSV Hamburg war.

Für den Fan-Aufstand am Samstag auf Schalke hat er Verständnis. „Schalke ist noch mal was anderes als Bremen, Hamburg oder München. Wenn ich mich mit dem Verein identifiziere, dann weiß ich auch, dass das Besondere an Schalke die Fans sind. Darauf muss ich mich als Spieler einlassen, sonst bin ich Fehl am Platz“, sagt er. „Auf Schalke muss ich den Arsch in der Hose haben und mich nach miserablen Leistungen stellen. Da ist man vielleicht genervt, aber das ist eben so.“ Rost kann sich noch gut an den Tag seiner Vertragsunterzeichnung auf der Schalker Geschäftsstelle erinnern, als ihm Manager Rudi Assauer gesagt habe: „Wenn du jetzt hier unterschreibst, musst du wissen, dass die Fans dir ihre Meinung sagen werden. Du kannst ihnen aber auch deine Meinung geigen. Du musst ihnen nur in die Augen gucken können, dann werden sie dich respektieren.“ Rost stellt klar: „Auf Schalke hat sich in den letzten Jahren sicher vieles verändert, das ist mir auch klar, man muss sich ja nur auf dem Gelände umschauen. Aber das Grundverständnis des Fanseins hat sich nicht verändert.“

Chelsea ist kein Vorbild für Schalke

Auch zur Schalker Mannschaft hat er eine klare Meinung: „Da sind viele dabei, bei denen zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine große Lücke klafft. Soviel steht doch mindestens fest: Die Erwartungen wurden in dieser Saison in keinster Weise erfüllt“, sagt er.

Mit Blick auf Cheftrainer Roberto Di Matteo, den er fachlich für einen guten Trainer hält, stellt sich Rost die Frage: „Warum muss ich auf Schalke das machen, was Chelsea, Manchester United oder die Bayern machen?“ Rost sagt: „Auf Schalke muss ich der Historie Tribut zollen. Hier war das Training immer öffentlich. Und wenn ich meine, dass das ausnahmsweise mal nicht so sein soll, dann muss es eben vernünftig kommuniziert werden. Dann haben die Fans schon Verständnis dafür. Falls ich das nicht kommunizieren kann, gibt es eben einen Aufstand.“

Was sich viele Fans schon lange gut vorstellen können, hält Frank Rost, aus der Distanz gesprochen, übrigens für die richtige Entscheidung: um drei bis vier erfahrene Spieler eine junge Mannschaft mit Spielern aus der Knappenschmiede aufzubauen. „Die haben mit Norbert Elgert doch einen der renommiertesten Ausbilder weltweit. Es ist doch Wahnsinn, was da Jahr für Jahr hochkommt“, sagt er und weist gleichzeitig auf ein Problem hin: „Wenn ich aber immer nur von Champions League rede und dazu noch einen Trainer hole, der sie schon gewonnen hat, dann kann ich diesen Umbruch nicht glaubhaft vollziehen.“

Sein Tipp für Samstag: „Sollte die Wutrede von Tönnies was bringen, dann gewinnt Schalke. Aber egal, wie das Spiel ausgeht: Hamburg wird absteigen. Die betteln ja schon seit Jahren darum.“